
Chancenlos gegen Ulm Fünf Gründe für das frühe Playoff-Aus von Alba Berlin
Nach drei Niederlagen in drei Spielen ist es vorbei. Alba Berlin ist im Playoff-Viertelfinale gegen Ulm ausgeschieden. Damit findet eine desaströse Saison ihren – irgendwie passenden – Abschluss. Von Antonia Hennigs
Die frustrierende Realität ist: Alba Berlin gehört nicht mehr zur deutschen Basketball-Spitze. Im Duell mit den Top-Teams der Basketball-Bundesliga sind die Berliner kaum konkurrenzfähig. Auch in der EuroLeague war die Mannschaft von Trainer Pedro Calles, der unter der Saison den erfolglosen Israel González ablöste, größtenteils chancenlos.
Als Alba – über den Umweg der Play-Ins – in die Playoffs einzog, bestand die Hoffnung auf einen versöhnlichen Saisonabschluss. Gute Leistungen gegen Ulm und ein Weiterkommen hätten die verkorkste Saison wieder gutmachen können. Aber es ist ja immer so eine Sache mit der Hoffnung. Sie kann so schnell wieder verpuffen, wie sie aufgetaucht ist. Beim 0:3 in der Best-of-Five-Serie bekleckerte Alba sich dann nicht gerade mit Ruhm. Nun ist die Saison beendet und die Enttäuschung groß. Aber wie konnte es dazu kommen?

1. Spielertypen und Rollenverteilung
Es zog sich durch die gesamte Saison ohne eine Lösung: Die Mannschaft war weder gut zusammen- noch gut aufeinander eingestellt. Die verschiedenen Spielertypen harmonierten nicht. Ein vor diesem Hintergrund dringend benötigtes Konzept war selten erkennbar. Selbst in den Spielen gegen Ulm wirkte es, als würde Coach Calles noch experimentieren. Welche Konstellation passt in welcher Situation? Die Rollenverteilung blieb bis zum Schluss unklar.
Vor allem aber fehlte ein Spielertyp: Der Leistungsträger, der alles an sich reißen kann, wenn der Rest durchhängt, der im Eins gegen Eins etwas kreieren kann, der Verantwortung übernehmen kann. Der klassische Unterschiedspieler eben. Martin Hermannsson sollte diese Rolle wohl einnehmen, aber der Plan ging nicht auf. Dem Kader fehlte es an Tiefe und an einem Ausreißer nach oben. Keine gute Kombination.
2. Fehlende Konstanz
Alba war eine Wundertüte. Im Laufe der Saison war nie abzusehen: Erwischt die Mannschaft einen guten oder schlechten Tag? Sinnbildlich dafür stand auch das letzte Playoff-Spiel gegen Ulm am Samstagabend. Die Albatrosse zeigten sich im dritten Viertel von ihrer besten Seite, spielten mutig auf und punkteten. Im vierten Viertel folgte der Einbruch – und das Spiel ging verloren. Klar ist: Es gab gute Impulse und Anknüpfungspunkte im Spiel der Berliner, aber darauf aufzubauen, gelang dem Trainerstab nicht.
Apropos Trainer (und Konstanz): Im März musste der langjährige Head Coach Israel Gonzalez den Verein verlassen. Die richtige Entscheidung, da die Saison bereits den Bach hinunterging, aber sie kam zu spät. Pedro Calles, der erst Anfang des Jahres als Assistenztrainer nach Berlin kam, übernahm und brachte mehr Ordnung rein.
Point Guard Hermannsson sagte damals: "Pedro hat festgelegt, welche Spieler in welchen Situationen den Ball bekommen sollen und wer in der Defense welche Aufgaben hat." Eine überfällige Maßnahme, die aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt fruchtete. Mit Calles an der Seitenlinie fand zwar ein Aufwärtstrend in den letzten zwei Monaten statt, aber gegen Ulm wurde spätestens klar: Solche Teams spielen momentan auf einem anderen Niveau.

3. Der Kopf
Achtung, bahnbrechende Sport-Weisheit: Verliert eine Mannschaft mehr Spiele als sie gewinnt, wird sie unsicher. Vor allem, wenn die knappen Partien nicht zu eigenen Gunsten ausgehen. Das Selbstverständnis geht gleich mit verloren.
Ob im Laufe der Bundesliga-Hauptrunde, in der EuroLeague oder in den Playoffs: Alba verlor in den entscheidenden Momenten stets die Nerven. Der berühmte Kopf meldete sich, alles wirkte auf einmal verkrampft. Am deutlichsten wurde das durch die immer wiederkehrenden Ballverluste und Fehlpässe. Den Spielern war Stress und Überforderung anzumerken, die einfachsten Dinge funktionierten nicht mehr.
Sportdirektor Himar Ojeda bestätigte das auch nach dem Playoff-Aus am Samstagabend: "Am Ende kam der mentale Aspekt wieder zum Vorschein, den wir die ganze Saison über hatten. Auch, wenn wir mit zwanzig Punkten führen, fühlen wir immer noch die Angst, verlieren zu können."
Am Ende kam der mentale Aspekt wieder zum Vorschein, den wir die ganze Saison über hatten. Auch, wenn wir mit zwanzig Punkten führen, fühlen wir immer noch die Angst, verlieren zu können.
4. Wo ist der Nachwuchs?
Als Sportdirektor leitet Ojeda seit neun Jahren die Geschicke bei Alba Berlin und war über Jahre bekannt für sein goldenes Händchen in der Kader-Zusammenstellung. Seine Arbeit war die Grundlage für titelreiche Jahre. Die Liste der Spieler, die seinem Ruf nach Berlin folgten und bei Alba zu Top-Spielern reiften, ist lang.
Nun scheint es, als sei dem 52-Jährigen dieses goldene Händchen abhanden gekommen. Gerade bei der Nachwuchsarbeit hat Alba massiv nachgelassen. Berlin war lange ein beliebtes Sprungbrett - Spieler und Verein profitierten gleichermaßen davon. Aber eben diese Spieler entscheiden sich mittlerweile nicht mehr für Alba. Stattdessen gehen sie zu Vereinen wie Ulm. Damit Alba der nötige Umbruch gelingt, sollte Ojeda sein Händchen auf dem Spielermarkt wieder finden.

Alba-Sportidrektor Himar Ojeda nach dem Playoff-Aus gegen Ulm
5. Ratiopharm Ulm
Ehre, wem Ehre gebührt. Bei all der Kritik und den Baustellen, die Alba angehen muss, soll eines nicht untergehen: Playoff-Viertelfinal-Gegner Ulm spielt eine bärenstarke Saison. Die Mannschaft von Trainer Ty Harrelson kann vieles, was Alba in den letzten Monaten nie erreicht hat. Sie zeigte sich perfekt eingespielt, konnte die umkämpften Partien für sich entscheiden und strahlte durchweg Sicherheit aus. Ulm war in jedem der drei Viertelfinal-Spiele konsequenter und in allen Belangen besser.
Sollten die Ulmer diese Form halten, können sie auch den FC Bayern München (in einem möglichen Finale) schlagen - und Meister werden.
Sendung: rbb24, 24.05.2025, 22:15