Sportschau-Expertin Nia Künzer

Das Fazit zur EM-Vorrunde Expertin Nia Künzer - "England schon fast zu gut"

Stand: 19.07.2022 15:11 Uhr

Die EM-Vorrunde ist vorbei und spannende Viertelfinalduelle stehen bevor - die Euro 2022 hat schon einige Geschichten geschrieben. Zeit für ein Zwischenfazit mit der Sportschau-Expertin. Nia Künzer über ...

... die Qualität beim Turnier:

"Ich habe sehr viel positives Feedback bekommen von Leuten, die sonst nicht so viel Fußball gucken. Die Spiele sind attraktiv und unterhaltsam. Besonders das deutsche Team begeistert die Menschen. Aber auch die vermeintlichen Außenseiter haben sich gut geschlagen. Unter den acht Teams, die es ins Viertelfinale geschafft haben, stehen vor allem die Favoriten. Aber die kleineren Nationen haben sich meist teuer verkauft."

... Gastgeber England:

"Es ist schon fast ein bisschen zu gut, wie die Engländerinnen durch das Turnier kommen. Ich finde es beeindruckend, wie das Team bisher spielt. Der Auftakt wirkte ja ein bisschen beschwerlich. Aber mittlerweile wissen wir, warum das so war: Österreich hat einfach eine sehr ordentliche Mannschaft.

Einen großen Anteil an Englands Erfolg hat Trainerin Sarina Wiegman. Sie hat das Team noch mal auf ein anderes Level gehoben. Dazu kommt, dass die meisten Spielerinnen in den vergangenen Jahren auch in der heimischen Liga auf höherem Niveau trainiert und gespielt haben. Man könnte jetzt sagen, dass erst mit Spanien im Viertelfinale der erste Kracher kommt. Aber ich denke, dass England auch dort bestehen wird."

... die Auftritte des deutschen Teams:

"Deutschland war ähnlich beeindruckend. Mit der Art und Weise, wie das Team gespielt hat, aber auch mit der Breite des Kaders, der physischen Qualität und der Flexibilität in der Spielweise: Hohes Pressing gegen Dänemark (4:0), das Überstehen von Drucksituationen gegen Spanien (2:0) und viel Ballbesitz gegen Finnland (3:0).

Das Team hat sich in den drei Monaten seit der Niederlage in Serbien in der WM-Quali enorm entwickelt. Die Spielerinnen haben sich selbst, aber auch der Öffentlichkeit gezeigt, was sie können. Zuletzt war ja schon der Eindruck entstanden, Deutschland gehöre nicht mehr zu den Top-Favoriten. Aber das haben sie richtiggestellt."

... die Überraschungen:

"Belgien - wer hat die schon für das Viertelfinale wirklich auf dem Zettel gehabt? Die Belgierinnen haben nicht überragend gespielt.

Aber sie haben ihre individuellen Fähigkeiten zusammengeworfen und sich das Weiterkommen durch große Disziplin auf jeden Fall verdient. Positiv überrascht hat mich auch Portugal, das als Nachrücker für die ausgeschlossenen Russinnen seine Chance genutzt hat, auf sich aufmerksam zu machen. Das letzte Spiel ging 0:5 verloren, aber es gab beim Turnier durchaus spielerisch tolle Momente.

Fußballspielerin Tine De Caigny aus Belgien jubelt über das Tor.

Die Belgierin Tine De Caigny bejubelt ihr Siegtor gegen Italien.

Negativ überrascht bin ich von Norwegen. Der Auftritt war wirklich enttäuschend. Aber auch von Italien hatte ich mehr erwartet - gerade in der Gruppe mit Island und Belgien. Und dann scheiden die Italienerinnen mit einem Pünktchen als Letzter aus."

... die Favoritenrolle:

"Aus dem Gefühl heraus würde ich sagen England, Deutschland, Schweden - bei Frankreich bin ich mir noch nicht so sicher. Aber das sind immer noch vier Teams. Das Duell mit den Niederlanden wird für Frankreich brutal. Auch das Duell England gegen Spanien ist ein dicker Brocken - aber ich traue es den Spanierinnen nicht zu, genügend Tore zu machen, um das Spiel zu gewinnen. Und Deutschland? In einem K.o.-Spiel gegen Österreich kann alles passieren. Österreich hat seine Stärken schon gezeigt."

Aufgezeichnet von Florian Neuhauss

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 15.07.2022 | 20:15 Uhr