Zuschauer verlassen während des WM-Eröffnungsspiels fluchtartig das Stadion

FIFA WM 2022 Katar reagiert mit Spott und Stadionflucht auf Pleite

Stand: 21.11.2022 08:11 Uhr

Katarische Fans haben mit spöttischen Memes und Stadionflucht auf die ernüchternde 0:2-Niederlage des WM-Gastgebers gegen Ecuador reagiert. Die vorausgegangene Eröffnungsfeier wurde hingegen als Sieg gefeiert.

Von Marcus Bark, Doha

Die ersten fünf Beiträge gehörten dem Emir von Katar, der die Weltmeisterschaft nach einer effektreichen Feier eröffnete und "politische Führer" begrüßte, die sämtlich aus der arabischen Welt stammten. Auch den Worten des FIFA-Präsidenten Gianni Infantino und seinem Mantra von der "besten WM aller Zeiten" wurde ein Text gewidmet.

Irritation um Zuschauerzahl

Unter einer Vorschau auf das Spiel zwischen Mexiko und Polen kam dann auf dem Portal der englischsprachigen "Gulf Times" erst der Bericht über das Eröffnungsspiel. Ein "respektables Ergebnis" nannte der Autor das 0:2 des Gastgebers gegen Ecuador. "Nervös und zerfahren" sei die Vorstellung vor 67.372 Zuschauern im Al-Bayt-Stadion gewesen, das laut der offiziellen Homepage des Ausrichters nur 60.000 Zuschauer fasst.

Stadionflucht beginnt schon vor der Pause

Ausverkauft mag es gewesen sein, aber schon während der stimmungsvollen Eröffnungsfeier fiel auf, dass viele Plätze frei waren. Der Block, in dem sich später die lautstarken Fans der Katarer inklusive eines Vorsängers versammelten, blieb nahezu leer. Dafür blieb die Gruppe bis zum Schluss des Spiels. Tausende Zuschauer waren da schon lange auf dem Heimweg. Nach dem 2:0 für Ecuador in der 31. Minute verließen so viele Zuschauer ihre Plätze, dass es auffiel. Und nach der Pause stachen Tausende leere Sitze ins Auge. 

Fans spotten über Katars Keeper Al Sheeb

"Ich habe meine Mannschaft unterstützt, so gut es geht. Aber sie hat enttäuscht, deshalb gehe ich früher", sagte ein Katarer. In den sozialen Netzwerken hatten sich da schon Memes verbreitet, die vor allem über einen Spieler den Stab brachen. "Saad Al Sheeb schaffte es, das Stadion in 20 Sekunden zu leeren", wurde über den Torwart gespottet, der bei dem nach Überprüfung durch den VAR aberkannten frühen Treffer sehr schlecht aussah und wenig später dann einen Elfmeter verursachte.

Kaum besser als der Torhüter aber waren die Feldspieler, die überfordert wirkten und ihr Heil darin suchten, den Ball möglichst schnell und möglich weit nach vorne zu schlagen. "Die Nerven haben uns einen Streich gespielt", sagte Trainer Felix Sanchez, der nun die Bürde trägt, die erste Niederlage eines Gastgebers in einem Eröffnungsspiel zu verantworten.

Trotz langer Vorbereitung zum Auftakt nicht wettbewerbsfähig

Sechs Monate lang hatten sich die Nationalspieler aus dem Ligabetrieb in Katar ausklinken dürfen, um sich vor allem in Europa auf die WM vorzubereiten. Sie kamen dabei zu durchaus respektablen Ergebnissen. Er denke, dass seine Mannschaft gegen jeden in der Gruppe, zu der auch noch der Senegal und die Niederlande gehören, "wettbewerbsfähig" sei, hatte Sanchez vor dem Spiel gesagt.

Katars Trainer Felix Sanchez.

Sah eine schwache Leistung seines Teams: Katars Coach Felix Sanchez.

Der Gegenbeweis, der schon nach einer guten halben Stunde geführt war, ernüchterte den Coach und viele Katarer. Manche drückten es mit Spott in den sozialen Netzwerken aus, manche mit der Flucht aus dem Stadion.

"Wir können es noch schaffen"

Nur gut zehn Prozent der Einwohner Katars haben auch einen katarischen Pass, und wie viele davon an Fußball interessiert sind, ist für Europäer nach wenigen Tagen im Emirat nicht seriös zu beurteilen. Im Stadion verhielten sich die Zuschauer, die mit katarischen Schals und Flaggen ausgestattet waren, zurückhaltend - mit Ausnahme des Blocks hinter dem einen Tor, das an organisierte Fanszenen aus Europa erinnerte.

Auf dem Rückweg von Al Khor mit Shuttlebussen und der Metro in die etwa 50 Kilometer südlich gelegene Hauptstadt war es sehr ruhig. "Ich bin enttäuscht", sagte ein Fan mit katarischem Trikot, "aber wir können es noch schaffen." Sein Freund neben ihm lächelte milde. Auch die "Gulf Times" hat wenig Hoffnung. Der Senegal sei im nächsten Spiel auch ohne den verletzten Sadio Mané eine größere Herausforderung als Ecuador.

Stolz auf WM-Ausrichtung überwiegt

Im Frühprogramm des katarischen Sportsenders "Alkass" war diese Partie noch kein Thema. Auch das Eröffnungsspiel wurde nur am Rande erwähnt. Die Eröffnungsfeier stand im Fokus, und auch ohne Arabischkenntnisse muss jedem Zuschauer klar gewesen sein, was es für Katar bedeutet, eine Fußball-Weltmeisterschaft ausrichten zu dürfen.