ARD-Moderator Frank Busemann
analyse

European Championships Busemanns EM-Orakel - die Wurfwettbewerbe

Stand: 09.08.2022 15:35 Uhr

Titelverteidiger, Hoffnungsträger und solche, die es noch werden möchten - die Wurf-EM-Vorschau von ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann.

Von Frank Busemann

Kugelstoß: Mit Puffer in die Quali

Deutschlands Jahresbester und Eugene-Starter Simon Bayer will die Wachablösung von David Storl weiter voranschreiten lassen und vielleicht mit Saisonbestleistung ins Finale kommen. Vielleicht muss der Europameister sogar 22 Meter auf der Pfanne haben, da es sich kurz vor dieser Marke gehörig drubbelt.

Bei den Frauen wollen unsere Starterinnen das Trauma von Eugene überwinden. Mit Ruhe und guter Technik winkt sogar der Einzug in den Endkampf.

Julia Ritter wird in Eugene auch eine Menge Gelerntes mit nach München nehmen. Sie, Sara Gambetta und Katharina Maisch haben hier nicht so einen Druck, weil sie mit Puffer in die Quali gehen. Selbst mit einem mittelmäßigen Versuch kommen sie weiter. Das haben sie jetzt nicht gelesen. Sie müssen zu 100 Prozent auf der Höhe sein.

Diskus: Ein Stück vom Medaillenkuchen hätten sie alle gerne

Das ist leider nicht so lustig, wenn man in einer Disziplin antritt, in der die fünf Besten der Welt aus Europa kommen und man selbst noch nicht dazu gehört. Für Martin Wierig, Henrik Janssen und Torben Brandt war in Eugene leider schon in der Qualifikation Schluss, hier soll und kann und muss es das Finale sein. Dafür müssen sie aber Ruhe bewahren, lang in der Beschleunigung sein und auf ihre Fähigkeiten vertrauen.

Und die im Nacken sitzenden Athleten machen mit ihrem Atem nervös, alles ist sehr knapp, nur die mit den stärksten Nerven kommen weiter. Vorne wird es ein Duell zwischen Kristjan Ceh und dem in Eugene 72-Meter-Einwerfer Daniel Stahl geben. Vielleicht bekommt er es in München im Wettkampf auf die Wiese. Mykolas Alekna, Andrius Gudzius, Simon Pettersson und Lukas Weißhaidinger wollen aber auch was vom Medaillenkuchen abhaben. Das wird echt ne enge Kiste. Mannmannmann.

Die Frauen haben es in Eugene vorgemacht. Drei im Finale. Ganz einfach. Da entpuppte es sich leider als Nervenschlacht und Kristin Pudenz, mit der Last der olympischen Silbermedaille im Gepäck, haderte mit sich. Claudine Vita glänzte mit einem fünften Platz und will das vor heimischem Publikum gern wiederholen. Sandra Perkovic ist eigentlich weg, Hollands Jorinde van Klinken ist gut, aber unsere Mädels sind auch top.

Drei Joker im Topf, das sollte mindestens eine Medaille ergeben. Also, kein Druck.

Speerwurf: Julian Weber - nur nicht wieder Vierter

Was war das wieder für ein Drama in Eugene. Platz vier für Julian Weber. Er sagte, dass er lieber Fünfter geworden wäre, aber nicht wieder den undankbaren vierten Platz wie schon in Tokio. Er ist top in Schuss, vor ihm eigentlich nur der tschechische Bronzemedaillengewinner Jakub Vadlejch und nach hinten Luft. Wer soll ihn von der Medaille abhalten? Nur er selbst. Dieses Mal wird es klappen.

Titelverteidiger Thomas Röhler wird die Wild-Card nutzen. Aber es läuft nicht rund. Wenn er die Quali überstünde, wäre das ein Erfolg. Johannes Vetter wird nach Eugene wegen einer Schulterverletzung auch für die EM passen müssen. Für Andreas Hofmann, den Vizeeuropameister, geht es nach verkorkstem Eugene-Auftritt darum, wieder über die 80 Meter zu kommen. Hoffen wir, dass sein Rücken wieder in Ordnung ist.

Bei den Frauen lagen die Hoffnungen einmal mehr auf Titelverteidigerin Christin Hussong, die nach überstandener Corona-Infektion noch nicht wieder starten kann. In diesem Jahr fliegen die Speere auf den Anlagen dieser Welt nur beschwerlich. Das eröffnete nicht nur in Eugene ungeahnte Möglichkeiten, es wird auch in München so sein. Deshalb muss die neue Europameisterin nur einen Versuch vernünftig treffen und schon ist sie bei der Medaillenvergabe dabei.

Für Annika Marie Fuchs war das Erreichen des WM-Finals ein voller Erfolg, da klappte es aber nicht nach Wunsch, hier gibt es eine neue Möglichkeit. Die Wettkampfwerferin kann vielleicht zum richtigen Zeitpunkt einen rausfeuern und in die Top 8 kommen.

Lea Wipper steht auf dem Papier nur wenige Zentimeter hinter Fuchs, bringt aber noch nicht die Erfahrung aus Eugene mit. Aber vielleicht ist das Alter von Vorteil. Unbeschwert einen treffen und der Weg ins Finale ist frei. Jana Marie Lowka komplettiert das Trio und strebt eine neue Bestleistung an.

Hammer: Spannung nur bei den Frauen

Das Hammerwerfen ist fest in polnischer Hand und es stellt sich einmal mehr die Frage: Pawel Fajdek oder Wojciech Nowicki?

Bei den Frauen hat die Überwerferin Anita Wlodarczyk vor der WM einen Autodieb in der Heimat gestellt und sich dabei leider Verletzungen zugezogen, die einen Start unmöglich machten. Ist Malwina Kopron schon soweit, in die Bresche zu springen? Samantha Borutta liegt in der Bestenliste derzeit auf dem zwölften Rang, was für den Einzug ins Finale reichen würde. Dafür müsste sie aber in den ersten drei Versuchen in der Quali über die 70 Meter kommen.