Stadion Millerntor des FC St. Pauli bei Flutlicht

Bundesliga und Energiekrise Rasenheizung runterfahren, Flutlicht ausschalten

Stand: 27.07.2022 15:21 Uhr

Die Energiekrise hat längst auch die Fußball-Bundesliga eingeholt. Die Klubs beschäftigen sich mit Einsparpotenzialen, auch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) will das Thema Nachhaltigkeit vorantreiben.

Von Jens Mickler

Rasenheizung herunterfahren, Flutlicht ausschalten, VIP-Räume kühlen - es sind Fragen wie diese, die die Fußball-Profiklubs in Zeiten der weltweiten Energiekrise mehr denn je beschäftigen. Beispiel Zweitligist SC Paderborn: Die Ostwestfalen haben ein Gutachten in Auftrag gegeben, wie sie ihre Rasenheizung effizienter und kostengünstiger betreiben können.

"Wir wollen wissen, ob es möglich ist, die Rasenheizung nur in Teilbereichen laufen zu lassen, nämlich dort, wo es schattige Flächen gibt und die Sonne nicht hinkommt", sagte Martin Hornberger, SCP-Geschäftsführer, der Sportschau. Immerhin 2.000 Euro zahlt der Klub bei winterlichen Temperaturen pro Heimspiel für die Heizung, um den Frost zu bezwingen und überhaupt spielen zu können. Noch 2.000 Euro, denn auch dieser Kostenfaktor dürfte bald deutlich höher ausfallen.

Flutlicht für bessere TV-Bilder

Beim Stadion-Flutlicht sieht Martin Hornberger ebenfalls Einsparpotenziale. Zumindest stellt der Paderborner die Vorgabe der Deutschen Fußball-Liga DFL in Frage, ob an Spieltagen bei bestem Sonnenwetter die Lichtanlage im Stadion angeschmissen werden müsse, nur um bessere TV-Bilder zu produzieren.

Es gebe im Bereich Energie jedenfalls "Riesenmöglichkeiten nachzujustieren", meint Hornberger und nennt zudem Überlegungen seines Klubs in Sachen Mobilität. So will der SC Paderborn künftig günstigere Busfahrten zum Stadion in Kombination mit den Eintrittstickets anbieten.

Martin Hornberger, Geschäftsführer des SC Paderborn

Martin Hornberger, Geschäftsführer des SC Paderborn

Borussia Mönchengladbach dreht Heizung runter

Andernorts ist man ebenfalls bereits tätig geworden. So hat Borussia Mönchengladbach die Temperatur für beheizte Räume seit Beginn des russischen Angriffskriegs um zwei Grad gesenkt, teilte der Bundesligist der "Rheinischen Post" mit. Sechs Prozent Energiekosten könnten somit eingespart werden.

Ähnlich handelte Zweitligist Fortuna Düsseldorf. Der Betreiber der Düsseldorfer Arena hat in Abstimmung mit dem Verein beschlossen, dass die Temperatur etwa in den VIP-Logen um zwei Grad gesenkt wird. "Die Promenadenflächen werden zukünftig auch bei kaltem Wetter nicht mehr mit beheizt", sagte der Betreiber gegenüber der "RP".

Auch Werder Bremen wurde tätig. So wurde die Vorlauftemperatur der Heizungsanlage gesenkt und kleinere Maßnahmen umgesetzt. Die Kühlung im Bereich der Gastronomie wurde reduziert, also beispielsweise Kühlschränke für Getränke zwischen den Spieltagen abgeschaltet. In diesem Sommer wurden zudem die Klimageräte im Weserstadion nicht in Betrieb genommen.

Andreas Rettig: Spielplan umstellen

Einen wesentlichen Beitrag des Profifußballs beim Energiesparen hatte kürzlich der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig gefordert. Für Rettig sei unverständlich, "dass im Winter die Rasenheizung und das Flutlicht volle Pulle laufen." Laut Rettig verbraucht eine Rasenheizung ölbetrieben rund 2.000 Liter Heizöl am Tag. "Das ist ungefähr soviel wie ein Einfamilienhaus im ganzen Jahr", so Rettig. Sein Vorschlag: Die Umstellung des Spielplans auf das Kalenderjahr, beispielsweise von März bis Dezember, um die energieteuren Monate auszulassen.

Andreas Rettig (damals Sportchef St.Pauli; jetzt Viktoria Köln) beim Spiel SV Darmstadt gegen FC St. Pauli

Andreas Rettig, ehemaliger Geschäftsführer der DFL.

So weit geht die DFL noch nicht, aber sie hat bereits reagiert. Vor zwei Wochen ging ein Fragebogen an alle Klubs, mit dem der Ligaverband alle Daten und Fakten der 36 Vereine in Liga 1 und 2 zum Thema Energie zusammenstellen will. Bei der nächsten Mitgliderversammlung im August sollen die Ergebnisse präsentiert werden.

DFL mit Nachhaltigkeitsgremium

Einen weiteren Vorstoß gibt es seit Dienstag (26.07.2022). Am Rande des eigenen Nachhaltigkeitsforums in Berlin teilte der Ligaverband mit, dass er seine Gremien um eine Kommission für Nachhaltigkeit erweitern wird. So sollen sich die Vertreter aus den Klubs der Bundesliga und 2. Liga mit Themen aus den Bereichen ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit auseinandersetzen und der Debatte über den Profifußball als angeblicher Energiefresser den Wind aus den Segeln nehmen.

Eine Debatte, die laut DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke ohnehin zu Unrecht geführt werde. "Es geht immer plakativ um den Fußball, auch in der Corona-Zeit war es so. Fakt ist doch: Die Fußballklubs engagieren sich seit Jahren in Sachen Nachhaltigkeit, in Sachen Energiesparmaßnahmen, in Sachen erneuerbare Energien. Längst nicht nur, aber schon auch aus Eigeninteresse", sagte Watzke der dpa.