Fußball | Bundesliga Gladbach jubelt, Bayern schimpft - und ist am Ende selbst schuld

Stand: 08.01.2022 11:38 Uhr

Der FC Bayern verliert gegen Borussia Mönchengladbach, weil er in entscheidenden Momenten zu spät ist. Das gilt auch für die Klagen über fehlende Fairness und die Spielordnung der Fußball-Bundesliga.

Der Schnee bedeckte die Planen in der nahezu leeren Arena. Manche Schriftzüge von Sponsoren wurden freigeschaufelt, das Vereinslogo des FC Bayern blieb bedeckt, genau wie das Vereinsmotto. Das "Mia san mia" schimmerte trotzdem durch.

Nach dem Spiel, das mit 1:2 gegen Borussia Möchengladbach verloren worden war, klang das Motto auch bei Thomas Müller durch. "Ob es fair ist, dass eindeutig verletzte Spieler zu einer Liste von einsatzfähigen Spielern gehören, würde ich bezweifeln. Das muss die Liga wissen", sagte der Offensivspieler bei "Dazn".

Wir hier san mia, ihr da seid die Liga - so hatte sich das auch schon beim Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn angehört, der noch vor dem Anpfiff anregte, "sich die Regularien noch einmal anzuschauen und zu überarbeiten".

Auf "spielberechtigt" kommt es an

Stein des Anstoßes in beiden Fällen war die Spielordnung der Deutschen Fußball Liga. Die sieht vor, dass eine Mannschaft antreten muss, wenn "mehr als 15 spielberechtigte Lizenzspieler und/oder in der Lizenzmannschaft spielberechtigte Amateure/Vertragsspieler zur Verfügung stehen", darunter ein Torwart. Wichtig ist das Adjektiv "spielberechtigt". Denn dazu zählen auch verletzte Spieler, im aktuellen Fall etwa Leon Goretzka.  

"Es gibt Regularien von der DFL, und diese Regularien, die nehmen wir an, die akzeptieren wir für den heutigen Tag. Ich glaube nur, dass die Regularien in einer Zeit gemacht worden sind, in der es Corona noch nicht gegeben hat", klagte Kahn bei "Dazn", und diese Aussage lohnt sich, näher angesehen zu werden.

Zunächst gilt, dass die Bayern nicht nur "mia", sondern auch Teil der Liga sind, denn die DFL ist der Zusammenschluss aus den 36 Klubs der Bundesliga und 2. Liga.

Änderungen und Anpassungen wegen Corona

Der Dachverband traf sich in den vergangenen Monaten während der Pandemie vielmals zu ordentlichen und außerordentlichen Mitgliederversammlungen. Auf einer dieser Versammlungen etwa wurde beschlossen, dass es 15 statt nur 13 spielberechtigter Profis/Amateure/Vertragsspieler sein müssen.

Die in der aktuellen Fassung seit Mitte Juli 2021 gültige Spielordnung wurde schon zuvor dahingehend geändert, weil sich die Zahl der möglichen Auswechslungen von drei auf fünf erhöhte.

Das war eine Anpassung für die außergewöhnlichen Umstände in der Pandemie, genau wie eine Änderung der Lizenzierungsordnung, genau wie die Aufnahme des medizinisch-hygienischen Konzepts, genau wie die Aufnahme des Wortes "Quarantäne" in die Regularien.

Chance auf Änderungsanträge verpasst

In ihren Mitteilungen verzichtet die DFL darauf, über Anwesenheit und Abstimmungsverhalten der einzelnen Klubs zu berichten. Es ist allerdings nichts darüber bekannt, dass der FC Bayern sich gegen die aktuelle Spielordnung wehrte oder Änderungen anregte.

Noch für die Mitgliederversammlung am 14. Dezember 2021 hätte die Gelegenheit bestanden, Anträge zu stellen. Etwa den sinnvoll klingenden, dass "sporttypisch verletzte Spieler" mit dem Attest eines neutralen Arztes als nicht spielberechtigt gelten.

Die fünfte Coronawelle, angetrieben durch die Omikronvariante, war zum Zeitpunkt der Versammung von renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern schon längst prognostiziert worden.

"Und trotzdem war mehr drin"

Neun Profis fehlten den Münchnern gegen Mönchengladbach wegen einer Infektion, andere wegen Verletzungen und Abstellungen für den Afrika-Cup, darunter so wichtige Spieler wie Torwart Manuel Neuer, Leroy Sané und Kingsley Coman.

Joshua Kimmich war nach langer Pause erstmals wieder im Einsatz, genau wie Marcel Sabitzer, der zudem am linken Ende der Viererkette auf ihm fremder Position verteidigte. "Und trotzdem war mehr drin", sagte Müller, womit er zweifelsfrei richtig lag.

Bis zum Ausgleichstreffer durch Florian Neuhaus in der 27. Minute bestimmten die Münchner das Spiel klar. "Das 1:1 ist natürlich völliger Wahnsinn. Ich weiß nicht, wieso wir das so verteidigen. Unfassbar schlechte Flanke eigentlich, die wir recht simpel klären können", zählte Trainer Julian Nagelsmann seinen Innenverteidiger Niklas Süle an, ohne dessen Namen zu nennen. Der Nationalspieler bekam sein Bein zu schwerfällig und spät hoch.

Vier Minuten später kam Benjamin Pavard im Kopfballduell gegen den Torschützen Stefan Lainer zu spät, Sven Ulreich zeigte, dass es doch einen erheblichen Unterschied ausmacht, ob er im Tor steht oder Neuer, der auf den Malediven in der Isolation sitzt.

Keine himmelschreiende Ungerechtigkeit

Chancen zum Ausgleich boten sich den Bayern in der zweiten Halbzeit genug. Allerdings ließen sie auch einige vielversprechende Konter und Möglichkeiten der Gladbacher zu, sodass deren Sieg keine himmelschreiende Ungerechtigkeit war.

Dass überhaupt gespielt wurde, war es erst recht nicht. Es war nur die Einhaltung von Regularien, bei denen der FC Bayern mitbestimmen darf.