Russlands Flagge wird vor dem Spiel gegen Tadschikistan am 17.11.2022 gezeigt

Austritt aus der UEFA möglich Russland vertagt Entscheidung über Wechsel nach Asien

Stand: 30.12.2022 14:17 Uhr

Der russische Fußballverband RFU hat die Entscheidung darüber vertagt, ob er aus der UEFA austreten und in den asiatischen Kontinentalverband AFC (Asian Football Confederation) wechseln möchte.

Es werde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich mit der Thematik beschäftigt, hieß es am Freitag (30.12.2022) nach einer Sitzung des Exekutivkomitees der RFU. Im März 2023 sei dann mit einer Entscheidung zu rechnen, ob ein Antrag mit der Bitte um Aufnahme an die AFC ergehen soll.

Ausschluss wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine

Der russische Fußballverband ist zwar noch Mitglied im europäischen Verband UEFA wie auch im Weltverband FIFA, die Nationalmannschaften wie auch die Vereinsmannschaften sind aber seit dem 28. Februar von allen Wettbewerben ausgeschlossen. Der Grund ist Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, der am 24. Februar begann.

Das Finale der Champions League, das im Mai in St. Petersburg ausgetragen werden sollte, wurde zudem nach Paris verlegt. Außerdem beendete die UEFA den Sponsorenvertrag mit Gazprom, dem staatlich kontrollierten Energieunternehmen.

Zeit drängt

Da Russland von der UEFA und der FIFA ausgeschlossen wurde, verpasste die A-Nationalmannschaft der Männer die WM in Katar, für die sie sich über Playoffs noch hätte qualifizieren können. Um eine Chance zu haben, sich für die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada zu qualifizieren, scheint ein Wechsel des Kontinentalverbandes der einzig mögliche Weg zu sein.

Zwar gab es in den vergangenen Monaten vereinzelte Stimmen, dass die Sanktionen gegen den russischen Sport gelockert werden sollten, aber von der UEFA, die die Qualifikation ausrichtet, gab es keine Signale. Der russische Verband, so sagte es am Freitag ein Sprecher in Moskau, setze weiter auf den Dialog. Sollten die Gespräche scheitern und der Ausschluss von den Wettbewerben fortbestehen, könne dies den Austritt immer noch zur Folge haben.

Alexander Djukow, der Präsident des russischen Verbandes, der weiterhin im Exekutivkomitee der UEFA sitzt, erklärte nach Medienberichten, die FIFA habe keine Einwände, Russland in der asiatischen Qualifikation mitspielen zu lassen. Eine offizielle Stellungnahme des Weltverbandes dazu gibt es nicht.

Da die Entscheidung, die schon vor Weihnachten hatte fallen sollen, nun erneut vertagt wurde, wird das zeitliche Problem noch größer. Bereits im Herbst 2023 beginnt in Asien die Qualifikation die WM 2026. Ein so schneller Übergang mit den nötigen förmlichen Beschlüssen dürfte sehr schwierig werden.

Noch nie ist ein Verband aus der UEFA ausgetreten

In der Geschichte der UEFA mit aktuell 55 Mitgliedern hat es noch nie einen Austritt gegeben. Eine Anfrage der Sportschau, wie ein solches Prozedere geregelt ist, blieb bislang ohne Antwort. Auch die AFC antwortete noch nicht auf die Fragen nach Zeitplan und Prozedere bei einem möglichen Aufnahmeantrag Russlands.

AFC nahm schon Verbände von anderen Kontinenten auf

Die Asian Football Confederation mit Sitz in Malaysia hat allerdings schon mehrere Verbände von anderen Kontinenten aufgenommen. Der bekannteste Fall ist Australien.

Die Australier hatten aus sportlichen Gründen um einen Wechsel gebeten. Sie traten aus dem Ozeanischen Verband aus und wurden nach der WM 2006 in die AFC aufgenommen.

Ein Wechsel Russlands, das geographisch zu großen Teilen in Asien liegt, wäre politisch bedingt. In Europa habe die Politik den Sport in den Hintergrund gedrängt, sagte Djukow laut russischen Medien zum Plan, möglicherweise aus der UEFA auszutreten. "Wir haben das bei der WM in Katar gesehen", so der Präsident des russischen Verbandes. Heutzutage gefalle den Europäern dieses nicht, dann seien es die Menschenrechte, dann die LGBTQ+-Bewegung, stichelte Djukow unter anderem gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB), der in Katar mit einer "One Love"-Kapitänsbinde für Vielfalt und gegen Diskriminierung werben wollte, diese Pläne jedoch nach einer vermeintlichen Androhung sportlicher Sanktionen durch die FIFA verwarf.

Widerstand aus Australien

Schon allein die Ankündigung, über einen Wechsel des Kontinentalverbandes zu beraten, löste Widerstand aus. Nikita White von Amnesty International Australien sagte der britischen Zeitung "Guardian", dass der australische Verband und die "Socceroos" genannte Nationalmannschaft der Männer im Vorfeld der WM in Katar betont hätten, wie wichtig die Einhaltung der Menschenrechte sei: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Russland in der AFC willkommen geheißen wird von denen, die Menschenrechte achten."

Whistleblowerin Bonita Mersiades, die einst für die australischen Bewerbungen um die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 als Kommunikationschefin arbeitete, sagte dem "Guardian", dass Russland aufgrund des Angriffs auf die Ukraine ausgeschlossen bleiben müsse, unabhängig vom Verband.

Eine Ablehnung eines möglichen Ansinnens der RFU scheint aber bei weitem nicht sicher zu sein. Verbände wie Australien, Japan und Südkorea dürften gegen eine Aufnahme Russlands sein, aber in der AFC sind auch Golfstaaten wie Saudi-Arabien und Katar, China, Nordkorea und der Iran verteten. Auch Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan gehören dem asiatischen Kontinentalverband an. Gegen diese drei Länder bestritt Russland in den vergangenen Monaten nach dem Bann durch UEFA und FIFA seine einzigen Länderspiele.