FC Augsburg | Rekordeinkauf Ricardo Pepi - Augsburgs amerikanischer Traum

Stand: 06.01.2022 12:25 Uhr

Mitten in der Pandemie stemmt der FC Augsburg eine Rekordablöse für das erst 18-jährige Stürmertalent Ricardo Pepi. Auch wenn FCA-Investor David S. Blitzer den Deal nicht direkt finanziert, spielt die amerikanische Sicht bei diesem spektakulären Wintertransfer mit.

Der FC Augsburg gilt in der Fußball-Bundesliga als gut geführter Mittelstandsklub. National durchaus ein nachahmenswertes Vorzeigemodell, international aber mit eher bescheidener Strahlkraft versehen. Globale Reichweite erzeugt dieser Verein im Regelfall selten.

Doch jetzt hat sogar die offizielle Bundesliga-Website den Ausnahmezustand ausgerufen, weil der Tabellen-15. kurz vor Rückrundenstart mit Ricardo Pepi den Shootingstar der Major League Soccer unter Vertrag genommen hat. "Die Bundesliga darf sich auf das nächste Riesentalent freuen, das ohne Zweifel Superstar-Potenzial hat", hieß es da. Augsburgs Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter warb zwar einerseits um Geduld, stellte andererseits aber Vergleiche mit Weltklassestürmer Robert Lewandowski her, der ja auch einige Anlaufzeit in Deutschland gebraucht habe.

Viel Geld für einen 18-Jährigen

Pepi ist wohlgemerkt erst 18 Jahre alt. Das 1,85 Meter große Kraftpaket gilt seit einiger Zeit als eine der heißesten Aktien aus der US-Nationalmannschaft; übrigens auch mit Blickrichtung auf die Mammut-WM 2026, die in den USA, Kanada und Mexiko über die Bühne gehen soll. Doch vorerst hat Pepi einen bis 2025 laufenden Vertrag in Deutschland unterzeichnet.

Während die Liga die wirtschaftlichen Folgen des Geisterspielbetriebs fürchtet, hat der FC Augsburg der Krise getrotzt - und so viel Geld ausgegeben wie nie zuvor in der Vereinsgeschichte. Dem Vernehmen nach liegt die Ablöse bei rund 14 Millionen Euro, obendrauf kommen noch Bonuszahlungen im Millionenbereich. Das sind die üblichen Nebenverabredungen bei einem solchen Coup mit einem Nachwuchsstürmer, auf den es viele Topklubs in Europa abgesehen hatten.

Stefan Reuter erklärt den Deal

Warum erhielt gerade Augsburg den Zuschlag? "Dafür sind wir bekannt, dass wir schnell handeln können, wenn eine Tür aufgeht - und es eiskalt ausgenutzt", erklärte Reuter. "Wir haben auch in der Vergangenheit gezeigt, dass wir bereit sind, in junge Top-Talente zu investieren." Doch ist diese Version des 1990er-Weltmeisters wirklich die ganze Wahrheit? Viele fragen sich, welche Rolle der US-Investor David S. Blitzer spielt, der vor rund einem Jahr beim FC Augsburg eingestiegen ist.

In Deutschland gehören Blitzer über sein Unternehmen Bolt Football Holding 45 Prozent der Anteile der Hofmann Investoren GmbH, welche über ihren Geschäftsführer und gleichzeitigen Vereinspräsidenten und Vorstandsvorsitzenden Klaus Hofmann die ausgegliederte Profifußballabteilung des FC Augsburg kontrolliert und besitzt. "Ich liebe Fußball und die Bundesliga ist einmalig", sagte der nicht durch sprunghafte Entscheidungen aufgefallene US-Investor im "Manager Magazin". Seine Anteile haben einen Nennwert von 5,5 Millionen Euro.

Der US-Investor ist ein Kumpel des FCA-Präsidenten

Blitzers erstes Bundesliga-Engagement sorgte anfangs für erheblichen Ärger in der Augsburger Ultraszene, weil es erst nachträglich über einen Zufallsfund im Handelsregister herauskam. Ausgerechnet Hofmann, der ansonsten keine Gelegenheit ausließ, das Kunstprodukt RB Leipzig wegen seiner Geldspritzen aus einem Brauseimperium anzuprangern, musste die Anteilsübernahme per offenem Brief erläutern.

Er habe jemand ausgewählt, "den ich seit 20 Jahren kenne und sehr schätze", erklärte der Präsident. "Mit David sind wir im Krisenfall robuster aufgestellt", ergänzte der Brandschutzunternehmer Hofmann damals noch. Er aber bleibe der alleinvertretungsberechtigte und einzige Geschäftsführer der Hofmann Investoren GmbH, "und es gibt nach wie vor die 50+1-Regel, die wir einhalten."

David S. Blitzer verdient mit Private-Equity-Geschäften

Für seinen sportaffinen Kumpel aus den USA stellt der Augsburger Gesamtetat (81 Millionen Euro) fast schon Spielgeld dar. Der 52-jährige Private-Equity-Manager hantiert bei der weltgrößten Beteiligungsgesellschaft Blackstone mit Milliardenbeträgen und sammelt fast nebenbei Minderheitsbeteiligungen an traditionsreichen, aber eher durchschnittlich erfolgreichen Sportklubs.

So hält Blitzer Anteile am NBA-Klub Philadelphia 76ers oder dem NHL-Klub New Jersey Devils, im Fußball beim englischen Premier-League-Klub Crystal Palace oder dem belgischen Erstliga-Absteiger Waasland-Beveren. Wenn nun der von ihm unterstützte Bundesligist genau auf seinem Heimatmarkt ein Toptalent abgreift, liegt die Vermutung nahe, dass auch amerikanische Träume hineinspielen. Denn die fußballinteressierte Öffentlichkeit in den USA wird Pepis Auftritte in der Bundesliga verfolgen - und das dürfte auch Blitzer gefallen.

Reuter negiert diesen Zusammenhang nicht vollends: "Wir kennen den Spieler wirklich seit Jahren. David Blitzer hat operativ mit dem Transfer gar nichts tun." Aber: "Wir haben aber natürlich den Beratern und auch dem Spieler gesagt, dass ein amerikanischer Gesellschafter bei uns eingestiegen ist. Das gibt ihnen sicher auch ein gutes Gefühl und sorgt für Vertrauen, das hilft sicher."

Verstimmung über den Argwohn

Verstimmt sind die Verantwortlichen über den geschürten Argwohn, zumal Liga-Gefährte Hertha BSC vor zwei Jahren noch ganz andere Summen für (weitgehend erfolglose) Wintertransfers in die Hand genommen hat. Der FCA war in den vergangenen Jahren immer wieder bereit, in entwicklungsfähige Akteure wie Reece Oxford, Ruben Vargas oder Felix Uduokhai Millionenbeträge zu investieren.

Pepi ist ein richtiger Frühstarter, debütierte mit gerade einmal 16 Jahren und 163 Tagen in der Major League Soccer. Auf der Augsburger Geschäftsstelle regt sich daher Unverständnis über spitzzüngige Kommentare, weil unberücksichtigt bleibe, wie gut der Klub in den vergangenen Jahren gewirtschaftet hat - und dass er sich eine solche Investition halt leisten kann.

Tatsächlich haben die Fuggerstädter in den vergangenen Jahren nur einen vergleichsweise bescheidenden Gehaltsrahmen ausgewiesen, dafür hat der Verein ein Eigenkapital von knapp 60 Millionen Euro aufgebaut, weil er in den Jahren vor Corona deutliche Gewinne einfuhr. Finanz-Geschäftsführer Michael Ströll sagte auf der Mitgliederversammlung im Herbst vergangenen Jahres: "Die Corona-Pandemie hat uns stark getroffen, aber aufgrund unserer Stabilität nicht so stark wie viele andere Vereine." Der Fehlbetrag aus 2020/2021 betrug vergleichsweise läppische 774.000 Euro.

Auch Niklas Dorsch war im Sommer kein Schnäppchen

Obwohl sich die Augsburger vergangenen Sommer mit dem begehrten U21-Europameister Niklas Dorsch für sieben Millionen Euro Ablöse verstärkten, kam im Gegenzug bei den Verkäufen von Marco Richter (Hertha BSC) und Kevin Danso (RC Lens) gleich die doppelte Summer herein.

Der FC Augsburg erzielte nur 17 Treffer in der Hinrunde, während ihr Winter-Hoffnungsträger in der MLS 13 Tore gemacht, in der US-Nationalmannschaft in sechs Länderspielen drei Tore und drei Assists geliefert hat, sodass der gebürtige Texaner mit mexikanischen Wurzeln aktuell sogar als Angreifer Nummer eins in den USA geführt wird. "Das sind beeindruckende Zahlen", findet Reuter. "Wir trauen ihm sehr viel zu und investieren da auch in langfristige Werte." Was auch ganz im Sinne des Investors sein dürfte.