Tennisspielerin Emma Raducanu verärgert während der ersten Runde der US Open.

Erstrunden-Aus bei US Open Emma Raducanu, der Hype und die Folgen

Stand: 31.08.2022 14:04 Uhr

Mit ihrem US-Open-Titel 2021 wurde Emma Raducanu zum Shooting Star, ein Jahr später scheitert sie früh. Die Gründe dafür sind vielschichtig.

Ein Jahr ist es her, da lag Emma Raducanu die Tennis-Welt zu Füßen. Die Britin war gerade einmal 18 Jahre jung, als sie bei den US Open sensationell zum Titel stürmte - als Qualifikantin, was zuvor noch niemand bei einem Grand-Slam-Turnier geschafft hatte. In einem aufsehenerregenden Finale bezwang sie Leylah Fernandez aus Kanada, nur gut zwei Monate älter und ebenfalls völlig überraschend ins Endspiel gestürmt, 6:4, 6:3.

Raducanu beeindruckte mit furchtlosem Powertennis und extrem früh genommenen Bällen. Sie ließ ihren Gegnerinnen keine Zeit, ins Spiel zu finden. In ihren zehn Matches inklusive Qualifikation verlor sie keinen einzigen Satz, brauchte noch nicht einmal einen Tiebreak.

Weltranglisten-Sturz auf Platz 80

Die Euphorie war groß, doch früh meldeten sich auch mahnende Stimmen. So sagte Pram Shriver, ehemalige Nummer drei der Welt, dass sie nicht glaube, dass Raducanu Ende 2022 noch in den Top 20 stehen werde.

Die US-Amerikanerin dürfte Recht behalten: Raducanu verlor durch ihr Erstrunden-Aus in New York gegen Alizé Cornet (3:6, 3:6) einen Riesenhaufen Weltranglistenpunkte und wird abstürzen von Platz 11 auf Platz 80. Seit ihrem Triumph im September 2021 waren drei Viertelfinal-Teilnahmen bei WTA-Turnieren ihre größten Erfolge. Ansonsten war stets früh Schluss, von der Wucht der US-Open-Auftritte war wenig zu spüren.

Kurze Zusammenarbeit mit Torben Beltz

Shriver hatte ihre Skepsis so begründet. "Es war ein so plötzlicher, unnatürlicher Schritt von der Qualifikation zum Gewinn eines Majors - noch nie zuvor gemacht - gefolgt von all diesen neuen Geschäftspartnerschaften, Anerkennung und Trainerwechsel. Ich habe das Gefühl, dass sich alles andere um sie herum verändert hat, und als Teenager macht man bereits viele Veränderungen durch."

Die Unternehmen rissen sich um die junge Frau mit Glamour-Potenzial, Raducanus Instagram-Kanal ist voll mit Werbebotschaften. Zudem trennte sie sich von Trainer Andrew Richardson, mit dem sie schon als Elfjährige zusammengearbeitet hatte. Sie verpflichtete Torben Beltz, Angelique Kerbers langjährigen Erfolgstrainer - und trennte sich fünf Monate später schon wieder von ihm. Sie wolle ein flexibles Modell ausprobieren mit verschiedenen Trainern für die unterschiedlichen Beläge. Der Ertrag ist bisher überschaubar.

Covid-19 und Verletzungen

Es mag sein, dass der Trubel und die vielen Werbedrehs Raducanus Entwicklung gebremst haben. Aber es gibt auch andere Erklärungen. Eine Covid-19-Erkrankung unterbrach die Saisonvorbereitung, das ist im Verlauf der Saison schwer aufzuholen. Es folgten kleinere, aber langwierige Verletzungen, sodass Raducanu oft ohne ausreichend Training in Turniere starten musste, zum Beispiel in Wimbledon. Und das in ihrem ersten kompletten Jahr auf der WTA-Tour, in dem sie sich auf neue Beläge und kräftezehrendes Reisen einstellen musste, körperlich wie psychisch.

Zuletzt war auch ein gewisser Aufwärtstrend auszumachen: In Cincinnati schlug Raducanu die Altmeisterinnen Serena Williams (6:4, 6:0) und Victoria Asarenka (6:0, 6:2) deutlich - Asarenka ist immerhin noch die Nummer 22 der Welt. Und ihr Erstrunden-Los bei den US Open hätte kaum schwieriger sein können. Alizé Cornet ist die Nummer 40 der Welt, mit ihren 32 Jahren sehr erfahren und spielt kluges, unangenehmes Tennis. In Wimbledon hatte sie überraschend die Weltranglistenerste Iga Swiatek aus dem Turnier geworfen.

Raducanu: "Kein schlechtes Jahr"

Und so zog Raducanu nach ihrer Niederlage gegen Cornet ein versöhnliches Fazit. "Wenn man bedenkt, dass ich 19 Jahre alt bin, hatte ich kein schlechtes Jahr. In den Top 100 zu sein - wenn du mir das vor einem Jahr erzählt hättest, hätte ich es genommen. Aber ich denke, es wäre schön, einfach von vorne anzufangen, neu anzufangen."

Leylah Fernandez eine Runde weiter

Übrigens hat auch Leylah Fernandez, Raducanus Finalgegnerin vor einem Jahr, das hohe Level der damaligen US Open nicht halten können. Aber immerhin gewann sie im Februar das WTA-Turnier in Monterrey, Mexiko, und schaffte es bei den French Open bis ins Viertelfinale. Und jetzt bei den US Open überstand sie die erste Runde durch ein 6:3, 6:4 gegen die Französin Oceane Dodin.