Mathias Gidsel von den Füchse Berlin (imago images/Michael Taeger)

Füchse, SCM, Melsungen und Hannover-Burgdorf Ein Quartett will Meister werden - der Titelcheck in der HBL

Stand: 12.05.2025 20:42 Uhr

Die Handball-Bundesliga geht wenige Wochen vor Saisonende in den Endspurt - im hochspannenden Titelrennen gibt es noch vier ernsthafte Anwärter. Wer hat warum die besten Karten? Der Meisterschaftscheck.

Keine Länderspielpausen, kein DHB-Pokal, keine Champions League - nur das Final Four der European League am 24. und 25. Mai unterbricht die Handball-Bundesliga-Saison noch einmal für ein paar Tage. Von Mitte Mai bis Anfang Juni fallen nun an den letzten sechs Spieltagen alle Entscheidungen im Handball-Oberhaus.

Im Titelrennen stehen die Füchse Berlin und die MT Melsungen punktgleich an der Tabellenspitze, Titelverteidiger SC Magdeburg hat mit zwei ausgetragenenen Spielen weniger nur einen Verlustpunkt mehr auf dem Konto als das Topduo. Hannover-Burgdorf ist mit drei Punkten Rückstand Dritter, Flensburg und Kiel auf Platz fünf und sechs haben im Meisterschaftskampf nur noch Außenseiterchancen, dürften aber beide hoffen, noch in die Top 4 vorzustoßen, um sich einen der begehrten internationalen Plätze zu sichern.

Tabelle Handball-Bundesliga
Platz Mannschaft Spiele Punkte Tore
1 Füchse Berlin 28 46:10 +152
2 MT Melsungen 28 46:10 +104
3 TSV Hannover-Burgdorf 28 43:13 +67
4 SC Magdeburg 26 41:11 +110
5 SG Flensburg-Handewitt 28 40:16 +108
6 THW Kiel 28 40:16 +89

Restprogramm: Topspiel zwischen Melsungen und Berlin, dicke Bretter für Hannover

Eine mögliche Vorentscheidung um die Meisterschaft könnte am 29.5. fallen, denn dann empfangen die Füchse Melsungen zum Topspiel, ansonsten treffen die Berliner auf keine Mannschaft aus der Top sechs mehr, haben aber mit Gummersbach und den Rhein-Neckar Löwen trotzdem noch zwei potenzielle Stolpersteine vor der Brust. Melsungen muss neben dem Gastspiel in Berlin auch an diesem Freitag (16.5.) bei Hannover-Burgdorf antreten.

Für Hannover würde eine Niederlage wohl das Aus im Meisterschaftskampf bedeuten, das Restprogramm der Mannschaft von Christian Prokop ist das schwerste der Top 4: Melsungen, Magdeburg, Flensburg, Kiel und Gummersbach stehen noch auf dem Programm. Eben deshalb dürfen sich Flensburg und Kiel auch noch gute Hoffnungen auf ein Finish unter den ersten Vier machen.

Johannes Golla (l., SG Flensburg-Handewitt) und Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf)

Schwere Brocken für Renars Uscins (r.) und Hannover-Burgdorf

Ein Punkt, der Hannover aber helfen könnte: Kiel, Flensburg und Melsungen müssen alle noch zwischendrin das Final Four der European League spielen, Magdeburg und Berlin nach Saisonende das der Champions League. Die TSV hat den vollen Fokus auf der Bundesliga. Für den SCM sehen die letzten acht Saisonspiele noch unter anderem Flensburg, Gummersbach und eben Hannover vor, aber auch die drei Letzten der aktuellen Tabelle.

Aktuelle Form: Füchse in 2025 noch ungeschlagen, auch der SCM sehr stark

Die Niederlagen gegen die Füchse und gegen Göppingen im April haben Hannover zurückgeworfen - danach gewann man immerhin hauchdünn gegen Lemgo, aber verspielte auch gegen Eisenach beinahe noch eine sehr deutliche Führung. Viele Leistungsträger sind noch jung und auf dem allerhöchsten Niveau noch nicht mit viel Erfahrung ausgestattet. Unter den Topteams hat die Prokop-Sieben, die an sich ja eine hervorragende Saison spielt, momentan formtechnisch die größten Probleme.

Die Füchse haben in diesem Kalenderjahr in der Bundesliga noch gar nicht verloren, lediglich zwei Remis gegen Lemgo und Erlangen stehen 2025 auf dem Negativ-Konto der Mannschaft von Jaron Siewert. Auch der SCM ist gerade sehr gut drauf und hat die letzten sechs Spiele in der Liga alle gewonnen. Auch Melsungen hat nach drei Liga-Niederlagen in den ersten sechs Partien des Jahres mittlerweile wieder voll in die Spur gefunden und eilte zuletzt von Sieg zu Sieg.

Jaron Siewert, Trainer Füchse Berlin, im Champions League Spiel gegen Dynamo Bukarest (Quelle: IMAGO / Contrast) (Quelle:

Füchse-Trainer Jaron Siewert jubelt

Die Schlüsselspieler: Gidsel ragt heraus, Melsungen muss Simic irgendwie ersetzen

Zwar ist Eisenachs Marko Grgic mit 232 Toren momentan ganz vorn in der Torjägerliste, doch Grgic wirft eben auch die Siebenmeter seines Teams. Berlins Mathias Gidsel tut das nicht. In der reinen Feldtorstatistik hat der Welthandballer 34 Treffer Vorsprung auf Grgic auf Rang zwei, dazu spielt der Halbrechte die drittmeisten Assists der aktuellen Saison und gerade (aber nicht nur) in Sachen "Auge für den Mitspieler" waren seine letzten Auftritte gegen Bietigheim, Kiel und Hannover auch nochmal bärenstark. Der Däne ist natürlich das größte Pfund, mit dem die Berliner wuchern können - und aktuell sieht es nicht so aus, als wäre Gidsel von der langen Saison irgendwie müde.

Einen so aus dem Kollektiv herausstechenden Individualisten wie Gidsel haben die anderen drei heißen Titelkandidaten nicht im Kader. Melsungen, Magdeburg und Hannover-Burgdorf kommen eher aus dem Kollektiv. Bei der MT wiegt der verletzungsbedingte Ausfall von Top-Torhüter Nebojsa Simic extrem schwer - Ersatzmann Adam Morawski war gegen Erlangen und die Löwen zuletzt durchaus stark, in den Topspielen gegen Berlin und Hannover-Burgdorf wird er aber über sich hinauswachsen müssen.

Bei den Recken aus Hannover hat Renars Uscins seine Formdelle aus der Mitte der Saison offenbar überwunden und traf in den letzten drei Spielen im Schnitt acht Mal. Im Duo mit Kreisläufer-Kraftpaket Justus Fischer hat Hannover-Burgdorf da eine ganz junge Offensiv-Achse, die Hoffnung für die vielen ausstehenden Topspiele macht. Besonders bemerkenswert: Fischer (22) und Uscins (19) sind auch die beiden Spieler, die in dieser Saison die meisten "Steals", also vom Gegner "geklaute" Bälle auf dem Konto haben.

Magdeburg erwischte es mit der Verletzung des in Bestform spielenden Linksaußen Matthias Musche zuletzt knüppeldick, doch gerade rechtzeitig scheint sich auf der anderen Seite der SCM-Offensive Omar Ingi Magnusson nach langer Verletzungspause wieder in Topverfassung trainiert und gespielt zu haben. Gegen Wetzlar traf der Halbrechte zehn Mal und danach gegen Hamburg gelangen ihm sogar elf Treffer. Dass in Nikola Portner und Sergey Hernandez beide Torhüter eine Fangquote von über 30 Prozent aufweisen, ist zudem ein Argument, das die Mannschaft von Bennet Wiegert definitiv auf ihrer Seite hat.

Prognose: Erst Drei- dann Zweikampf um den Titel

Das Restprogramm und die fehlende Erfahrung von Hannover-Burgdorf könnten am Ende zu viel sein, um die drei Punkte Rückstand auf die beiden Topteams (und die zwei auf den SCM) noch wettmachen zu können. Die Füchse und Melsungen werden im Topspiel am 29.5. unter sich ausmachen, wer sich mit dem SC Magdeburg um den Titel duelliert. Weil Melsungen im Spitzenspiel noch die European League in den Knochen hat, gewinnen die Füchse, lassen sich den knappen Vorsprung nicht mehr nehmen und holen ihre erste Deutsche Meisterschaft.