TV-Kamera im Stadion

Kritik an Nachwuchs-Regelung Bundesliga: Neue Diskussion um TV-Geldverteilung

Stand: 31.08.2021 15:55 Uhr

Seit dieser Saison werden die TV-Gelder von der Deutschen Fußball-Liga DFL neu verteilt. Kritik gibt es an der Säule "Nachwuchs", weil Top-Klubs davon stärker profitieren können.

Von Thorsten Poppe

Ende des Jahres 2020 hat die Deutsche Fußball-Liga DFL die Neuverteilung der TV-Erlöse für die Bundesliga vorgestellt. Ab dieser Spielzeit gibt es 1,1 Milliarden Euro an die 36 Bundesligisten zu verteilen. Welcher Klub wie viel bekommt, wird nach bestimmten Kriterien basierend auf den Säulen "Gleichverteilung", "Leistung", "Nachwuchs", "Interesse" berechnet.

Ziel sei es, die finanzielle Schere zwischen den wenigen Topklubs und den anderen Vereinen nicht noch größer werden zu lassen, erklärte die DFL bei der Vorstellung des neuen Verteilungsschlüssels. Doch an der Vorhersehbarkeit des sportlichen Wettbewerbs, der stark von der Finanzkraft abhängig ist, wird sich auch mit der neuen Regelung kaum etwas ändern.

Diskussion um Säule "Nachwuchs"

Kritik gibt es auch an der Säule "Nachwuchs". Hier wird seit dieser Saison erstmals nicht nur die Einsatzzeit für junge Talente, sondern auch deren Ausbildung honoriert. Der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig kritisiert, dass mit der neuen Regelung für kleinere und finanziell schwächere Klubs ein Nachteil entstehe, "weil ein Drittel des ausgeschütteten Beitrages daran gekoppelt ist, wo der Spieler seit dem zwölften Lebensjahr gespielt hat". Das fördere das Abwerben von Jugendspielern durch die Großklubs und diese würden dann später auch noch für die Einsatzzeiten belohnt, auch wenn die Spieler dort schon nicht mehr spielten.

Beispiel FC Bayern München: Dessen ehemaliger Nachwuchsspieler Manuel Wintzheimer unterschrieb 2018 beim Hamburger SV seinen ersten Profivertrag. Zuvor war er beim Rekordmeister ausgebildet worden, hatte dort aber im Profi-Bereich keinen Einsatz erhalten. Deshalb kassierten die Bayern nach der alten Regelung auch nichts aus der Säule "Nachwuchs". Unter den jetzt geltenden Regeln wäre das anders: Der Rekordmeister hätte von jedem Einsatz von Wintzheimer beim HSV profitiert.

DFL-Präsidiumsmitglied Ansgar Schwenken, der die neue TV-Geldverteilung mitentwickelt hat, nennt im Gespräch mit sportschau.de andere Beispiele. Etwa das von Florian Wirtz. Der Shootingstar war als Juniorenspieler vom 1. FC Köln nach Leverkusen gewechselt. Daher profitiere der FC heute, wenn Wirtz in der Bundesliga für Bayer 04 spielt: "Nach altem Verteilerschlüssel wäre das nicht der Fall", sagt Schwenken. Das wesentliche Ziel der Anpassung sei es, Ausbildung und Nachwuchsarbeit noch stärker zu fördern.  

Mehr Geld für Säule "Nachwuchs"

Die DFL hat zudem den Gesamtanteil der Säule "Nachwuchs" an den nationalen Medienerlösen erhöht. Zunächst von zwei auf drei Prozent, später steigt der Anteil noch auf vier Prozent. Berücksichtigt werden dabei alle Spieler bis zu der Saison, in der die Spieler 23 Jahre alt werden. In dieser und kommender Saison sollen im Schnitt 47,5 Millionen Euro der TV-Gelder auf die Säule "Nachwuchs" entfallen.

In der vergangenen Spielzeit sind noch rund 26 Millionen Euro verteilt worden, von denen folgende Klubs die meisten Einsatzzeiten junger Spieler verzeichneten: SpVgg Greuther Fürth (11.553 Einsatzminuten, circa 1,9 Millionen Euro), SC Paderborn 07 (10.032 Einsatzminuten, circa 1,7 Millionen Euro), 1. FC Nürnberg (9.917 Einsatzminuten, circa 1,6 Millionen Euro).

Gerade für die ausbildenden Klubs sind die Auszahlungen aus der Säule "Nachwuchs" ein wichtiger Baustein für den Gesamtetat. Die SpVgg Greuther Fürth etwa ist mit einem Lizenzspieler-Etat von acht Millionen Euro in die Bundesliga aufgestiegen. Mit der neuen Regelung könnten diese Vereine allerdings kaum noch Substanz aufbauen, meint Andreas Rettig, Geschäftsführer beim Drittligisten Viktoria Köln. Die Hürden für die Abwerbung von Nachwuchsspielern seien nicht hoch genug. "Hier würde ich mir ein deutliches Mehr an Ausbildungsentschädigung und Ablösen wünschen, um zu einer Umverteilung von Groß nach Klein zu kommen", sagt Rettig

Ansgar Schwenken von der DFL verweist diesbezüglich auf die Regeln zum Schutz der Nachwuchsleistungszentren. "Darin sind unter anderem feste Sätze als Ausbildungsentschädigung für den abgebenden Verein vereinbart, auch um Transfers in der Jugend zu reglementieren", sagt Schwenken: "Wechsel von einem Klub zum anderen wird es auch in diesen Altersklassen immer geben, aber meiner Einschätzung nach wird die neue Verteilung der Medienerlöse dafür keine zusätzlichen Anreize setzen und diese Wechsel bei den Nachwuchsspielern auch nicht weiter ansteigen lassen."

Spitzenvereine bisher kaum Profiteure

Bisher kassierten die Spitzenvereine wenig bis kaum Zahlungen aus der Säule "Nachwuchs". Weil es dort junge, talentierte Spieler schwerer haben, sich unter die ersten Elf zu spielen. So wurden etwa beim FC Bayern in der vergangenen Saison fast keine U23-Spieler bei den Profis eingesetzt. Der Rekordmeister hat deshalb kaum etwas aus dieser Säule erlöst. Toptalent Jamal Musiala zählt übrigens nicht, weil er noch nicht mindestens drei Jahre bei einem Klub unter dem Dach des DFB spielt.

Ähnliches gilt übrigens auch für andere Spitzenvereine. Dabei steht ein Großteil der Spieler, die zum Beispiel für die U19-Nationalmannschaft nominiert werden, bei diesen Topklubs unter Vertrag. Sollten die Nachwuchskicker dort am Ende nicht Profi werden, sondern bei einem anderen Verein, profitieren davon ab jetzt aber auch die Spitzenvereine stärker als bisher.