
Tischtennis Tischtennis: Berlins Titelgarantin Xiaona Shan hat noch nicht genug
Xiaona Shan gehört seit Jahren zur Tischtennis-Weltspitze und hat ihrem Verein TTC Berlin Eastside viele Titel beschert. Obwohl es für die 42-Jährige immer schwieriger wird, das Niveau zu halten, sind die nächsten Erfolge schon zum Greifen nah.
So ganz leicht geht Xiaona Shan der Sportlerinnen-Alltag nicht mehr von der Hand, monatelang hatte sie im vergangenen Jahr wegen Nackenproblemen pausieren müssen. Zweimal am Tag trainieren, so wie früher einmal, das sei mittlerweile einfach nicht mehr drin, sagt die 42-Jährige. Hinzu kommen private Verpflichtungen. "Ich kümmere mich um meine Eltern und habe eine kleine Tochter zuhause", so Shan.
Und doch hat die Nummer elf der europäischen Rangliste der Tischtennisspielerinnen noch längst nicht genug. Jeden Vormittag steht sie an der Platte, dreimal die Woche geht es in den Kraftraum, abends ist dann die Familie an der Reihe. "Ich bin wieder fit und greife nochmal an", sagt Shan. Genau rechtzeitig, denn es stehen große Spiele bevor.
Erfolgsgarantin des Berliner Tischtennis
Shan ist die Erfolgsgarantin des Berliner Tischtennis. 2005 kam die Chinesin nach Deutschland, spielte zunächst beim TV Busenbach, bevor sie vor zwölf Jahren zum TTC Eastside in die Hauptstadt wechselte. Seitdem holte der Verein in jeder Saison mindestens einen Titel, insgesamt waren es 20. "Und bei jedem davon war sie entscheidend", sagt Vereinspräsident Alexander Teichmann.
Sie sei eine Führungsspielerin, die sich nie entmutigen lasse und auch in schwierigen Phasen das Team mitziehen würde. Dabei hätte sie es gerade zu Beginn als gebürtige Chinesin in Deutschland nicht leicht gehabt. "Bei den Deutschen Meisterschaften war während ihrer Spiele immer im Vorhinein klar, auf welcher Seite die Sympathien lagen", sagt Teichmann.
Mittlerweile ist sie fest etabliert – auch in der deutschen Nationalmannschaft. Mit dieser hat sie große Erfolge vorzuweisen: 2016 war sie in Rio de Janeiro Teil der ersten europäischen Mannschaft, die eine olympische Silbermedaille gewann. Auch in Paris schaffte es Shan mit der deutschen Tischtennisauswahl als einziges nicht-asiatisches Team bis ins Halbfinale. Hinzu kommen fünf EM-Titel und einmal WM-Bronze.
Als Nachrückerin zur WM
Schon bald könnte diese Liste länger werden. Vom 17. bis 25. Mai geht Shan bei den Weltmeisterschaften in Doha an die Platte. Trotz ihrer starken Ranglisten-Platzierung war sie für diese zunächst gar nicht vorgesehen, rückte nun aber für ihre Berliner Teamkollegin Nina Mittelham nach, die verletzt ausfällt. "Es war natürlich traurig, dass ich bei den ersten Nominierungen nicht dabei war", sagt sie, freut sich nun aber mit dabei zu sein. "Weltmeisterschaften sind immer besonders – aber auch besonders schwer."
In der katarischen Hauptstadt startet Shan sowohl im Einzel als auch im Doppel mit der 18-Jährigen Annett Kaufmann, die zuletzt bei den Olympischen Spielen in Paris mit sensationellen Leistungen auf sich aufmerksam gemacht hatte. Was am Ende drin ist, würde immer stark von der Auslosung abhängen, berichtet Shan. "Meine ist dieses Jahr eigentlich ganz okay."
Die europäische Krone fest im Blick
Noch viel mehr fiebert sie allerdings dem entgegen, was nach der WM kommt. Am 5. und 12. Juni geht es mit dem TTC Eastside in die Champions-League-Finalmatches gegen den französischen Klub Metz TT. Viermal führte Shan die Berliner bereits auf den europäischen Thron.
"Wenn ich Einzelturniere spiele, mache ich das für mich selber. Wenn ich da gewinne, ist das super, wenn ich verliere, ist es auch irgendwie okay. Aber die Spiele mit dem TTC Eastside sind besonders. Wenn ich für Berlin spiele, ist das meine Mannschaft und ich will unbedingt gewinnen", sagt sie.
"Die Chancen liegen vielleicht 52:48 Prozent für uns. Das wird eine knappe Kiste, die so oder so ausgehen kann", sagt Vereinspräsident Teichmann. Zumal auch noch nicht klar ist, ob die verletzte Teamkollegin Mittelham rechtzeitig wieder fit wird.
Die Reise geht weiter
Der Titel in der Champions League hätte nicht nur große Bedeutung für den TTC, der diesen zuletzt 2021 holte, sondern auch für Shan selbst, so Teichmann. Schließlich würde es Öffentlichkeit im Tischtennis nur dann geben, wenn man Medaillen bei Europameisterschaften, Weltmeisterschaften oder in der Champions League gewinnt.

Genau diese Anerkennung hätte Shan seiner Meinung nach verdient. "Sie ist eine Sportlerin die voll im Medieninteresse stehen würde, wenn sie in einer populären Sportart unterwegs wäre. Das ist schon jemand Besonders", sagt er.
Die erfolgreiche Karriere der Ausnahmespielerin wird aber auch nach der WM und nach dem Champions-League-Finale weitergehen - egal wie die Spiele ausgehen. Trotz der körperlichen und familiären Herausforderungen, gehört Shan weiter zur Spitze. Wie lange das noch geht, will sie nicht vorhersagen.
Zumindest ein wenig kürzer tritt sie aber bereits und steht für den TTC nicht mehr in der Bundesliga an der Platte. Doch für sie ist klar: "Wenn ich zurück auf mein altes Niveau komme, würde ich gerne noch ein paar Jahre spielen."