Olympia-Kritik Alpindirektor Maier: "Unverantwortlich, dass man uns nach China schickt"

Stand: 08.01.2022 17:28 Uhr

Kurz vor den Olympischen Spielen mehren sich die kritischen Stimmen am Gastgeberland China. Am Rande des Riesenslaloms in Adelboden übte DSV-Alpindirektor Maier scharfe Kritik. Einen sportlichen Boykott lehnte er aber ab.

Der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier hat knapp vier Wochen vor dem Beginn der Olympischen Spiele scharfe Kritik an den Organisatoren der Winterspiele in China geübt. "Ich persönlich halte es für nicht verantwortungsvoll, dass man uns nach China schickt, wo man eine Willkür festlegen kann, wie man es gern macht", sagte der Sportfunktionär am Samstag (08.01.2022) in der Sportschau.

"Fordere Standardisierung der Tests"

Konkret macht der 61-Jährige seine Kritik an den Corona-Tests fest. "Ich fordere eine Standardisierung der Corona-Tests und andere Testwerte", sagte Maier und kritisierte die Grenzwerte der chinesischen Olympia-Organisatoren für PCR-Tests: "Die setzen CT-Werte von 40 an, und Du bist denen komplett ausgeliefert, weil Du nicht weißt, was sie testen und wie sie es testen und ob es tatsächlich Deine Tests sind. Das sind Themen, die muss man kritisch diskutieren dürfen."

Was ist der CT-Wert?

Der sogenannte CT-Wert eines PCR-Tests gibt Aufschluss darüber, ob ein Virus wie das Corona-Virus nachgewiesen werden kann und wie viele Vermehrungszyklen das Virus benötigt, um infektiös zu sein. Ein niedriger CT-Wert ist daher ein Hinweis auf eine hohe Viruslast und eine hohe Ansteckungsgefahr.

Je höher der CT-Wert, desto geringer die Infektionsgefahr. In der Wissenschaft wird diskutiert, dass ab Werten von 24 oder höher keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Das deutsche Robert-Koch-Institut empfiehlt eine "Entisolierung" betroffener Personen ab einem CT-Wert von 30. Ein Grenzwert sei das aber nicht, weil PCR-Tests nicht standardisiert und die Ergebnisse abhängig von der Entnahme der Proben sind.

Maier: "Keine klare Linie" des IOC

Trotzdem, so Maier, sollen bei den Olympischen Spielen in China CT-Werte bis 40 eine Quarantäne-Pflicht nach sich ziehen. "Ich finde es einfach nicht in Ordnung, dass man von Seiten des IOC oder der nationalen Olympischen Komitees keine klare Linie fordert.

Wissenschaftlich sagt man, dass man bei einem CT-Wert von über 30 nicht mehr infektiös ist. Die Chinesen können 40 ansetzen, das finde ich nicht gut." Zudem befürchtet der Sportfunktionär Willkür der Veranstalter.

Falsch positiver Test bei Rennrodler Arlt

Erst im November hatte ein Corona-Test im deutschen Rennrodel-Team für Aufregung gesorgt. Bei Testwettkämpfen auf der neu gebauten Eisbahn in Yanquing war Doppelsitzer Tobias Arlt zunächst positiv auf das Virus getestet und isoliert worden. Das Ergebnis stellte sich im Nachhinein als falsch positiv heraus, Arlt konnte das Quarantänehotel wieder verlassen.

Später berichtete der Bayer über problematische Hygienezustände und kritisierte den generell wenig freundlichen Umgang mit ihm. Die Olympiasieger Felix Loch und Natalie Geisenberger äußerten sich nach ihrer Rückkehr olympiaskeptisch, Geisenberger schloss sogar einen Boykott nicht aus.

Sportlicher Boykott? Konsequenzen wären "katastrophal"

Die deutsche Politik wie Außenministerin Annalena Baerbock hat wie bereits andere hochkarätige westliche Politiker einen poltischen Boykott der Olympischen Spiele angekündigt. Einen sportlichen Boykott will Maier seinen Sportlern dagegen nicht empfehlen.

Aber, so der Bayer: "Ich finde es einfach nicht okay, dass man auf der einen Seite politisch sagt, wir gehen da alle nicht hin. Aber uns Sportler schickt man dahin. Wir gehen unter keinen standardisierten Bedingungen dahin", sagt Maier und erklärt: "Ich würde mich nicht trauen, die Athleten zurückzuziehen. Die Konsequenzen für die Sportler, was die Unterstützung im Leistungssport betrifft, wären katastrophal."

Biathlon-Bundestrainer Kirchner: "IOC windet sich"

Auch Biathlon-Bundestrainer Mark Kirchner ist gegen einen sportliche Boykott der Spiele: "Die Sportler sind die Letzten, die da irgendwas machen können", sagte der Thüringer in dieser Woche. Doch auch Kirchner übte Kritik – an den chinesischen Veranstaltern und dem Internationalen Olympischen Komitee.

Die chinesische Politik sei laut Kirchner "in keinster Weise zu akzeptieren". Das IOC kritisierte Kirchner für die Vergabe der Spiele und dafür, dass sich "das IOC davor windet und versucht, sich vor den Tatsachen zu verstecken. Das ist in den letzten Wochen mehr als offensichtlich geworden."