
Radsport Was hat es mit dem Cycling Festival von Jan Ullrich auf sich?
Jan Ullrich veranstaltet in Bad Dürrheim ein Cycling Festival, auch Lance Armstrong ist dabei. Wer genug bezahlt, nimmt mit den Promis an einer Ausfahrt teil. Was steckt dahinter?
Den vielleicht wichtigsten Satz sagt Jan Ullrich gleich zu Beginn der Pressekonferenz. "Ich sehe mich als Förderer des Radsports", erklärt der einstige deutsche Sportheld seine Motivation für jenes Event, das Mitte Mai im Schwarzwald-Baar-Kreis seine Premiere feiern soll: das Jan Ullrich Cycling Festival. Der Tour-de-France-Sieger von 1997, der bislang einzige aus Deutschland, bekommt nicht weniger als sein eigenes Wochenende auf zwei Rädern.
Jan Ullrich Cycling Festival: Mitfahren ab 199 Euro
Die Zielgruppe? Radsportbegeisterte allen Alters, die das Festival-Programm am 17. und 18. Mai 2025 nach Bad Dürrheim locken soll. Auf der Gästeliste, die die Veranstalter mit Hilfe der Kontakte in Ullrichs Telefonbuch zusammengestellt haben, finden sich frühere, aber ganz sicher nicht vergessene Berufsradfahrer: Andreas Klöden, Mario Cipollini, Lance Armstrong – unter anderem. Ein Wiedersehen ehemaliger Profis, die viele Jahre das sportliche Geschehen und andere Schlagzeilen bestimmten.
Eine Ausfahrt mit diesen und weiteren Promis aus der Welt des (Rad-)Sports ist möglich für alle, die eine Startgebühr bezahlen. Frühbucher-Tickets für 199 Euro gibt es nicht mehr, der Preis liegt nun bei 249 bis 299 Euro. Günstig ist das nicht. Wem es das Geld wert ist, der fährt am Sonntag einmal oder mehrfach einen Rundkurs über voll abgesperrte Straßen – just for fun, ohne sportliche Wertung, aber mit der Chance auf Smalltalk und Selfies mit den Stars von damals.
Ullrich: "Bedeutet mir sehr viel"
450 Anmeldungen gibt es bis zu diesem Mittwoch (07.05.2025), bei 500 soll laut Organisatoren aus Sicherheitsgründen definitiv Schluss sein. Von 'Ulle', Armstrong und Co. geht offensichtlich immer noch eine große Anziehungskraft aus. Die Ausfahrt ist der Höhepunkt des Festivals, das darüber hinaus ein kostenfreies Rahmenprogramm, BMX-Shows oder ein Laufradrennen für die Kleinsten bietet.
"Es bedeutet mir sehr viel, dass da mein Name drübersteht", sagt Ullrich, der davon ausgeht, dass die Teilnehmenden das Wochenende "noch lange, lange im Kopf haben werden". Er sei in den vergangenen zwei Jahren auf vielen Radsportveranstaltungen im Ausland unterwegs gewesen. "Da war die Frage: Warum holen wir nicht die Legenden nach Deutschland?", erzählt Ullrich. Seine Absicht, das erklärt er immer wieder, sei "Werbung für unseren wunderschönen Radsport zu machen". Der Werbeträger: er selbst.
Nachwuchsbereich für Ullrich besonders wichtig
Wie gut er das bewerkstelligt, wie nachhaltig Name, Lebenslauf sowie Netzwerk von Jan Ullrich dem deutschen Radsport wirklich etwas bringen können – genau dafür steht der Beweis ab sofort freilich aus. Die Vergangenheit des heute 51-Jährigen ist zwar maßgeblich geprägt von sportlichen Erfolgen und der Faszination seiner Fans, aber eben auch von einem fast zwei Jahrzehnte langen Ringen um ein Dopinggeständnis. Armstrong, in den 2000ern Ullrichs härtester Konkurrent und heute einer seiner besten Kumpels, hat jeden seiner sieben Gesamtsiege bei der Tour de France verloren. Aberkannt vom Weltverband UCI – wegen Dopings.
Wer Ullrich heute fragt, in welcher Funktion beziehungsweise in welche Richtung er sich im Radsport bewegen möchte, der erhält keine konkrete Antwort. "Es kann alles passieren, was mit dem Radsport zu tun hat", sagt er. Der Nachwuchs, Kinder und Jugendliche, liegen ihm am Herzen.
Doku, Buch, Museum, Podcast - alles in kurzer Zeit
Ullrich verweist aber auch auf all die Produkte und Projekte, die im Sog seines Geständnisses im Rahmen der Dokuserie 'Der Gejagte' entstehen oder entstanden sind: das Festival, das neue Buch, sein eigenes Museum in Bad Dürrheim. "Was wir in der kurzen Zeit umgesetzt haben, spricht für sich", so Ullrich. Wer ihn fragt, wie er die Chancen seines Neffen Georg Steinhauser beim Giro d'Italia einschätzt, der bekommt ebenfalls keine richtige Antwort – stattdessen eine Empfehlung für die erste Folge des neuen Podcasts, den er künftig mit Ex-Profi Rick Zabel produziert.
Den "Förderer des Radsports", als den er sich selbst sieht, will Jan Ullrich offenbar in unterschiedlichen Bereichen und auf unterschiedlichen Plattformen geben. Das Festival wirkt wie ein Bestandteil dieser neuen Maschinerie, und zumindest der Austragungsort scheint dafür genau richtig. Im Südwesten Deutschlands kennt Ullrich sich aus, schon in jungen Jahren zog es ihn nach Merdingen (Breisgau-Hochschwarzwald), die Umgebung von Bad Dürrheim ist ihm aus Trainingslagern mit der Nationalmannschaft vertraut. Es könnte also schlechtere Orte geben, um Menschen für Radsport zu begeistern.
Sendung am Mi., 7.5.2025 15:00 Uhr, SWR Aktuell am Nachmittag, SWR Aktuell