Julian Brandt

WDR-Sport Julian Brandt - Dortmunds oft kritisierter Führungsspieler

Stand: 15.05.2025 14:38 Uhr

Es gab im Fußball immer schon Typen, mit denen die Öffentlichkeit deutlich strenger umging als mit anderen. Dortmunds Julian Brandt ist so einer.

Berti Vogts brachte es einst auf den Punkt: "Würde ich über das Wasser gehen, würden die Leute sagen: Guck mal, er kann nicht schwimmen." Auch Julian Brandt ist jemand, der oft als Sündenbock herhalten muss. Zwar ist es unbestritten, dass der Mittelfeldspieler von Borussia Dortmund in vielen Partien enttäuschte, doch damit war er in dieser Achterbahnfahrt des BVB nicht alleine. Warum also wurde ausgerechnet Brand so häufig - und vor allem auch so heftig - kritisiert? Die Gründe dafür sind vielfältig.

Brandts Formtief für viele unerklärlich

Da ist zum einen das große Potenzial des 28-Jährigen. Brand ist sicher einer der talentiertesten zentralen Mittelfeldspieler im Dortmunder Kader. An guten Tagen spielt er zielstrebig, mutig und lässt mit seinen Dribblings die Gegner reihenweise alt aussehen. Doch es gibt auch die Tage, an denen Brandt abtaucht, ihm kaum eine Ballannahme oder ein Pass über drei Meter gelingt. Da niemand ernsthaft glaubt, dass Brandt das Fußballspielen verlernt hat, ist es für Fans und Medien schlicht unerklärlich, warum er seine Qualitäten so oft nicht abruft.

"Sein sportliches Tief nimmt mittlerweile dramatische Ausmaße an", kommentierten die Ruhr Nachrichten etwa nach dem 2:2 bei Bayern München. Vom Kicker gab es die Note sechs, versehen mit dem Hinweis: "Der Auftritt war erschreckend. Das Vertrauen in den eigentlich so feinen Fußballer ist aufgebraucht." Die Experten hatten da sowieso längst den Stab über Brandt gebrochen. "Er hat kein Interesse, der Mannschaft zu helfen", urteilte etwa Ex-Nationalspieler Didi Hamann bei Sky und Stefan Effenberg attestierte ihm bei Sport1 "ein Zweikampfverhalten wie in einem Vorbereitungsspiel".

Klar, dass die Kritik und auch die Debatte über seine Rolle im Team nicht spurlos an Brandt vorbei ging: Die Situation habe ihn getroffen, sagte er und stellte gleichzeitig klar: "Das Schlimmste für mich ist das Mitleid, das ich bekommen habe."

Brandt kein knallharter Zweikämpfer

Ein anderer Grund für die oft überharte Kritik ist aber auch eine falsche Erwartungshaltung. Kritiker wie etwa Lothar Matthäus wünschen sich von Brandt eine dominantere Rolle in der Mannschaft und mehr Emotionen auf dem Platz: "Ein Zehnjähriger ärgert sich mehr als ein Julian Brandt und das darf nicht sein", hatte Deutschlands Rekordnationalspieler einst bei "Sky90" angeprangert. Doch das ist schlicht nicht Brandts Naturell.

Er ist zwar Vize-Kapitän und Führungsspieler, besticht dabei aber nicht durch Aggressivität oder Zweikampfhärte. Er ist kein Hitzkopf wie einst Oliver Kahn. In Sachen Körpersprache ähnelt er eher einem Mesut Özil. Brandt ist auch mal längere Zeit unsichtbar, lässt auch schonmal die Schultern hängen. Mit seinen Qualitäten im Spielaufbau, seiner Kreativität und mit seinen technischen Fähigkeiten kann er für die Borussia den Unterschied machen.

Brandt verkörpert Krise und Aufschwung

Das zeigte er auch in seinen jüngsten Auftritten. Der Mittelfeldspieler erzielte in den letzten drei Partien zwei Tore und steuerte drei Vorlagen bei. Damit trug er maßgeblich zum Aufschwung des BVB bei. Generell sehen ihn die Statistiken bei Weitem nicht so schlecht, wie manch ein Kritiker. So kamen etwa in dieser Saison mehr als 400 Bundesliga-Spieler zum Einsatz - nur vier von ihnen übertreffen Brandts aktuelle Marke von neun Torvorlagen.

Der gebürtige Bremer steht sinnbildlich für die Dortmunder Achterbahn-Saison. Er war lange Zeit das Gesicht der Krise, gleichzeitig ist er aber auch das Symbol für die schwarz-gelbe Wiederauferstehung. Und die könnte den BVB am Ende tatsächlich noch bis in die Champions League führen. Es wäre ein Happy End - für den Verein und für Julian Brandt.

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Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagentur SID
  • kicker.de
  • Interview mit Lothar Matthäus auf "Sky90"