Fans von Borussia Dortmund protestieren gegen den Einstieg eines Investors bei der DFL

Sitzung von Präsidium und Aufsichtsrat Möglicher Investor bei der DFL - viele Fragen offen

Stand: 24.04.2023 09:34 Uhr

Fans in der Bundesliga protestieren gegen den Einstieg eines Investors in die DFL - der Prozess geht am Dienstag in eine entscheidende Phase. Viele Fragen sind offen.

Interessierte Investoren haben bis Montag (24.04.2023) Zeit, ihre Angebote bei der DFL einzureichen. Sechs Private-Equity-Gesellschaften (Beteiligungsgesellschaften) sind dazu von der DFL ermuntert worden: Advent, Blackstone, Bridgepoint, CVC, EQT und KKR. Am Dienstag tagen das Präsidium und der Aufsichtsrat der DFL und beraten nach Informationen der Sportschau darüber, welche Angebote infrage kommen und wie die möglichen Erlöse verteilt werden können.

Was plant die DFL bei dem Investoren-Einstieg?

Die DFL will eine Tochterfirma gründen und dort unter anderem die TV-Rechte bündeln, die einen Großteil der Einnahmen ausmachen. Der Plan der DFL, dem die 36 Vereine mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in einer späteren Mitgliederversammlung zustimmen müssten, sieht im Kern Folgendes vor:

  • Ein strategischer Partner zahlt der Liga zwei bis drei Milliarden Euro.
  • Dafür erhält er 20, 25 bis 30 Jahre lang 12,5 bis 20 Prozent der Erlöse aus dem Verkauf der Rechte dieser Tochterfirma.
  • Das Ziel: Die Erlöse steigen insgesamt und für alle entsteht neben der hohen Einmalzahlung ein dauerhafter Gewinn.

Welche Kritik gibt es an dem Vorhaben?

Eckard Sauren, Vorstandsmitglied beim 1. FC Köln, kritisierte in der "Süddeutschen Zeitung", dass die DFL Einnahmen aus der Zukunft ausgeben will. "Aus einem Hundert-Euro-Schein wird auf Dauer ein 85-Euro-Schein. Der Einmalzahlung stehen die 15 Euro gegenüber, die für Jahrzehnte verloren gehen", sagte er mit Blick auf die 15 Prozent, die zum Verkauf stehen.

Widerworte gibt es vor allem von Fan-Bündnissen. Auch in Bezug auf die von der DFL aufgestellte Behauptung, dass der Investor keine große Mitbestimmung habe, "hoheitliche Rechte und Aufgaben der DFL gewahrt" bleiben. Ein Investor erwartet Profit und dafür braucht er Einfluss auf Entscheidungen. "Die informelle Macht zur Einflussnahme wäre enorm", kritisierte das BVB-Fanzine "schwatzgelb.de". 

Auch Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, äußerte sich zurückhaltend. Für den FC St. Pauli stehe ein Investoren-Einstieg in die DFL nur dann zur Debatte, "wenn sehr, sehr, sehr klar ist, was mit dem Geld passiert. Und dass es nicht in dem Maße weiter wie bisher ungleich verteilt wird - und damit der Wettbewerb kaputt gemacht wird."

Was passiert bei einer Zustimmung mit dem Geld?

Von drei Säulen ist die Rede:

  1. Hauptsächlich Digitalisierung der DFL: Eine Online-Plattform für die Verbreitung von Inhalten ist dabei beispielsweise ein Thema
  2. Infrastruktur: Die Klubs sollen in ihre Stadien, Nachwuchsleistungszentren und auch Geschäftsstellen investieren 
  3. Sport: Hier sollen die Klubs zur Steigerung der Attraktivität in neue Spieler investieren können

Während der erste Topf allen zugute kommen könnte und auch von Kritikern durchaus als sinnvoll anerkannt wird, bleiben bei Infrastruktur und Sport vor allem für die kleineren Klubs Fragen offen: Gilt der Verteilungsschlüssel wie bei den TV-Rechten, der das meiste Geld erneut zu Bayern München und Borussia Dortmund schiebt? In welcher Saison muss man in der 2. Bundesliga sein, um beteiligt zu werden?

In Frankreich wurde das Geld einem Bericht der Sporttageszeitung "L’Équipe" zufolge in klassischer Hackordnung verteilt: Paris Saint-Germain erhielt demzufolge alleine 200 Millionen Euro, Olympique Marseille und Olympique Lyon jeweils 90 Millionen, vier weitere Klubs folgten mit 80 Millionen. 

Welche Argumente gibt es für den Deal?

Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte, dass man Corona "nicht ausblenden" dürfe. "Allein wir beim BVB haben während der Pandemie 151 Millionen Euro eingebüßt", sagte Watzke. Ohne das Geld eines Investors könne die Bundesliga international ins Hintertreffen geraten.

Die Premier League ist derzeit allen anderen Ligen enteilt, die Bundesliga konkurriert vor allem mit Spanien, Italien und Frankreich. In diesen Ligen sind Beteiligungen von Investoren groß in Mode, genannt wird diese Beteiligungsform "Private Equity". Die spanische Liga verkaufte 8,25 Prozent ihrer TV-Rechte über 50 Jahre für knapp 2 Milliarden Euro an den Investor CVC. CVC kaufte sich zudem mit 1,5 Milliarden Euro in der französischen Ligue 1 ein. Auch die Serie A sucht an der Wall Street nach finanzieller Unterstützung.

Wie ist die Stimmung unter den Klubs der DFL?

Das Thema polarisiert die DFL. Das zeigte sich zuletzt bei der Wahl zu einem der Posten im Aufsichtsrat. Diese Wahl gewann Kölns Geschäftsführer Christian Keller gegen Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry - was als ein Erfolg der Gegner des Investorendeals gewertet wurde.

Gleichzeitig treten aus den Reihen der Befürworter immer häufiger Vertreter an die Öffentlichkeit. Dortmunds Geschäftsführer Watzke, der auch DFL-Aufsichtsratschef ist, sprach sich gemeinsam mit Union Berlins Präsident Dirk Zingler in der Zeitung "Welt am Sonntag" für den Einstieg eines Investors aus. Auch Darmstadts Geschäftsführer Rüdiger Fritsch oder Bochums Geschäftsführer Ilja Kaenzig äußerten Zustimmung.

Wann und wie fällt die Entscheidung?

Offen, aber vermutlich noch vor der Sommerpause würde eine Mitgliederversammlung einberufen werden, auf der über einen Investor abgestimmt werden kann. Nachdem ein Medienbericht bei der DFL für Wirbel sorgte, nach der alle 36 Vereine zustimmen müssen, verschickte die Liga ein Schreiben, in dem sie die rechtliche Einschätzung darlegte, eine Zwei-Drittel-Mehrheit genüge.

Welche Erfahrung hat der deutsche Fußball mit Investoren?

Den Vorschlag für den Investoreneinstieg hat die "AG Zukunftsszenarien" in der DFL erarbeitet. Sie treibt allein das Szenario Investor voran und ist mit vier Personen besetzt, die ausschließlich als Befürworter des Einstiegs gelten: Jan-Christian Dreesen (FC Bayern München), Rüdiger Fritsch (SV Darmstadt 98) sowie den DFL-Geschäftsführern Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (Sport-Club Freiburg). 

Noch unter Geschäftsführer Christian Seifert hatte die DFL bereits einen ähnlichen Vorstoß versucht. Im Mai 2021 beschloss die Mitgliederversammlung aber, "die Gespräche vorerst nicht fortzuführen". Sollte das aktuelle Vorhaben im April erneut scheitern, bliebe ein dritter Versuch vorerst fraglich.