Marco Odermatt auf der Strecke in Sölden

Terminkollision im November und Dezember Der Wintersport konkurriert mit der Fußball-WM

Stand: 11.11.2022 13:57 Uhr

Der Wintersport hat 2022 einen mächtigen Gegenspieler: Die Fußball-WM zieht Sendeplätze und Zuschauer. Wie arrangieren sich die Disziplinen?

Fußball ist der Volkssport Nummer eins. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern für einen großen Teil der Länder auf der ganzen Welt. Kein Wunder also, dass die Fußballweltmeisterschaft traditionell zu den TV-Großereignissen gehört und dass es ganz selbstverständlich ist, dass während der WM nahezu rund um die Uhr im Fernsehen Fußball zu sehen ist.

Doch normalerweise findet die Fußball-WM im Juni und Juli statt. Dann also, wenn viele Sportarten in der Sommerpause sind. Doch durch die Vergabe des Turniers an den Wüstenstaat Katar und die daraus resultierende Verschiebung in den Winter ergibt sich eine ungewöhnliche Konkurrenzsituation.

ARD-Sportkoordinator Balkausky: "Überschneidungen möglichst gering"

"Aufgrund der Winter-Terminierung der Fußball-WM kommt es natürlich zu parallelen Ansetzungen mit den in derselben Zeit stattfindenden Wintersport-Ereignissen", sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky: "ARD und ZDF haben sich jedoch bereits langfristig mit den verschiedenen Verbänden abgestimmt, um Überschneidungen möglichst gering zu halten. Dennoch ließen sich diese in den vier Wochen der Fußball-WM nicht komplett vermeiden."

Die Zuschauer müssen sich entscheiden zwischen Marte Olsbu Röiseland und Lionel Messi, zwischen Marco Odermatt und Kylian Mbappé, zwischen Markus Eisenbichler und Thomas Müller. Und auch die TV-Stationen haben oftmals die Wahl, ob sie lieber König Fußball oder die Wintersport-Stars live im Fernsehen zeigen.

Das führt zu massiven Problemen für die Wintersportarten. Denn oft dürfte die Entscheidung - von Zuschauern und Fernsehsendern gleichermaßen - pro Fußball ausfallen.

"Wir versuchen, mit unseren Planungen die unterschiedlichen Wünsche der Zuschauerinnen und Zuschauer zu berücksichtigen", sagt Balkausky: "Aus diesem Grund werden viele Wintersport-Ereignisse, die die ARD während der Übertragungen von der Fußball-WM nicht im TV zeigen kann, live im Stream auf sportschau.de und in der ARD Mediathek angeboten. Darüber hinaus haben wir an dem Wochenende 3./4. Dezember sowie vom 15. bis zum 18. Dezember umfangreiche Wintersport-Übertragungen live im Ersten."

Weltcup-Start mit Konkurrenz

Der Biathlon-Weltverband IBU hatte früh versucht, die Austragung der Fußball-WM im Winter zu verhindern. Ski-Alpin-Weltcup-Boss Markus Waldner sprach kürzlich von einem "Dilemma" und überall im Wintersport ist nur wenig Begeisterung über die mächtige Konkurrenz zu spüren.

Doch nun steht der Winter vor der Tür und vom Rodeln bis zum Skispringen müssen sich alle Sportarten mit der FIFA-WM arrangieren und versuchen, die finanziellen Verluste möglichst gering zu halten und trotz der Konkurrenz viele Fans zu erreichen. Dabei verfolgen die einzelnen Disziplinen unterschiedliche Strategien.

Skispringen

Während die Fußballer vor der sommerlichen Hitze in Katar in den Winter flüchten, verschoben die Skispringer den Weltcup nach vorne. Schon am 5. November ging es für die Frauen und Männer im polnischen Wisla los. Die Athleten landeten beim Weltcupstart auf Matten - ein Novum in der Geschichte.

Ganz lassen sich dadurch Kollisionen mit dem Kalender der Fußball-WM nicht vermeiden. Bei den Männern werden drei Weltcup-Wochenenden während der Weltmeisterschaft in Katar stattfinden: Kuusamo (Finnland: 26. und 27. November), Titisee-Neustadt (Deutschland: 10. und 11. Dezember) und Engelberg (Schweiz: 17. und 18. Dezember). Die Frauen müssen nur bei zwei Wettkämpfen mit dem Fußball um Einschaltquoten konkurrieren: Lillehammer (Norwegen: 3. und 4. Dezember) und Titisee-Neustadt (Deutschland: 9. und 10. Dezember).

Rodeln

Der Weltcup-Start der Rodler ist bereits der Fußball-WM zum Opfer gefallen. Der Weltverband FIL hatte im August das Auftakt-Rennen in Innsbruck-Igls, das für den 26. November geplant war, abgesagt. "Die Veranstaltung wird aufgrund der am 20. November beginnenden Fußball-Weltmeisterschaft in Katar kaum live im Fernsehen übertragen werden können", begründete die FIL diese Entscheidung.

Als Ersatz wird ein Rennwochenende vom 24. bis 26. Februar 2023 in Winterberg an den Kalender angehängt. Dieses wird gleichzeitig der Saisonabschluss sein.

Ski Alpin

Die Saison der alpinen Skifahrer hat bereits begonnen. Zumindest für die Männer. Denn während beim traditionellen Weltcup-Auftakt in Sölden der Schweizer Vorjahres-Gesamtweltcupsieger Marco Odermatt mit einem Sieg im Riesenslalom in die Saison startete, musste das Rennen der Frauen wegen schlechter Wetterbedingungen abgesagt werden. Die darauffolgenden Rennen am Matterhorn mussten wegen fehlenden Schnees gestrichen werden, ebenso die Parallel-Events in Lech/Zürs.

Ob nun auch Rennen dem Fußball zum Opfer fallen werden, ist ungewiss. Probleme gibt es bei der Nordamerika-Tour, die auf den WM-Zeitraum fällt und wo wegen der Zeitverschiebung der Rennbeginn mit den Anstoßzeiten kollidiert. Am 25. November eröffnen planmäßig die Männer mit der Abfahrt in Lake Louise, es folgen an den darauffolgenden Tagen zwei Super-G.

Rennbeginn ist jeweils um 20.30 Uhr MEZ und somit in direkter Konkurrenz mit großen Fußballnationen. Am 25. November beginnt um 20 Uhr die Partie England gegen die USA, am darauffolgenden Tag spielt, ebenfalls um diese Uhrzeit, Argentinien gegen Mexiko und am 27. November kommt es zum Duell Spanien gegen Deutschland. Eine Verlegung der Rennstarts nach hinten (22.30 Uhr MEZ) ist keine Option, da die Sicht- und Pistenbedingungen vor Ort einen fairen Wettkampf kaum möglich machen würden.

Rennstarts zwischen den Fußballspielen

Doch ein Start der Rennen hängt auch davon ab, ob sie live im Fernsehen übertragen werden. Man stehe vor "einem Dilemma", sagte Weltcup-Boss Markus Waldner im Gespräch mit der österreichischen "Kronen-Zeitung" im August. Denn sollten die europäischen TV-Sender - vor allem ORF, SFR und Eurosport - die Rennen nicht übertragen, stehe die Sinnhaftigkeit der Durchführung in Frage.

Eine Lösung gibt es dagegen für das darauffolgende Wochenende in Beaver Creek. Die Rennstarts wurden auf 18.15 Uhr beziehungsweise 18 Uhr MEZ angesetzt, um so den Anstoßzeiten der Achtelfinalbegegnungen auszuweichen (16 Uhr und 20 Uhr). Die Veranstalter müssen allerdings auf einen reibungslosen Ablauf der Rennen hoffen.

Biathlon

Auch der Biathlon-Weltverband (IBU) hat seinen Weltcup-Kalender an die Fußballweltmeisterschaft angepasst. Die IBU wagt einen ungewöhnlichen Schritt und hat den Saisonauftakt auf den 29. November und somit auf einen Dienstag gelegt.

Der Grund: An diesem Tag beginnen die dritten Spiele der WM-Gruppenphase, bei denen alle Mannschaften einer Gruppe zeitgleich anstoßen. Die frühesten Spieltermine um 11 Uhr und 14 Uhr fallen damit weg - es bleiben die Anstoßzeiten um 16 Uhr und um 20 Uhr. Die Biathleten starten am 29. November im finnischen Kontiolahti mit dem 20 Kilometer Einzel der Männer um 13.15 Uhr. Tags darauf folgt zur gleichen Uhrzeit das 15 Kilometer Einzel der Frauen, bevor am Donnerstag (Staffel), Samstag (Sprint) und Sonntag (Verfolgung) jeweils zwei Rennen angesetzt sind - mit dem spätesten Startschuss um 14.15 Uhr.

Auch bei den folgenden Wettkämpfen im WM-Zeitraum in Hochfilzen (8. - 11. Dezember) und Annecy (15. - 18. Dezember) ist der späteste Start derzeit um 14.15 Uhr geplant.

Bob

Der Weltcup-Start der Bobfahrer fällt in den Zeitraum der Fußball-WM. Um dennoch möglichst viel Aufmerksamkeit zu bekommen, wurden die Startzeiten der ersten beiden Stationen angepasst. In Whistler (CAN) beginnen am 25. und 26. November die Rennen um 19 Uhr beziehungsweise 23.30 Uhr MEZ, in Park City (USA) am 2. und 3. Dezember um 17.30 Uhr und 21.30 Uhr.

Die nächste Station dürfte allerdings im Kampf um Einschaltquoten schlechte Karten haben. Denn in Lake Placid (USA) starten am 17. und 18. Dezember die Rennen der Zweierbobs jeweils um 16 Uhr. Zeitgleich beginnt in Katar am Samstag, 17. Dezember, das Spiel um Platz drei. Einen Tag später starten die Zweierbobs der Frauen zeitgleich mit dem Finale der Fußballweltmeisterschaft.

Langlauf

Die Langlauf-Saison beginnt am 25. November in Ruka (Finnland). Beim Weltcup-Auftakt überschneiden sich die Wettbewerbe mit einigen Spielen. Allerdings tritt keine Topnation während der Rennen an. Bei den späteren Rennwochenenden finden die Starts deutlich vor Anpfiff der Fußball-Spiele statt.

Auch die Nordischen Kombinierer starten am 25. November in Ruka - allerdings stehen hier noch keine Startzeiten fest.

Snowboard

Auch die Snowboarder sind bereits teilweise in die Saison gestartet. In allen Disziplinen gibt es wenige Überschneidungen mit der Fußball-WM, da nach dem Start im Oktober die Wettkämpfe im November ruhen - auch weil der Big-Air-Wettkampf im schwedischen Falun (26. November) wegen fehlender Sponsoren abgesagt wurde.

"Aufgrund der aktuellen Weltlage haben wir die Gelder nicht zusammen. Die Sorge veranlasst Unternehmen, ihre Geschäftstätigkeiten zu überprüfen, was sich wiederum auf Veranstaltungen wie diese auswirkt. Es ist sehr traurig, dass wir gezwungen sind, abzusagen. Aber wir haben alles versucht, um die Veranstaltung durchzuführen", sagte Stefan Karlsson, Sportmanager für Freeski und Snowboard beim schwedischen Skiverband.