Umfrage der Sportschau Bundesliga nur für Geimpfte und Genesene? Fußball und Politik gespalten

Stand: 08.08.2021 13:00 Uhr

Sollen Geimpfte und Genesene Privilegien beim Stadionbesuch erhalten? Eine Umfrage der Sportschau bei den Bundesligisten ergab ein diffuses Bild - das erinnert an die Politik.

Bundesweit steigt der Inzidenzwert für Coronainfektionen langsam, aber stetig. Lokal gibt es große Unterschiede, auch an Bundesligastandorten. So meldete Freiburg im Breisgau am Sonntag (08.08.2021) einen Wert von etwa 15, Mönchengladbach hingegen 55. Da sich die Inzidenzstufen in der Coronaschutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen jedoch nach der Entwicklung über acht Tage richten, darf die Borussia zum Auftaktspiel der Bundesliga am Freitag (13.08.2021) gegen den FC Bayern München 22.925 Zuschauer einlassen.

Hätte der Wert nur ein bisschen eher die 35 erreicht, wären es nur 18.000 gewesen. Die Tickets wären dann an "17.000 Geimpfte oder Genesene und nur 1.000 Getestete" vergeben worden, teilte die Borussia in einer Umfrage der Sportschau unter den 18 Bundesligisten mit.

Selbst Spitzenpolitiker einer Partei gespalten

Privilegien für Geimpfte und Genesene, also immunisierte Personen beim Stadionbesuch? Die Frage spaltet nicht nur mit Blick auf den Fußball und andere Sportveranstaltungen, sondern generell.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn etwa kann sich einen Zutritt nur für Immunisierte in Bereichen vorstellen, die "nicht zur Grundversorgung gehören", also dem Sport. Armin Laschet, sein Parteifreund von der CDU und Kanzlerkandidat, hält nichts von solchen Regelungen, die je nach Sichtweise als "Impfanreiz" oder "Impfpflicht durch die Hintertür" bezeichnet werden.

Gebannte Blicke auf das Gipfeltreffen der Politik

Die unterschiedlichen Standpunkte der beiden Christdemokraten könnten einen Vorgeschmack auf die Videokonferenz der Minsterpräsidentinnen und Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag (10.08.2021) geben, in der es hauptsächlich um das Thema Impfen gehen wird.

Die Bosse der Bundesliga werden das Treffen gespannt verfolgen, denn es könnte schnelle Folgen für die Auslastung der Stadien und damit der Einnahmen in den kommenden Wochen haben. Hans-Joachim Watzke, auch ein Parteifreund von Spahn und Laschet, hat seinen Standpunkt schon im Interview mit der Sportschau klargemacht. Er sei gegen eine Impflicht, "auf der anderen Seite haben aber auch die Veranstalter von Großereignissen, auch vom Fußball, das Recht zu sagen, dass dann eben nur Geimpfte reinkommen. Das halte ich für legitim, weil wir uns in einem schwierigen Kampf befinden."

Innerhalb der Bundesliga findet der Geschäftsführer von Borussia Dortmund unter anderem Mitstreiter beim 1. FC Köln. Ab dem zweiten Heimspiel der Saison am 28. August gegen den VfL Bochum wird der Klub - mit wenigen Ausnahmen etwa bei Kindern oder Schwangeren - nur noch immunisierte Personen ins Stadion lassen.

Je nach Standort unterschiedliche Vorgaben

Beim BVB könnte es schon am Samstag (14.08.2021) zum Auftakt gegen Eintracht Frankfurt so weit sein. Das Beispiel der westfälischen Borussia zeigt, wie unterschiedlich und kompliziert die Regelungen und Absprachen zwischen Behörden und Vereinen sind. Beim BVB ist nicht der Inzidenzwert der Stadt Dortmund maßgeblich, es wird stattdessen ein Durchschnitt errechnet aus den Städten und Kreisen mit den meisten Dauerkartenbesitzern. So zählen etwa auch der Kreis Soest und die Stadt Hagen dazu.

Abzusehen ist unter der Annahme von weiter steigenden Infektionszahlen, dass in Dortmund schon bald niemand mehr ins Stadion kommt, der älter als 18 Jahre und weder geimpft noch genesen ist. Auch hier werden Ausnahmen gemacht, falls medizinische Gründe gegen eine Impfung sprechen.

Manche Klubs lehnen Privilegien ab

Solche Privilegien für immunisierte Personen will der VfL Wolfsburg nicht einräumen. "Nein. Es gilt die 3-G-Regel", antwortete der Klub auf die Frage der Sportschau: "Genießen vollständig geimpfte Zuschauer*innen bei Ihnen Vorzüge, etwa bei der Verteilung der Karten?" Auch Hertha BSC und der 1. FSV Mainz 05 antworteten mit einem "Nein", genau wie die Gladbacher, die allerdings hinzufügten: "Es sei denn, die Coronaschutzverordnung schreibt dies vor." Heißt: Um die maximal mögliche Auslastung zu ermöglichen, würde ein Großteil der Karten an Geimpfte und Genesene gehen.

Warten auf Vorgaben

Von den 18 Bundesligisten nahmen elf an der Umfrage der Sportschau teil. Darunter auch RB Leipzig, das den Immunisierten "vorerst" keine Vorzüge gewähren will. Bayer Leverkusen ("aktuell nicht geplant") und der SC Freiburg ("bislang nicht der Fall") legten sich auch noch nicht fest.

Angesichts der Videokonferenz mit der Kanzlerin am Dienstag und möglicher Umsetzungen von Beschlüssen in den einzelnen Bundesländern ist die Zurückhaltung zu verstehen. Sie war auch in den Antworten auf die Frage abzulesen, wie mit möglichen Zuschauern umgegangen werden soll, die nicht immunisiert sind, nachdem jedem ein Impfangebot gemacht wurde, also vermutlich im Oktober.

"Falls es Thema wird", wolle sich Hertha BSC mit der Frage befassen, die Mainzer schrieben: "Wir orientieren uns hierbei allein an den behördlichen Vorgaben. Sobald sich hieran etwas ändert, werden wir im Rahmen des Erlaubten die Zutrittsregelung anpassen." Bayer Leverkusen teilte mit: "Wir werben sowohl nach Innen als auch nach Außen dafür, sich impfen zu lassen. So gab es bereits einen Impftermin in der BayArena für interessierte Fans. Weitere Aktionen in dieser Art sind denkbar und wir unterstützen selbstverständlich die Impf-Kampagne von DFL und DFB." In diesem Punkt dürfte es Einigkeit bei Politik und Fußball geben.

Zuschauerkalkulation für die Saison

Eine weitere Frage der Sportschau richtete sich an die Erwartung, mit welcher Zuschauerauslastung der Verein für die kommende Saison rechne. Hans-Joachim Watzke hatte "60 Prozent" angegeben. Auch hier ergaben die Antworten ein diffuses Bild.

"Wie sieht Ihre Kalkulationen bezüglich der Stadionauslastung aus?
Verein Antwort
SC Freiburg keine Angabe
Borussia Mönchengladbach "ähnlich wie der BVB 60 Prozent"
Hertha BSC "zunächst 30 Prozent"
Bayer Leverkusen "etwa 50 Prozent"
RB Leipzig "zunächst 50 Prozent für die ersten beiden Heimspiele"
1. FSV Mainz 05 "Wirtschaftlich defensiv kalkuliert, (...), denkbare Auslastung kann deutlich höher sein"
Borussia Dortmund "60 Prozent"
SpVgg Greuther Fürth keine Angabe
VfL Wolfsburg "Je nach Inzidenz kann sich diese Zahl ändern."
VfL Bochum "konservative Kalkulation, Hinrunde ohne Zuschauer, Rückrunde 40 Prozent"
FC Augsburg keine Angabe