Copa America Lionel Messi - von der Hetzjagd nach Vollendung

Stand: 29.06.2021 11:27 Uhr

Bei der Copa America schaut ganz Fußball-Argentinien auf Lionel Messi. Im Herbst seiner Karriere könnte er die durchwachsene Beziehung zur Nationalmannschaft für die Ewigkeit kitten - und zu Ronaldo aufschließen.

Was wünscht sich ein Mann, der alles hat? Bei Fußballstar Lionel Messi dürfte die Antwort darauf wie aus der Pistole geschossen kommen. Denn sogar millionenschwere Kicker haben noch Wünsche. Gut, keine alltäglichen, wie ein Besteckset oder ein neues Paar Schuhe, sondern eher sportliche.

Und so dürfte Messi vor ein paar Tagen seinen Wunsch, endlich den ihm bisher verwehrten Titel mit der argentinischen Nationalmannschaft zu holen, nochmal in sich hineingeflüstert haben, als er an seinem 34. Geburtstag (24.06.2021) beim (sehr fleischlastigen) Mannschaftsbankett die Kerzen auf seiner Torte auspustete.

Messi jagt die Vollendung - seit vielen Jahren

Der argentinische Zehner, dessen voller Name Lionel Andres Messi Cuccittini lautet, musste für seine Trophäensammlung wahrscheinlich längst anbauen. Vier Champions-League-Titel, zehn spanische Meisterschaften, sieben spanische Pokalsiege, acht Superpokale, sechs Ballon d'Ors und drei Klub-WM-Trophäen sind nur ein Auszug der Erfolge.

Doch auf einen großen Titel mit der "Albiceleste", den etwa Landesheld Diego Armando Maradona 1986 mit dem WM-Sieg feiern konnte, wartet Messi noch. Weltmeister 2005 mit der U20 und Olympiasieger 2008 mit der U23 - das war bisher das höchste der Gefühle. Nun gibt es aber eine der vermutlich letzten großen Chancen für den 34-Jährigen: Bei der Copa America führte Messi Argentinien zum Sieg in Gruppe A.

Südamerika-Krone für Messi und Co.?

In der K.o.-Runde sind die Favoritenrollen klar verteilt. Rivale Brasilien, Corona-Hotspot und kurzfristiger Gastgeber des Turniers, das eigentlich in Kolumbien und Argentinien hätte steigen sollen, bekleidet als klarer Sieger der Gruppe B (zehn Punkte) auch eine. Uruguay und Peru (beide sieben) überzeugten noch als jeweilige Gruppenzweite.

Und dann wäre da eben das Star-Ensemble um Messi, der mit 148 Partien nun alleiniger Rekordnationalspieler des Landes vor Javier Mascherano ist. Mit 75 Länderspieltoren jagt Messi zudem die Rekordmarke von Brasiliens Legende Pelé, der mit 77 Treffern auf dem Kontinent die Torschützenliste im Nationaltrikot anführt.

"CR7" schwebt über allem

Der Copa-Titel hätte auch eine besondere Bedeutung für Messi, weil er äquivalent wäre zum EM-Erfolg von Cristiano Ronaldo mit Portugal 2016. Natürlich hinkt der Vergleich der beiden Stars alleine schon aufgrund der Position und Spielweise.

Ronaldo sagte mal, er habe Messi "nie als Rivalen gesehen." Auch der Argentinier hatte nur Lob über: "Nadal, Federer, LeBron - in allen Sportarten gibt es jemanden, der heraussticht und für seine Arbeit verehrt wird. Cristiano sticht im Fußball heraus."

Dennoch: Der Weg zum Ballon d'Or oder FIFA-Weltfußballer des Jahres lief ein Jahrzehnt lang nur über diese beiden Ausnahmespieler. 2018 durchbrach Luka Modric (2018) den Zweikampf.

Nationalmannschaftsbilanz: Ronaldos Hauptargument

Wenn sich also am Fußball-Stammtisch mal wieder über die Frage ausgelassen wird, wer denn nun der bessere von beiden ist, dürfte Ronaldo aufgrund seines Nationalmannschaftstitels die Nase leicht vorne haben.

Mit Portugal ist der zwei Jahre ältere "CR7" (178 Spiele/109 Tore) schlicht erfolgreicher als Messi mit Argentinien (148/75). Dass Messi dafür zumindest 2014 im WM-Finale stand, während Ronaldo mit Portugal in der Vorrunde ausschied, dürfte ihn wenig trösten.

Beziehung zur "Albiceleste" nicht immer einfach

Für Messi wurde die Jagd nach dem Nationalmannschaftstitel zur Hatz - und die oft niederschmetternde Hatz dann zu kräftezehrend für den stets getriebenen Wunderspieler, auf dem in traditioneller Maradona-Manier die gesamten Hoffnungen des Landes zu ruhen schienen.

Auf den Nackenschlag im WM-Finale 2014 folgte im Jahr 2016 ein verschossener Elfmeter im Endspiel gegen Chile. Messi beendete seine Nationalmannschafts-Karriere, wenig später kam aber der Rücktritt vom Rücktritt.

Nach dem Aus im Achtelfinale bei der WM 2018 in Russland nahm Maradona Messi in Schutz, legte ihm den endgültigen Rückzug aus der "Albiceleste" nahe: "Es ist Zeit, ihn in Ruhe zu lassen. Er trägt nicht die Schuld daran, dass wir nicht Weltmeister sind." Doch Messi steht nun auch 2021 wieder auf dem Platz - und hat vielleicht die letzte Chance, für die Fans ausnahmsweise mal nicht an etwas Schuld zu sein.