Skispringen | Vierschanzentournee Fatih Arda Ipcioglu – der fliegende Türke

Stand: 03.01.2022 12:09 Uhr

Der Skispringer Fatih Arda Ipcioglu aus Erzurum in Ostanatolien hat bei der 70. Vierschanzentournee Geschichte geschrieben. Als erster türkischer Skispringer sammelte er Weltcup-Punkte. Seine Familie riet ihm einst zum Aufhören.

Von Vanessa Sieck (Innsbruck)

Es ist ein Training der etwas anderen Art: Fatih Arda Ipcioglu trägt seinen Teamkollegen Muhammet Irfan Cintimar auf den Schultern und macht dabei mit konzentriertem Blick Kniebeugen. Eine Passantin läuft staunend an den beiden Skispringern vorbei. Von glamourösem Sportler-Leben ist hier in der Nähe von Innsbruck nichts zu spüren. Bei sieben Grad und einsetzender Dämmerung trainiert die kleine türkische Mannschaft vor ihrem Hotel.  

Fatih Arda Ipcioglu – Rufname: Arda – wirkt selbstbewusst, nicht überheblich oder abgehoben. Die verpasste Qualifikation in Garmisch-Partenkirchen habe ihn wieder geerdet, erzählt er. Beim Auftaktspringen in Oberstdorf war ihm noch Historisches gelungen. Der 24-Jährige sammelte als erster türkischer Skispringer überhaupt Weltcup-Punkte. "Das ist für uns fantastisch, wir sind in guter Form – die Türken kommen", sagte er anschließend im Sportschau-Interview.

Auch ein paar Tage nach seinem Erfolg ist Fatih Arda Ipcioglu immer noch stolz auf seine ersten beiden Weltcup-Punkte. "Ich habe viele Nachrichten aus der ganzen Welt bekommen", erzählt er im Sportschau-Interview mit strahlenden Augen. Der 24-Jährige ist ein smarter Typ, der weiß, was er schon kann und was er will. Trotzdem bleibt er realistisch und betont immer wieder, dass er "einfach sein Bestes geben möchte".

Skispringer Ipcioglu wollte schon als Kind fliegen

Seine ersten Sprünge machte Arda mit elf Jahren. "Als Kind bin ich ungefähr drei Jahre lang skigefahren, aber da fand ich es auch viel aufregender schnell zu fahren, abzuheben und zu springen", erinnert er sich: "Ich war auf der Suche nach einem extremen Sport, ich wollte schon immer irgendwie fliegen."

Fatih Arda Ipcioglu ist einer, der schon einmal Skisprung-Geschichte geschrieben hat: In Pyeongchang startete er im Jahr 2018 als erster türkischer Skispringer bei den Olympischen Spielen und marschierte als Fahnenträger seiner Nation ins Stadion ein. Davon habe er geträumt, er sei dankbar, sagte er damals.

In der Türkei wird Fatih Arda Ipcioglu als Held gefeiert, auch wenn Skispringen mittlerweile meist nur noch im Pay-TV zu sehen ist. Seine Familie ist stolz auf ihn. Auch wenn es eine Zeit gab, in der es den Eltern lieber gewesen wäre, wenn er mit dem Skispringen aufgehört hätte. Bei einem Sturz brach er sich das linke Bein und musste mehrfach operiert werden: "Sie haben gesagt, dass wir über meine Gesundheit nachdenken sollten. Aber ich habe gesagt: Nein, ich werde weitermachen."

Ipcioglu spürt bei Vierschanzentournee keinen Druck

Trainiert wird Fatih Arda Ipcioglu seit drei Jahren vom Slowenen Nejc Frank. Er erzählt, dass es noch viel zu arbeiten gebe. Aber: "Arda hat das Potenzial, ein guter Springer zu werden. Er ist sehr fokussiert und stark im Kopf, auch im Wettkampf." Das bestätigt der Skispringer mit einem schelmischen Grinsen: "Sag niemals einem Türken, dass etwas unmöglich ist."

In dieser Woche stehen in Innsbruck und Bischofshofen die dritte und vierte Station der Vierschanzentournee an. Trotz seines historischen Erfolgs spürt Fatih Arda Ipcioglu keinen Druck: "Wir sind auf einem guten Weg. Niemand erwartet von mir irgendwelchen Hokuspokus wie einen Podestplatz oder eine Top-Five- oder Top-Ten-Platzierung."

Innsbruck und Bischofshofen: Ipcioglu hofft auf weitere Weltcup-Punkte

Sein eigenes Ziel ist klar: Erstmal wieder für die nächsten Springen qualifizieren und dann vielleicht sogar die nächsten Weltcup-Punkte sammeln. Im Februar warten in Peking dann seine zweiten Olympischen Spiele. Irgendwann hofft er darauf, dass das türkische Team groß und gut genug ist, um bei Teamspringen zu starten. Er weiß aus eigener Erfahrung aber auch, dass niemand vom einen auf den anderen Tag ein guter Skispringer wird.

Die Termine der Vierschanzentournee im Überblick
Datum Wettbewerb Austragungsort
28.12.2021 Qualifikation Oberstdorf
29.12.2021 Wettbewerb Oberstdorf
31.12.2021 Qualifikation Garmisch-Partenkirchen
01.01.2022 Wettbewerb Garmisch-Partenkirchen
03.01.2022 Qualifikation (ab 13.30 Uhr/Ticker) Innsbruck
04.01.2022 Wettbewerb (ab 13.30 Uhr/Ticker) Innsbruck
05.01.2022 Qualifikation (ab 17.15 Uhr/Livestream und Ticker) Bischofshofen
06.01.2022 Wettbewerb (ab 17.30 Uhr/Livestream und Ticker) Bischofshofen