Olympia | Peking Corona und Olympia – Regeln, Lockdown, Ängste

Stand: 24.01.2022 10:21 Uhr

Welche Corona-Regeln gelten bei Olympia? Dürfen nicht-geimpfte Sportler nach Peking? Ab wann wird isoliert? Wo regt sich internationaler Protest? Wir haben die wichtigsten Fragen rund um das Thema Corona bei Olympia gesammelt.

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Athleten oder Teammitglieder nach China reisen?

Wer als Athletin oder Athlet um Olympiamedaillen kämpfen will, muss sich drei Herausforderungen stellen: Der Qualifikation, der Einreise nach China und dann natürlich dem Wettkampf. Schwierig zu sagen, welche Hürde die schwierigste ist.

Die Einreise nach China ist auf jeden Fall ein echter Brocken: Im 70-seitigen "Playbook" legten die Veranstalter bereits im Dezember die Regeln für die Einreise fest. Und die lauten so:

Komplette Impfung bis spätestens 14 Tage vor Abflug, drei PCR-Testungen (einer bis 96 h vor Abreise, einer bis 72 h vor Abreise, einer in China vor Einreise ins Land) mit negativen Ergebnissen und einem CT-Wert von größer 35, lückenlose Dokumentation des Gesundheitszustandes über eine App "My 2022" ab 14 Tage vor Abflug. Nicht-geimpfte Sportler:innen müssen vor Abreise einen Antikörper-Test nachweisen und in China in eine 21-tägige Isolation.

Wie wollen die Veranstalter Covid-Infektionen und die Ausbreitung des Virus vermeiden?

Vor allem durch strikte Blasen-Lösungen und regelmäßiges Testen. Wer nach China eingereist ist und Zugang zur geschlossenen Olympia-Blase hat, darf diese bis zur Abreise nicht verlassen. Tägliche PCR-Testungen von Sportler:innen und Teammitgliedern sollen Infektionen zeitig aufspüren.

Positiv getestete Personen werden sofort isoliert. "Es ist schwieriger in die Cloesd Loop zu kommen als dort virusfrei zu bleiben. Die Cloesd Loop wird von vielen Experten als 'safest Place on Earth' bezeichnet", sagte der deutsche Chef de Mission Dirk Schimmelpfennig erst am Samstag (15.01.2022) im ZDF-Sportstudio.

Wie unterscheiden sich die Maßnahmen von Tokio 2021 und Peking 2022?

Bereits im vergangenen Sommer in Tokio galten strenge Corona-Regeln. Diese werden in China nun noch einmal verschärft. So werden alle Sportler, Betreuer oder Funktionäre in der Olympischen Blase täglich per PCR getestet. In Tokio wurden nur Sportler regelmäßig getestet. Außerdem sehen die Peking-Regeln verpflichtend eine FFP2-Maske vor, in Tokio waren auch dünnere medizinische Masken zugelassen.

Die Veranstalter der Winterspiele in Peking verkünden zudem nicht ohne Stolz, dass die Spiele im Umfeld einer komplett geimpften Bevölkerung stattfinden, im Sommer 2021 war Japans Bevölkerung nur zu etwa 20 Prozent geimpft. Zudem wird auf die komplette Trennung der Blasen hingewiesen. Auch lokale Mitarbeitende dürfen während der Spiele die Olympia-Blase nicht verlassen.

Wie können sich Athleten nach Einreise in China bewegen?

Nur zwischen Hotel/Olympischem Dorf, den Trainings- und Wettkampfstätten. Der Transport erfolgt ausschließlich in gesonderten Bussen oder Zügen.

Was passiert bei einem positiven Corona-Test?

Wer positiv getestet wird, muss sofort in Isolation. Sportler ohne Symptome müssen in ein Quarantäne-Hotel, Personen mit Corona-Symptomen sollen laut Playbook in ein Krankenhaus. Die Isolation soll sofort erfolgen.

Was das heißt, erfuhr Rennrodler Tobias Arlt, der im Training im November 2021 komplett in seiner Rodel-Montur in ein Quarantäne-Hotel gebracht wurde. Aus der Isolation entlassen wird, wer zwei PCR-Tests mit negativem Ergebnis innerhalb von 24 Stunden vorweisen kann. Das kann also theoretisch bei asymptomatischen Sportlern mit Booster-Impfung schon nach wenigen Tagen sein.

Was passiert, wenn Athleten kurz vor dem Ende der Spiele positiv getestet werden?

Sportler wie auch Betreuer dürfen China erst verlassen, wenn sie zwei negative PCR-Tests innerhalb von 24 Stunden haben. Bis dahin müssen sie in Isolation.

Müssen Kontaktpersonen (z.B. Teammitglieder) ebenfalls in Isolation?

Nein. Wer länger als 15 Minuten mit einer positiven Person Kontakt hatte, wird aber die ersten sieben Tage zweimal pro Tag per PCR getestet. Kontaktpersonen werden aber dennoch isoliert: Pierre Ducrey, beim IOC Olympic Games Operations Director, sagte bei einem Pressegespräch am 12.01.: "Kontaktpersonen können an Wettkämpfen teilnehmen und trainieren. Sie sollen aber alleine essen und trainieren."

Wo regt sich internationaler Protest?

Menschenrechte: Neben den vielfältigen internationalen politischen Protesten, die Verletzungen der Menschenrechte in China thematisieren und unter anderem zu einem politischen Boykott der Spiele aufrufen, lösen zunehmend auch die Corona-Maßnahmen Kritik aus.

Hygiene und Testung: Deutliche Kritik kommt aus Deutschland: Nach einem falsch-positiven Fall von Tobias Arlt im November am Rande einer Trainingsreise an der olympischen Eisbahn thematisierten die Rennrodler um Arlt sowie die Olympiasieger Natalie Geisenberger und Felix Loch die schlechten hygienischen Zustände im Quarantäne-Hotel, den menschenunwürdigen Umgang und das generelle Informationsmanagement.

Zuletzt hatte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier den aus seiner Sicht zu hohen CT-Wert bei den PCR-Tests kritisiert und vor Manipulation gewarnt. Zur Kritik von Alpinchef Maier, dass der CT-Wert von 40 zu hoch angesetzt sei, verteidigte sich das IOC zunächst mit dem Verweis auf internationale Richtlinien und dem Verweis auf Einzelfallprüfung bei einem Wert zwischen 30 und 40.

Update: Am Montag (24.01.) senkte das IOC den Wert allerdings in offiziellen Richtlinien auf unter 35. In Deutschland liegt nach Angaben des Robert Koch-Instituts ein positiver Befund erst bei einem CT-Wert von unter 30 vor. In China ist dieser Wert eigentlich auf 40 festgelegt.

Datensicherheit: Mehrere Nationale Olympische Komitees sorgen sich zudem um die Datensicherheit und warnen vor Spionage - die unter anderem von der verpflichtenden App "My 2022" ausgehen könnte. So sorgen sich unter anderem Kanadier, Briten, Niederländer und Deutsche um die Cybersicherheit ihrer Athlet:innen.

In den Niederlanden wurden alle Teammitglieder aufgefordert, private Technik zu Hause zu lassen und nur die vom IOC bereitgestellten Mobiltelefone zu verwenden. Diese sollen nach der Rückkehr dann komplett vernichtet werden.

Verschiebung? Wegen der sich rasch ausbreitenden Omikron-Variante des Corona-Viruses hatte der Schweizer Chef de Mission, Ralph Stoeckli, Anfang Januar gefordert, über eine Verschiebung der Spiele nachzudenken. Die Sorge sei groß, dass sich kurz vor den Spielen viele Athleten mit Corona infizieren und dann nicht an Olympia teilnehmen könnten.

Streit mit Russland wegen Impfstatus? Zu einem Streit könnte es noch mit dem Russischen Olympischen Komitee (ROC) kommen. Im russischen Olympia-Team sind die Unter-18-Jährigen nicht geimpft - das betrifft neben vier Freestyle-Skiern auch drei Top-Eiskunstläuferinnen. Die 17-jährigen Alexandra Trusowa und Anna Scherbakowa sowie die 15-jährige Kamila Waljewa sind nicht geimpft.

Das ROC beruft sich dabei auf Vorab-Gespräche mit dem IOC und dem chinesischen Organisations-Komitee, wonach Unter-18-Jährige von Impfpflicht und 21-Tage-Isolation ausgenommen sind. Das IOC teilte in dieser Woche aber mit, dass es keinen Freifahrtschein für U18-Athleten gebe. Jeder Fall soll von einem internationalen Expertengremium geprüft werden. Möglich also, dass beispielsweise Eiskunstlauf-Weltmeisterin Scherbakowa nicht zu Olympia darf.

Kann tatsächlich manipuliert werden?

Schwer zu sagen. Der deutsche Olympiaarzt Bernd Wolfarth befürchtet Wettbewerbsverzerrung aufgrund der strikten Einreisebestimmungen. IOC-Vertreter Mota erklärt, dass die PCR-Tests von international anerkannten Laboren ausgewertet werden. Im medizinischen Expertengremium sitzen 20 Mitglieder, darunter chinesische Vertreter sowie fünf internationale Experten. Damit soll die Unabhängigkeit des Gremiums gewährleistet werden.

Grundlage für die Einzelfallentscheidung sollen unter anderem der Impfstatus, die individuelle Krankheitsgeschichte und auch die Sportart bilden. Möglich also, dass eine Freiluftsportlerin mit CT-Wert von 32 starten darf, ein Hallen-Sportler mit Wert von 38 aber nicht.

Der deutsche Delegationsleiter Dirk Schimmelpfennig glaubt nicht an eine Manipulation, dafür gebe es überhaupt keine Grundlage. "Ich hoffe und bin optimistisch, dass es nicht zu Willkür-Entscheidungen kommt. Deshalb sehe ich die Gefahr der Manipulation eher nicht", sagte Schimmelpfennig am Samstag (15.01.2022)

Werden Sportler aus Corona-Gründen nicht zu den Spielen fahren können?

Auf jeden Fall - zum Beispiel, wenn kurz vor der Abreise eine Corona-Infektion bekannt wird. Aber auch vorab ist klar, dass Sportler aus coronabedingten Gründen nicht zu Olympia fahren: So hat die amerikanische Eishockey-Profiliga NHL den Spielern keine Freigabe für die Winterspiele erteilt - unter anderem aus Angst davor, dass sich die Profis mit Corona infizieren und daher später ihren Teams fehlen.

Gibt es nicht geimpfte Olympia-Teilnehmende?

Darüber ist wenig bekannt. Eine bekannte Athletin hat sich aber öffentlich geäußert. Die Schweizer Snowboard-Olympiasiegerin von 2014, Patrizia Kummer, ist nicht geimpft - und will sich nach eigenen Angaben in China in 21-tägige Vorab-Isolation begeben.

Wird es Zuschauer bei den Wettkämpfen geben?

Ein paar wenige einheimische Fans sollen zugelassen sein. Ob Zuschauer aber wirklich dabei sein werden, ist noch unklar. Das hängt von der Entwicklung der Corona-Zahlen in China ab.

Wie ist die aktuelle Corona-Lage in China?

Das Land fährt eine strikte Zero-Covid-Strategie. Das heißt, aktuell sind rund 22 Millionen Menschen in einer Nachbarprovinz von Peking in einem Lockdown - in einem echten Lockdown mit häuslicher Isolation. So dürfen unter anderem 13 Millionen Menschen in der Metropole Xi‘an ihre Wohnungen nicht verlassen.

In Yuzhou, rund 800 Kilometer südlich von Peking, sind 1,2 Millionen Menschen nach dem Auftreten von drei asymptomatischen Fällen im Lockdown. Aktuell steigen die Zahlen in China wieder - allerdings auf einem sehr niedrigen Level.