
Fußball | 3. Liga "Dreck gefressen" – Aue jubelt über Klassenerhalt und hat noch ein großes Ziel
Schwierig? Oder durchwachsen? Oder enttäuschend? Welches Prädikat passt auf die Saison von Erzgebirge Aue? Sicher ist, dass die "Veilchen" den Klassenerhalt sicher haben – und dass sie noch Pokalsieger werden wollen.
Vier Drittligisten hat es bereits erwischt. Vier Klubs der dritthöchsten Spielklasse stiegen bereits ab, obwohl sie in derselben Saison schon Tabellenführer waren. Energie Cottbus 2016 und 2019, Kickers Emden 2009, Viktoria Berlin 2022 und der SV Sandhausen in diesem Jahr. Der FC Erzgebirge Aue entgeht diesem bitteren Schicksal in dieser Saison. Das steht seit Sonntagabend (4. Mai 2025) fest.
Und die Erleichterung, dass der Tabellenführer vom vierten und fünften Spieltag in der Liga bleibt, war nach dem 1:0 gegen Ingolstadt riesengroß im Lößnitztal. "Ich kann durchatmen und bin überglücklich über die drei Punkte", freute sich Ali Loune, Torschütze des Tages am Mikrofon von SPORT IM OSTEN.
Heidrich: "Hat sich komisch angefühlt"
Und Aues Sportgeschäftsführer Matthias Heidrich freute sich, dass die "Mannschaft gezeigt hat, dass sie in der Lage ist, auch unter Druck zu funktionieren". Vor dem Spiel war der Vorsprung auf die Abstiegsplätze auf drei Punkte zusammengeschrumpft. Nach dem 15. Saisonsieg der Auer steht fest, dass die Sachsen mit 49 Punkten nicht mehr absteigen können. "Es hat sich vor dem Spiel schon ein bisschen komisch angefühlt, dass du mit 46 Punkten drei Spieltage vor Schluss noch so eigentlich zittern musst, weil sich die Tabelle derartig zusammengeschoben hat", so Heidrich.
Drei Trainer in einer Saison
In einer engen 3. Liga spielte Aue eine sehr durchwachsene Saison mit einigen Höhe- und vielen Tiefpunkten. Nach dem starken Saisonstart mit vier Siegen in Serie folgte ein Absturz bis in die Abstiegsnähe. Die Mannschaft wurde von drei Trainern geführt. Pavel Dotchev musste nach der 2:5-Heimniederlage gegen Verl den Stuhl räumen. Interimscoach Jörg Emmerich stand drei Spiele an der Seite, ehe Jens Härtel im Januar 2025 übernahm.
Härtel startete gleich mit einer Negativserie von fünf Spielen in Folge ohne Sieg, mit durchschnittlich 1,37 Punkten blieb er statistisch unter der Marke seiner Vorgänger Dotchev (1,57) und Emmerich (2,0). Eine starke Zwischenphase mit drei Siegen gegen Unterhaching, in Wiesbaden und gegen Viktoria Köln ließen Aue auf Rang zehn durchatmen. Auf der Zielgeraden der Saison mit nur zwei Siegen in acht Spielen drohte dem FCE aber die Luft auszugehen – das Tor von Loune gegen Ingolstadt bewahrte die "Veilchen" nun endgültig vor der Aufnahme in die unrühmliche Liste der Absteiger, die zuvor noch Tabellenführer waren.
Härtel: "Minimalziel erreicht"
"Wir haben so viel Dreck gefressen, deswegen genießen wir den Tag heute", freute sich Härtel am Sonntagabend. "Jetzt nach den Monaten mit vielen Verletzten am Ende doch das Minimalziel erreicht zu haben, das tut schon gut."
Viele Verletzte in dieser Saison
Die Monate von Aue zählen in der mittlerweile 20-jährigen Trainerkarriere von Härtel zu den anspruchsvollsten. Dabei musste der Coach personell immer wieder improvisieren, wusste wie vor dem Gastspiel bei Stuttgart II teilweise einen Tag vor Anpfiff nicht, welche Startelf er auf den Rasen schicken kann. Aktuell sind noch sieben Spieler verletzt, darunter Toptorjäger Marcel Bär mit Achillessehnenriss oder Can Özkan und Maxim Burghardt mit Kreuzbandrissen.
Aue-Sportchef Heidrich hob den Charakter des Teams im Umgang mit Rückschlägen hervor: "Sie haben es immer bisher geschafft, wenn wir unter Zugzwang waren und die Punkte liefern mussten", lobte der 47-Jährige.
Aue vor Umbruch: "Weiß nicht, ob S oder M"
Dennoch wird sich das Gesicht der Mannschaft im kommenden Jahr ändern. "Ja, es wird Veränderungen geben", sagte Härtel. "Es werden uns Spieler, die die Mannschaft und den Fußball geprägt haben, verlassen." Ob es ein Umbruch der Größe L werden wird, bezweifelt Heidrich aber. "Ich weiß nicht, ob es am Ende S oder M wird. Ich glaube, es wird jetzt nicht L."
Loune kann sich "vorstellen, in Aue zu bleiben"
Die Abgänge von Kilian Jakob, der zu 1860 München zurückkehrt, Mirnes Pepic und Niko Vukancic stehen bereits fest. Die Zugänge von Erik Weinhauer aus Jena und Julian Günther-Schmidt aus Saarbrücken ebenfalls. Ob der aus Nürnberg ausgeliehene Loune bleibt, ist dagegen unklar. "Also ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, hier zu bleiben", sagte der 23-Jährige, der für Aue in 33 Spielen vier Tore erzielte. "Aber es sind auf jeden Fall noch ein paar Sachen offen, die geklärt werden müssen."
Mit Pokalsieg in den Sommer?
Die Saison ausklingen wollen Loune und die Auer aber nicht. "Wir haben noch ein großes Ziel, das heißt Sachsenpokal-Finale", blickte Matthias Heidrich voraus. Dieses steigt am 24. Mai bei Regionalligist Lok Leipzig. Mit etwas Glück könnte eine durchwachsene Saison für den FC Erzgebirge sogar noch versöhnlich mit einer Trophäe und der lukrativen Qualifikation für den DFB-Pokal enden.
Dirk Hofmeister