Gabriele Seyfert

Eiskunstlauf "Künstlerin auf dem Eis": Gaby Seyfert wird 75 Jahre alt

Stand: 23.11.2023 07:45 Uhr

Sie stand als erste Frau den dreifachen Rittberger und dominierte ihren Sport. Die erste Eiskunst-Weltmeisterin der DDR hat Geburtstag, der jedoch vom Tod ihrer Mutter getrübt ist. Jutta Müller, die auch ihre Trainerin war, verstarb vor drei Wochen.

Der Tod der Mutter rückt die Freude über das eigene Jubiläum in den Hintergrund. Gabriele "Gaby" Seyfert, erste Weltmeisterin im Eiskunstlaufen für die DDR, feiert am 23. November ihren 75. Geburtstag - 21 Tage nach dem Tod von Jutta Müller, die ihre Tochter zur dominanten Läuferin der 60er Jahre formte.

Seyfert erwärmte das Eis

"Mir hat es immer Spaß gemacht, auch wenn man weiß, jeden Tag um sieben Uhr auf dem kalten Eis zu stehen. Dann hat Mutti sagen müssen: 'Tut mir leid, das gehört dazu.'", sagte die gebürtige Chemnitzerin über Ihre Mutter, die im Dezember ihren 95. Geburtstag gefeiert hätte.

Gaby Seyfert

Gaby Seyfert (mi.) ist eine der erfolgreichsten Eiskunstläuferinnen der Geschichte. 1998 posierte sie mit Kati Witt (li.) und Anett Rauschenbach-Pötzsch.

Der kalte Untergrund wurde aber schnell durch Titel erwärmt. 1961 wurde Seyfert erstmals DDR-Meisterin und gab diese Position bis 1970 nicht mehr ab. 1966 wurde sie Vize-Weltmeisterin und gewann auch Silber bei den Europameisterschaften, ein Jahr später folgte die erste EM-Goldmedaille. 

Olympiazweite 1968, Weltmeisterin '69 und '70

Mit dem Rücktritt der Amerikanerin Peggy Flemmings nach dem Olympiasieg 1968 in Grenoble begann für Seyfert die Zeit des Triumphs: Der erste gestandene dreifache Rittberger einer Frau gelang ihr 1968, es folgten WM- und EM-Gold 1969 und 1970. "Ihr Eislaufen unterschied sich von dem der anderen Sportler durch Emotionalität, Dynamik und das Wichtigste durch ihren Charme und ihr Charisma, was sie auszeichnet", sagte der damalige russische Eistänzer Alexander Gorschkow.

Müller über ihre Tochter: "Sie hat den Sport populär gemacht"

Durch die Titelsammlung stieg die für den SC Karl-Marx-Stadt startende Athletin auch in der DDR zum Star auf. "Gaby ist es als erste gelungen, diese Sportart auch in unserem Lande so populär zu machen, dass wir unheimliche Mengen an Zuspruch von Kindern hatten", freute sich ihre Mutter einmal. Doch die Freude währte nicht lange und führte auch zu ersten Meinungsverschiedenheiten zwischen Mutter und Tochter. 

Trainerin Jutta Müller (li., SC Karl-Marx-Stadt) mit ihrer Tochter und ehemaligem Schützling Gabriele Seyfert (re., DDR) und ihrem Enkel

Das Verhältnis zwischen Jutta Müller (li.) und ihrer Tochter Gaby Seyfert (re.) war kein einfaches.

Als Favoritin auf Olympiagold 1972 in Sapporo trat Seyfert 1970 aus Liebe zum ehemaligen DDR-Eistanzmeister Eberhard Rüger zurück. "Da waren einige Unstimmigkeiten zwischen der Mutti und mir. Da ist sie streng geblieben. Wenn ich mich entscheiden muss zwischen der Liebe und einer Goldmedaille bei den Spielen 1972, dann entscheide ich mich für die Liebe", sagte Seyfert, der zudem von der DDR verboten wurde, bei einer internationalen Eisrevue zu starten. 1972 heiratete Seyfert den Angehimmelten. Zwei Jahre später erblickte Tochter Sheila das Licht der Welt.

Zerwürfnis über Anett Pötzsch

Zu einem weiteren Bruch kam es, als Seyfert in die Trainer-Branche wechselte und mit Anett Pötzsch 1971 ein hoffnungsvolles Talent unter ihren Fittichen hatte. Zwei Jahre später wechselte Pötzsch zu Mutter Jutta. "Das war ein großer Bruch. Wir haben uns über eine lange Zeit nicht mehr privat unterhalten. Ich wollte ja auch als Trainerin Erfolg haben. Deshalb war ich sehr geschockt, als man mir die Anett weggenommen hat", sagte Seyfert. Für die spätere Olympiasiegerin von 1980 in Lake Placid war Seyfert zwar Vorbild, "aber für mich war Frau Müller die Trainerin."

Jutta Müllers Erfolge "sprechen für sich"

Die Beziehung zur Mutter stabilisierte sich wieder. Als die Mutter immer mehr Pflege benötigte, holte die inzwischen in Berlin lebende und zum dritten Mal verheiratete DDR-Rekordmeisterin ihre Mutter und Trainerin ebenfalls in die Hauptstadt, um ihr nahe zu sein. Das Andenken an ihre Mutter sowie ihre eigene Dominanz auf dem Eis verkörpert Tochter Gaby laut dem ehemaligen Preisrichter Reinhard Mirmseker auf ewig: "Sie war am Ende eine Künstlerin auf dem Eis."

dpa