Tennisspieler Carlos Alcaraz und sein Trainer Juan Carlos Ferrero

Tennis in Wimbledon Alcaraz - Kein Typ, der vor Djokovic in Ehrfurcht erstarrt

Stand: 15.07.2023 14:12 Uhr

Die Siegerliste der jüngsten vier Championate in Wimbledon liest sich recht eintönig. Djokovic, Djokovic, Djokovic, Djokovic. 2018 hat der Serbe Kevin Anderson bezwungen, 2019 in einem epischen Match Roger Federer mit 13:12 im fünften Satz. 2020 fiel das Turnier wegen Corona aus, danach waren Matteo Berrettini (2021) und im Vorjahr Nick Kyrgios jeweils nur ein Satzgewinn vergönnt. Carlos Alcaraz könnte dennoch im Finale am Sonntag (16.07.2023, Live-Ticker bei sportschau.de) eine neue Ära einleiten.

Kann man einen Weltranglisten-Ersten als Herausforderer bezeichnen? In diesem Ausnahmefall vermutlich schon. Unglaubliche 34 Spiele in Serie hat Novak Djokovic jetzt auf dem "Heiligen Rasen" für sich entschieden. Dass er aktuell nur die Nummer zwei der Weltrangliste und auch der Setzliste des All England Lawn Tennis and Croquet Clubs ist - der Ausrichter in London behält sich bekanntlich als einziger im Grand-Slam-Kreis das Sonderrecht einer eigenen Reihenfolge bei der Setzliste vor - ändert an Djokovics Favoritenrolle nichts.

Djokovic fühlt sich als Teil der Youngster

Niemand sonst hat 23 Grand-Slam-Titel geholt, in dieser Bilanz steht es 23:1 für den "Djoker". Alcaraz hat bisher nur die US Open 2022 gewonnen. Er ist aber auch gerade erst 20 Jahre jung, 16 Jahre mehr Erfahrung bringt der Serbe mit, doch der fühlt sein Alter nicht als Last: "Ich glaube, 36 ist das neue 26. Ich bin jedenfalls froh, Teil der neuen Generation im Tennis zu sein", sagte er mit einem verschmitzten Lachen nach seinem Halbfinal-Sieg über den Südtiroler Jannik Sinner.

Der Verlauf der anderen Vorschlussrunde ist aber etwas, was auch Djokovic zu denken geben wird. Wie dominant und mutig Carlos Alcaraz da in drei glatten Sätzen über den extrem erfahrenen Russen Daniil Medwedew hinwegfegte, war atemberaubend.

Die Zeiten, in denen spanische Tennisspieler auch in Wimbledon nur von der Grundlinie aus agierten, sind zwar ohnehin lange vorbei. Wie beinahe dreist Alcaraz aber immer wieder den Weg nach vorn suchte und dann meistens erfolgreich abschloss, deutet auch auf ein mögliches Erfolgsrezept gegen Djokovic hin.

Ferrero ein glänzender Gegner-Analytiker - Mouratoglou beeindruckt

Alcaraz-Coach Juan Carlos Ferrero ist bekannt dafür, dass er seinen Schützling glänzend auf die jeweils nächsten Gegner einstellt. Davon scheint auch Djokovic-Trainer Patrick Mouratoglou beeindruckt, er spricht sogar selbst über ein mögliches Ende der imposanten Wimbledon-Siegesserie von Djokovic: "Jeder ist schlagbar, das ist klar, gerade in einem Grand-Slam-Finale", sagte er der dpa.

Djokovic sei für ihn der Favorit. Aber auch angesichts der möglichen Emotionen und des Drucks, sich bei den Grand-Slam-Titeln von Rafael Nadal (22) absetzen zu können, sei alles möglich, meinte Mouratoglou.

"Ein Finale ist keine Zeit, um Angst zu haben"

Worauf Mouratoglou und Djokovic eher nicht setzen sollten, ist ein Szenario, in dem Alcaraz angesichts der historischen Chance und der einzigartigen Endspielatmosphäre auf dem Center Court von Wimbledon unter royaler Beobachtung in Ehrfurcht erstarren wird. Da ist er kein Typ für.

Gleich nach seinem Halbfinal-Coup klang aus seinen Worten zwar durchaus Respekt, aber auch Vorfreude und Angriffslust mit Blick auf den Generationen-Showdown: "Es wird schwierig werden, aber es ist ein Finale. Ein Finale ist keine Zeit, um Angst zu haben. Ich werde kämpfen, es war bisher ein Traum - aber ich werde weiter träumen."