Der WM-Pokal

Fußball | WM WM-Pläne - Wie die FIFA das Fußballjahr verändern will

Stand: 09.09.2021 17:51 Uhr

Der Vorstoß der FIFA zu einer WM alle zwei Jahre stößt in Europa auf Ablehnung. Im Rest der Welt sieht das anders aus. Denn der Weltverband hat einen Plan und Argumente. Das wichtigste: Geld.

Viele Interessengruppen kritisieren den Plan der FIFA, vor allem außerhalb Europas gibt es jedoch Zustimmung. Ein Überblick, wer wo steht.

Die FIFA: Mehr Geld und besserer Sport als Argumente für den Plan

Arsène Wenger leitet als Direktor für globale Fußballentwicklung der FIFA die Machbarkeitsstudie zum möglichen neuen WM-Rhythmus. Wengers Idee:

  • Die WM würde 2028 erstmals im Zweijahresrhythmus augetragen werden. Ab dem Turnier 2026 in den USA, Mexiko und Kanada findet sie zudem mit 48 statt zuletzt 32 Mannschaften statt.
  • Die Kontinentalturniere wie EM, Copa America, Gold-Cup, Afrika-Cup, Asien-Cup und die Ozeanien-Meisterschaft könnten in ungeraden Jahren ebenfalls im Zweijahresrhythmus stattfinden.
  • Derzeit gibt es fünf Länderspielfenster pro Jahr. Laut Wenger sollen aus den fünf kurzen Fenstern ein oder zwei lange Fenster werden. In einem Vorschlag geht es um den kompletten Oktober, der für Länderspiele genutzt werden soll, den Rest der Zeit würden die Spieler bei ihren Klubs bleiben. Damit will man Termine und Reisen sparen.
  • Die Qualifikation soll gestrafft werden. "Es wird mehr bedeutsame und weniger sinnlose Spiele geben", sagte Wenger. Er betonte zudem, dass es keinesfalls mehr Spiele als bisher geben soll.

Die FIFA präsentierte bei Wengers Pressekonferenz ehemalige Spieler, die in Wengers Arbeitsgruppe sind. Ronaldo (Brasilien), Tim Cahill (Australien) und Peter Schmeichel (Dänemark) lobten die Idee. Der Zweijahresrhythmus bringe mehr Gelegenheiten, auf höchstem Niveau zu spielen. "Hinzu kommt: Bei einer Verletzung während eines Turniers muss man womöglich acht Jahre warten", sagte Ronaldo.

Wie der neue Fußballkalender laut Arsène Wenger ausssehen könnte.

Wie der neue Fußballkalender laut Arsène Wenger ausssehen könnte.

Der Rest der Welt: Einnahmen sorgen für Zustimmung

Wenger räumte ein, dass eine Verdopplung der Frequenz des WM-Turniers nicht zwangsläufig zu einer Verdopplung der Einnahmen führen muss. Grundsätzlich ist die Erhöhung der Einnahmen aber natürlich ein Ziel für die FIFA - und deren Verteilung. Die Aussicht auf mehr Geld überzeugt viele Verbände.

Denn die Kontinentalturniere der anderen Konföderationen erwirtschaften bei Weitem nicht das Geld, das die EM in Europa generiert. In Afrika, Asien, Nord- und Mittelamerika erhält der Vorschlag in vielen Verbänden Zustimmung. Um Mehrheiten bei Abstimmungen muss sich FIFA-Präsident Gianni Infantino eher wenig Sorgen machen.

Kontinentalturniere
Turnier aktueller Rhythmus
Europameisterschaft vier Jahre
Afrika-Cup zwei Jahre
Gold-Cup (Nord-/Mittelamerika/Karibik) zwei Jahre
Copa America (Südamerika) vier Jahre
Asien-Cup vier Jahre
Ozeanien-Meisterschaft vier Jahre

Die UEFA: Angst um die eigenen Einnahmen

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin drohte am Donnerstag (09.09.2021) in der englischen Zeitung "Times" mit einem Boykott der UEFA und der südamerikanischen Länder, sollte die FIFA den Zweijahresrhythmus durchsetzen. "Viel Erfolg mit einem solchen Turnier", sagte Ceferin. Die WM würde abgewertet werden, hatte er zuvor bereits gesagt. Ceferins Problem: Sollte die WM alle zwei Jahre stattfinden, wäre die EM der UEFA sowohl sportlich als auch finanziell wohl ebenfalls abgewertet. Die UEFA sorgt sich also um ihr eigenes Geld, mit dem sie ihre Kundschaft bedient: die europäischen Verbände.

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

Um die Gunst der europäischen Verbände buhlt nun aber auch die FIFA und bietet dafür höhere Einnahmen. Die UEFA könnte aus dem Prozess als größte Verliererin hervorgehen - sowohl finanziell als auch in den Machtverhältnissen.

Die Ligen: Klare Position und Sorge vor Geldverschiebung

Die Ligen bezogen bereits klar Stellung. "Wir lehnen jeden Vorschlag für eine WM im Zweijahresrhythmus ab", schrieben das World Leagues Forum und der europäische Ligenverband. In beiden Verbänden sind die Topligen Europas aus England, Spanien, Deutschland, Italien und Frankreich organisiert.

Auch hier gilt: Die vernünftigen Einwände vor einer Überlastung der Spieler oder einer drohenden Alltäglichkeit von besonderen Turnieren rücken vor der Sorge ums eigene Geld in den Hintergrund. Wenn die WM mehr Einnahmen erzielt, könnten Sponsoren und Medienunternehmen dieses Geld möglicherweise woanders nicht mehr investieren: beispielsweise in die nationalen Ligen.

Die Klubs: Zumindest Hintertüren scheinen offen

Bei der Versammlung der Europäischen Klub-Vereinigung ECA herrschte in dieser Woche immer noch großer Groll auf die FIFA, was den Streit um die Abstellungspflicht der Nationalspieler im aktuellen Länderspielfenster betrifft. ECA-Chef Nasser Al-Khelaifi von Paris Saint-Germain kritisierte "einseitige Entscheidungen" der FIFA, auch mit Blick auf die Zukunft. Bayern-Direktor Michael Gerlinger sprach davon, dass eine WM alle zwei Jahre "im aktuellen Kalender unmöglich zu bewerkstelligen" sei. Konkret kritisiert wurde der Plan zu einem Zweijahresrhythmus bei der ECA nicht.

Eine Chance für die FIFA. Denn neben den Verbänden muss sie vor allem diejenigen überzeugen, die mit den Starspielern den Wert der Turniere stellen: Europas große Klubs. Eine möglicherweise größere Beteiligung an den Einnahmen und mehr Freiheit im Kalender könnten eine Möglichkeit sein.

Die Fans: "Gleichgewicht zwischen Wettbewerben in Gefahr"

Mehrere nationale und internationale Fan-Organisationen machten in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre Ablehnung eines Zweijahresrhythmus für die WM deutlich. Mehr als 50 Organisationen unterzeichneten die gemeinsame Erklärung. Darunter befinden sich viele Bündnisse aus Europa, aber auch solche aus Nordamerika, Südamerika, Afrika, Ozeanien und Asien.

"Wir genießen die WM, weil sie ein außergewöhnliches Ereignis ist", heißt es in dem Schreiben, das das europäische Bündnis Football Supporters Europe veröffentlichte. Auch die Fan-Organisationen kritisieren, dass sie von der FIFA nicht in die Diskussion einbezogen worden seien. Nach Ansicht der unterzeichnenden Fan-Bündnisse könne ein verkürzter WM-Zyklus "das ohnehin fragile Gleichgewicht zwischen lokalen, nationalen, kontinentalen und internationalen Wettbewerben und Kalendern zerstören".