Herthas Ibrahim Maza beim Torjubel | Bild: IMAGO/Contrast

Interview | Ibrahim Maza Ibrahim Maza im Interview: "Ich kann noch gar nicht richtig realisieren, dass das meine letzten Tage bei Hertha sind"

Stand: 14.05.2025 19:21 Uhr

Hertha BSC muss Ibrahim Maza im Sommer ziehen lassen. Im Interview spricht das Top-Talent über die prägende Zeit in Berlin, den Wechsel zu Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer Leverkusen und sein vorerst letztes Spiel für Hertha.

rbb|24: Ibrahim Maza, im Alter von zehn Jahren sind Sie zu Hertha BSC gewechselt. Inzwischen sind Sie 19 Jahre alt und in wenigen Wochen steht der Wechsel zum Vizemeister und Champions-League-Teilnehmer Bayer 04 Leverkusen bevor. Was geht Ihnen in diesen Tagen durch den Kopf?
 
Ibrahim Maza: Ehrlich gesagt kann ich noch gar nicht richtig realisieren, dass das meine letzten Tage hier sind und dass das am Sonntag gegen Hannover erstmal mein letztes Spiel für Hertha ist – wenn auch hoffentlich nicht für immer. Es ist verrückt. Man kennt hier alles und jeden, die Menschen, die Kabinen, das Essen. Und jetzt wird alles neu: Stadt, Verein, Menschen.
 
Wovor haben Sie da den größten Respekt?
 
Das Level dort [in Leverkusen; Anm. d. Red.] wird bestimmt nochmal ein ganz anderes sein. Ich bin gespannt, ob ich da gut mithalten und mich weiterentwickeln kann. Ich möchte dort gut reinkommen und schnell eine Wohnung finden. Ohne Familie dort leben zu müssen, wird glaube ich auch erstmal eine Challenge.

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Es heißt, dass Leverkusen für Ihre Dienste rund zwölf Millionen Euro an Hertha BSC überweist. Geld, auf das Hertha dringend angewiesen ist. Wie ist es für Sie, als Teenager solch eine Summe zu hören?
 
Für diese Wertschätzung, dass sie denken, dass ich zwölf Millionen wert bin, bin ich sehr dankbar. Ich versuche mir ansonsten aber nicht zu sehr den Kopf zu zerbrechen. Ich will Fußball spielen und alles drumherum ausblenden.
 
In Leverkusen passiert gerade viel: Der Trainer Xabi Alonso wird den Verein am Saisonende verlassen. Florian Wirtz, einer ihrer Starspieler, wohl auch. Stehen Sie dazu mit Ihrem neuen Arbeitgeber in Kontakt oder müssen Sie sich selbst noch im Internet darüber informieren, wer Ihre neuen Teamkollegen sein werden?
 
Gerade noch im Internet. (lacht) Ich könnte bestimmt aber auch mal nachfragen. Wir sind in einem sehr guten Austausch.
 
Bevor wir zurück ins Hier und Jetzt kommen, lassen Sie uns einmal zurückschauen. Sie sind im Jahr 2005 in Berlin auf die Welt gekommen. Ihre Mutter stammt aus Vietnam, Ihr Vater aus Algerien. In jungen Jahren haben Sie bei den Reinickendorfer Füchsen mit dem Fußballspielen begonnen. Wie war Ihre Kindheit?
 
Ich habe wirklich früh mit dem Fußball angefangen, da war ich erst fünf Jahre alt. Die Füchse Berlin waren mein erster Verein – ich hatte meine Jungs da, mein Vater hatte da auch viele Freunde. Das war einfach Freizeit, man hatte Spiele und Turniere. Als ich zehn oder elf Jahre alt war, kam mein Vater nach dem Training zu mir und meinte: 'Ibo, ich hab eine schöne Nachricht für dich. Hertha BSC möchte dich zum Probetraining einladen.' Am Anfang wollte ich erstmal nicht, weil ich bei den Füchsen alle meine engsten Freunde um mich herumhatte. Mein Vater hat mich dann aber doch überredet, zum Probetraining zu gehen, und zum Glück hat es geklappt.

In jungen Jahren sind Sie dann auch auf die Sportschule im Olympiapark gekommen. Plötzlich ging es für Sie Richtung Leistungssport. Was hat Ihnen dieser Wechsel bedeutet?
 
Erst gar nicht so viel. In so einem jungen Alter war es meiner Familie wichtiger, dass ich in der Schule gut bin. Es gab auch Jahre, die etwas härter waren und wo ich nicht so viel gespielt habe. Meinen Eltern war wichtig, dass ich mich auf die Schule fokussiere, weil man nie weiß, was im Fußball passiert – man kann sich zum Beispiel verletzen. Später, ab der U17, habe ich mehr Spielzeit bekommen und es fing an, richtig ernst zu werden.
 
In der U16 wurden Sie von Pal Dardai trainiert, unter dem Sie Jahre später auch in der Bundesliga Ihre ersten Einsätze absolviert haben. Bei einem Spiel für die Profis wurden Sie von Dardai in der Halbzeit mal hart angegangen. Wie ist Ihr Verhältnis zu Dardai?
 
Normal. Er war mein Trainer und ich bin ihm sehr dankbar, dass er mir zu meinem Profidebüt gegen Bayern München verholfen hat. Emotionen während des Spiels gehören auf dem Platz dazu.
 
Hertha hat sich in der jüngeren Vergangenheit bewusst dazu entschieden, den "Berliner Weg" einzuschlagen und vermehrt auf Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen. Sie sollten dabei vorneweg gehen. Hat das für Sie etwas verändert?
 
Bestimmt. Das war eine größere Wertschätzung und für mich optimal. Ich durfte bei den Profis mittrainieren und hab meine Einsatzzeiten bekommen.

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Im vergangenen Sommer ging es richtig durch die Decke: Sie haben Abitur gemacht, einen neuen Vertrag bei Hertha unterschrieben und die Rückennummer 10 bekommen. Ein klares Zeichen von Hertha, mit Ihnen als Spielmacher in die neue Saison zu gehen. Auch schon zu diesem Zeitpunkt wurden Sie von anderen, höherklassigen Vereinen umworben. Warum sind Sie bei Hertha geblieben?
 
Benny Weber [Herthas Sportdirektor; Anm. d. Red.] und "Zecke" [Herthas ehemaliger Direktor Akademie & Lizenzspielerbereich; Anm. d. Red.] waren Riesen-Faktoren bei dieser Entscheidung. Ich kenne sie, seitdem ich sehr klein bin. Ich kann mich noch an ein Turnier erinnern, als wir mit der U12 in Tokio waren. Da war Benny Weber auch dabei. Sie haben mich überzeugt, weiter für meinen Heimatverein zu spielen. Die Perspektive war, viel Spielzeit zu bekommen, mich weiterzuentwickeln und mit Hertha um den Aufstieg zu spielen. Die Fans waren natürlich auch ein Faktor.
 
Sie wirken sehr locker. Wie leicht fällt es Ihnen wirklich, sich nur auf den Fußball zu konzentrieren? Gerade wenn man weiß, dass Top-Klubs Schlange stehen und einen gerne verpflichten würden.
 
Man versucht es auszublenden und einfach auf dem Platz sein Bestes zu geben. Alles andere kommt dann im besten Fall von alleine. Mein Vater und mein Berater nehmen mir alles ab, sodass ich mich auf den Fußball fokussieren kann.
 
Man merkt Ihnen an, wie wichtig Ihnen der Hertha BSC ist. In dieser Saison hätte der Verein – Sie haben es auch schon angesprochen – gerne um den Aufstieg mitgespielt. Die Ergebnisse sahen lange Zeit aber ganz anders aus. Im Spiel gegen Kaiserslautern gab es auch mal eine Szene, als Sie weinend mit einem Handtuch über dem Kopf auf der Bank saßen. Wie sehr haben Sie in dieser Saison gelitten?
 
Wir alle haben extrem gelitten: die Mannschaft, die Fans, der Verein. Wir haben nicht die Ziele erreicht, die wir uns vorgenommen haben. Leider gab es eine Downphase, die wir zum Glück jetzt in den Griff bekommen haben. Ab Sommer hat die Mannschaft dann hoffentlich einen Neustart.
 
Für Sie geht es im Sommer beim Vizemeister Bayer Leverkusen weiter. Mit welchen Zielen wechseln Sie zum Champions-League-Teilnehmer?
 
Ich will immer alles geben und versuchen, mich dort so gut wie möglich weiterzuentwickeln. Ich hoffe einfach, dass ich dort gut aufgenommen werde und das Beste für den Verein geben kann.

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Was braucht Hertha BSC, um in der kommenden Saison oben mitzuspielen und vielleicht sogar aufzusteigen?
 
Teamarbeit, das Vertrauen und den Glauben an sich selbst und den Support von den Fans. Dann wird das hoffentlich etwas.
 
Am Sonntag (15:30 Uhr) steht Ihr vorerst letztes Spiel für Hertha BSC an. Im Olympiastadion geht es zum Saisonabschluss gegen Hannover 96. Wie wird das, was glauben Sie?
 
Hart und emotional. Meine Familie wird auch im Stadion sein. Und es ist ja auch der Ex-Verein unseres Coaches [Stefan Leitl, der die Niedersachsen bis Dezember 2024 trainierte; Anm. d. Red.]. Wir wollen die Saison mit einem Sieg abschließen.
 
Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Dennis Wiese.

Sendung: DER TAG in Berlin & Brandenburg, 14.05.2025, 18 Uhr