Nils Lichtlein gegen Aalborg
analyse

Fünf von acht Teams aus Deutschland Die HBL dominiert international - aber was bringt das dem DHB?

Stand: 02.05.2025 13:02 Uhr

Die Handball-Bundesliga liefert auf internationalem Parkett Glanzleistungen ab und ist wieder die "stärkste Liga der Welt". Für die Nationalmannschaft dürften die Auswirkungen aber eher gering sein.

Gisli Kristjanssons hochdramatisches Siegtor drei Sekunden vor Schluss gegen Veszprem katapultierte den SC Magdeburg ins Final Four der Handball-Champions-League. Der Treffer des Isländers macht damit eine ohnehin schon gute Saison der deutschen Klubs auf internationalem Parkett zu einer sehr guten: Fünf der acht Halbfinalteilnehmer in Champions League und European League stammen aus der Bundesliga.

Fünf von sechs Vertretern stehen in den Final Fours

In der "Königsklasse" sind es Magdeburg und die Füchse Berlin, die in beeindruckender Manier Vorjahresfinalist Aalborg bezwangen, in der European League spielen MT Melsungen, THW Kiel und SG Flensburg-Handewitt in der Runde der letzten vier Mannschaften mit. Von den international vertretenen deutschen Teams ist damit nur der VfL Gummersbach vor dem Halbfinale ausgeschieden - eine sensationelle Bilanz.

Sekunden-Thriller - SC Magdeburg kämpft sich gegen Veszprem dramatisch ins Final Four

Tatsächlich waren in der Spielzeit 2023/24 ebenfalls fünf deutsche Mannschaften unter den letzten acht Vertretern auf internationalem Topniveau gewesen, doch damals schieden in der "Königsklasse" mit Magdeburg und Kiel beide Vertreter im Halbfinale aus, während sich in der European League Flensburg gegen die Füchse im Finale zum Titel warf.

Nach ein paar Jahren, in denen die französische Liga vor allen in den 2010er-Jahren am selbst gegebenen Claim der Bundesliga als "stärkste Liga der Welt" gerüttelt hatte und es zwischenzeitlich auch mal fünf Jahre am Stück kein Bundesligist ins Finale der Champions League schaffte, ist die Bundesliga wieder unangefochten ganz oben angekommen.

Sechs von 19 Nationalspielern sind in den Final Fours dabei

Im aktuell von Bundestrainer Alfred Gislason nominierten Aufgebot für die deutsche Nationalmannschaft sind unter den 19 nominierten Spielern allerdings nur sechs bei den fünf Klubs aktiv, die jetzt in den Final Fours stehen. Andreas Wolff (THW Kiel), Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), Nils Lichtlein, Tim Freihöfer (beide Füchse) und Rechtsaußen Timo Kastening (Melsungen) spielen dabei auch wichtige Rollen für ihre Mannschaften. Der 23 Jahre alte Rückraumspieler Matthes Langhoff findet bei den Füchsen gerade langsam in eine größere Rolle und wurde nun auch wegen seiner Abwehrqualitäten vom Bundestrainer erstmals berufen. Vom SC Magdeburg ist kein Spieler nominiert worden.

Das ist keine dramatisch schlechte Quote, doch die offensiven Leistungsträger der Nationalmannschaft im Rückraum Juri Knorr (Rhein-Neckar Löwen), Julian Köster (VfL Gummersbach), Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf) oder Marko Grgic (ThSV Eisenach) müssen bei den entscheidenden Spielen auf europäischer Bühne allesamt zuschauen. Eine Situation, die dem Bundestrainer vor dem Lehrgang mit der Mannschaft vor den EM-Qualifikationsspielen gegen die Schweiz (07.05.) und die Türkei (11.05.) nicht gefallen kann.

Immerhin mischt Uscins genau wie Kreisläufer Justus Fischer und Torwart Joel Birlehm mit Hannover-Burgdorf noch im Titelrennen der Bundesliga mit, in der aufgrund der Ausgeglichenheit der Liga natürlich quasi jedes Spiel ein Kräftemessen auf hohem Niveau darstellt.

Grgic, Köster und Knorr wechseln alle zu Spitzenteams

Die gute Nachricht für Gislason und den DHB ist: Es tut sich diesbezüglich etwas. Grgic wechselt 2026 nach Flensburg, Köster geht 2026 nach Kiel, Knorr zieht es schon diesen Sommer nach Aalborg - und keiner der Genannten ist älter als 25 Jahre, Grgic gerade mal 21. Es ist ein schmaler Grat zwischen "früh auf Topniveau Erfahrungen sammeln" und "Spieler langsam aufbauen", den man im Handball beschreitet.

Hohe körperliche Belastung mit mehr Spielen in weniger Tagen und gleichzeitig weniger Spielraum, um Fehler zu machen und sich zu entwickeln sind die Nachteile eines frühen Wechsels zu einem internationalen Topklub. Auf der anderen Seite waren die absoluten Weltklasse-Rückraum-Spieler wie Nikola Karabatic, Sander Sagosen, Aron Palmarsson oder Domagoj Duvnjak, aber auch aktuell Dika Mem oder Alex Dujshebaev bereits ganz früh in ihrer Karriere regelmäßig Gast in den Final Fours der "Königsklasse".

Dass solch eine Entwicklung gezielt natürlich kaum zu steuern ist - schließlich will jeder Spieler und Verein am liebsten in der Champions League spielen - ist logisch. Doch die Wechsel der vielversprechenden deutschen Rückraumspieler zu absoluten Spitzenteams ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, um auch mit der Nationalmannschaft den Schritt zu machen, den die Bundesliga in den letzten Jahren bereits vollzogen hat. Den zurück in die Weltspitze.