Uli Hoeneß am FC Bayern Campus

Umbau mit vertrauten Team Hoeneß beim FC Bayern: Die alte Garde kehrt zurück

Stand: 30.05.2023 15:48 Uhr

Die erste Abnabelung zwischen dem FC Bayern und seinen alten Lichtgestalten ist gescheitert. Uli Hoeneß war einer der treibenden Kräfte des aktuellen Umsturzes. Nun will er mit seinem vertrauten Team den Verein umbauen.

Von Raphael Weiss

Auf der großen Meisterfeier suchte man Uli Hoeneß vergebens. Während die Mannschaft ausgelassen die Meisterschale in die Höhe hob, Thomas Müller mit Bier um sich spritzte und Hasan Salihamidzic sich mit einem dicken Kloß im Hals von den Fans verabschiedete, suchte man den markanten Kopf von Hoeneß vergeblich. An Meisterfeiern ohne den langjährigen Bayernboss hatte man sich zwar schon gewöhnt, doch an diesem Wochenende hatte er sich mal wieder zu einem der Hauptprotagonisten beim FC Bayern aufgeschwungen.

Eigentlich hatte Hoeneß sich schon 2019 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Der Präsident, der über Jahrzehnte hinweg die alles überstrahlende Lichtgestalt beim FC Bayern war, rückte in ein Schattendasein. Zwar übte er als Aufsichtsratsmitglied und vor allen Dingen als Ratgeber von Hasan Salihamidzic weiter seinen Einfluss auf den Klub aus, doch der mächtige Mann von einst war er nicht mehr. Spätestens seit Oliver Kahn Karl-Heinz Rummenigge im Juli 2021 als Vorstandsvorsitzender ablöste, drohte Hoeneß der Verein vollends aus den Händen zu gleiten.

Kahns größter Fehler war die Abnabelung von Hoeneß

Kahns größter Fehler war, die Abnabelung zwischen Hoeneß und dem FC Bayern bewusst voranzutreiben. Immer wieder hatte Hoeneß moniert, dass Kahn kaum seinen Rat suche, dass er sich isoliere. Ein Vorwurf, den er in seinem ersten Interview nach Kahns Entmachtung wiederholte: "Die große Enttäuschung liegt darin, dass ich gedacht habe, er könnte das Amt qua seiner Persönlichkeit allein ausfüllen, doch er hat sich stattdessen mit seinen Beratern umgeben", sagte Hoeneß dem Kicker.

Anderthalb Jahre ließ Hoeneß Kahn gewähren - dann begann der Umsturz. Es war während der Entlassung von Julian Nagelsmann, als Hoeneß zum ersten Mal wieder richtig tief ins operative Geschäft eingriff. Kahn und Salihamidzic baten um die Hilfe des alten Meisters, um den Deal über die Ziellinie zu bringen. Schon bei Tuchels Vorstellung horchte Medienlandschaft und Fans auf, als sich der neue Trainer explizit bei Hoeneß für dessen Vertrauen bedankte.

Die alte Crew kommt zurück

Es dauerte gut einen Monat, dann folgte der nächste öffentlichkeitswirksame Auftritt des alten Klub-Patriarchen. Der FC Bayern war gerade aus der Champions League ausgeschieden und hatte anschließend gegen Mainz erneut die Tabellenführung in der Liga verspielt, da machte der 71-Jährige seine Aufwartung am Trainingsgelände, schüttelte Tuchel - gut sichtbar für die Fotografen - die Hand und verwickelte ihn in ein Gespräch. Es wirkte wie die Ankündigung eines größeren Unheils. Ein Donnergrollen in der Ferne, das das große Gewitter ankündigen sollte, dass sich nach dem Abpfiff des letzten Bundesligaspiels über dem FC Bayern entladen sollte.

Nun ist Hoeneß also wieder ganz präsent beim FC Bayern. Er wird erneut zum Architekten beim FC Bayern und will ihn renovieren. Mehr Ruhe soll in den Verein einkehren. Zudem muss der Kader umgebaut werden. Die Verpflichtung eines Mittelstürmers, den die Münchner in dieser Saison so schmerzlich vermisst haben, nur die größte von vielen Baustellen. Diese Sanierung, die der Schreck einer titellosen Saison hervorgerufen hat, will Hoeneß zusammen mit seinen alten Vertrauten angehen. Mit Präsident Herbert Hainer, dem Kahn-Nachfolger Jan-Christian Dreesen und – allem Anschein nach - auch mit Karl-Heinz Rummenigge. Die alte Crew, mit der der FC Bayern 2013 und 2020 zweimal das Triple feiern konnte, den größten Erfolgen der Vereinsgeschichte.

Die Verwandlung zum Unternehmen schreitet voran

Doch der Verein hat sich gewandelt und einen offiziellen Posten wird das Duo Rummenigge und Hoeneß wohl auch nicht mehr bekleiden. Es bleibt das Fädenziehen im Hintergrund. Ob die alte Konstellation in neuer Rollenverteilung also wieder so erfolgreich agieren kann, bleibt abzuwarten. In den vergangenen Jahren ist die Entwicklung weg vom familiären Fußballklub hin zum Unternehmen noch weiter vorangeschritten.

Dreesen – ehemals Finanzvorstand, nun Vorstandsvorsitzender – ist ein Mann aus der Wirtschaft. Ein aktiver Fußballer war er nie, schon gar keine Vereinslegende. Und auch Präsident Hainer ist ein eher nüchterner Zahlenmensch. Die emotionalen Anführer wie Hoeneß und Rummenigge sind sie nicht. Nun müssen sie den Verein aber dennoch anführen - und auf lange Sicht erneut eine Abnabelung von den alten Granden vorantreiben. Man wird sehen, ob das diesmal gelingt.

Im Video: Hainer erklärt Ablauf der Trennung von Kahn und Salihamidzic

FC-Bayern-Präsident Herbert Hainer, Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der neue BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Quelle: BR24 30.05.2023 - 18:30 Uhr