v.li.: Baris Atik (FCM, 23), Ahmet Engin (Duisburg, 9), Kopfball

Alzheimer Fußball-Profis haben höheres Demenz-Risiko – außer dem Torwart

Stand: 17.03.2023 14:57 Uhr

Männliche Profifußballer haben laut einer schwedischen Studie ein rund anderthalbmal so hohes Risiko für Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen wie der Durchschnitt der Bevölkerung.

Sind die Kopfbälle schuld? Vermutlich, sagen schwedische Forscher. Sie hatten Gesundheitsdaten von gut 6.000 Spielern aus der schwedischen Top-Liga der vergangenen Jahrzehnte ausgewertet und mit denen einer großen Vergleichsgruppe aus der Normalbevölkerung verglichen. Von den Top-Spielern, die zwischen 1924 und 2019 in der höchsten Liga spielten, entwickelten demnach neun Prozent im Verlauf ihres bisherigen Lebens neurodegenerative Krankheiten und damit eineinhalb Mal so viele wie in der Vergleichsgruppe, wo es sechs Prozent waren. Dieses erhöhte Risiko konnte dabei nur für Feldspieler festgestellt werden, bei Torwarten war das Risiko nur leicht erhöht.

"Im Gegensatz zu Feldspielern köpfen Torhüter den Ball nur selten, sind aber während ihrer Fußballkarriere und vielleicht auch danach ähnlichen Umgebungen und Lebensgewohnheiten ausgesetzt", erklärte Peter Ueda vom Karolinska Institutet in Solna/Schweden, der an der Stduie beteiligt war. Angenommen werde, dass wiederholte leichte Hirnverletzungen, wie sie durch das Köpfen des Balls verursacht werden können, die Ursache für das erhöhte Risiko von Fußballspielern sind. Diese Hypothese werde durch den nun festgestellten Unterschied zwischen Feldspielern und Torwarten gestützt.

Im Gegensatz zu Feldspielern köpfen Torhüter den Ball nur selten. Peter Ueda, Karolinska Institutet |

Bei Parkinson schneiden Fußballer besser ab

Es ist nicht die erste Studie, die einen Zusammenhang zwischen Fußball und Demenz findet. Bereits 2020 gab es eine Untersuchung aus Schottland, die ehemaligen Fußballspielern ein dreieinhalb Mal höheres Risiko bescheinigt hatte, an Demenz oder Parkinson zu erkranken. Letzteres konnte die neue Untersuchung nicht bestätigen. Im Gegenteil. Das Risiko der Fußballprofis, an Parkinson zu erkranken, war sogar geringer. Bei anderen Erkrankungen des motorischen Nervensystems wie ALS gab es keinen Unterschied zum Rest der Bevölkerung.

"Körperliche Aktivität wird mit einem niedrigen Risiko für Demenz in Verbindung gebracht. Man könnte also vermuten, dass die potenziellen Risiken von Kopfstößen durch eine gute körperliche Fitness etwas ausgeglichen werden", erklärte einer der federführenden Autoren der Studie am schwedischen Karolinska Institutet, Björn Pasternak. Dies könne auch den Befund bei Parkinson erklären.

Kopfbälle - gefährlich oder unverzichtbar im Fußball?

Bisher nur Männer untersucht

Wie praktisch alle Studien unterliegt auch diese gewissen Einschränkungen. Die Tatsache, dass nicht alle der untersuchten Spieler Profis waren, gehört vermutlich nicht dazu. Denn auch in Deutschland hatten in den ersten Jahren der Bundesliga viele Spieler noch einen "richtigen" Beruf. Aber seither hat sich im Fußball vieles verändert, so die Autoren. Die Ausrüstung, die Bälle, das Training, die Änderungen hin zu einem Spielstil, der mit weniger Kopfverletzungen einhergeht. Andererseits könnte das Risiko bei Fußballern höher sein, die heute schon in jungen Jahren intensiver trainieren und spielen. Und für Frauen trifft die Studie gar keine Aussagen, denn sie befasste sich nur mit männlichen Fußballern.

Thema wird auch in Deutschland diskutiert

Auch in Deutschland ist der richtige Umgang mit Kopfbällen insbesondere bei der Ausbildung junger Spieler ein vieldiskutiertes Thema. Vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) heißt es unter anderem, dass bei Kopfbällen auf ein Schwerpunkttraining mit vielen Wiederholungen verzichtet werden solle. Zudem werde auf leichte Bälle beim Training und angepasste Spielformen gesetzt. Gänzlich verzichten wolle man auf Kopfbälle beim Jugendtraining nicht, da bei Spielen nach wie vor geköpft werde.

Links/Studien

Die Studie "Neurodegenerative Erkrankung bei männlichen Elite-Fußballspielern in Schweden: eine Kohortenstudie" ist in The Lancet Public Health erschienen.

dpa/pm/gp