Nachdenklich auf der Bank: Thomas Kessler

Fehlende Entscheidungsträger 1. FC Köln - hinter der Aufstiegs-Fassade bröckelt es

Stand: 13.05.2025 20:43 Uhr

Der 1. FC Köln hat den Bundesliga-Aufstieg vor Augen. Im Verein aber regiert wieder mal das Chaos - auch weil die Entscheidungsträger fehlen.

Von Cora Lanzerath

Der 1. FC Köln im Mai 2025 - auf den ersten Blick scheint der Verein auf einem guten Weg. Die ersehnte Bundesliga-Rückkehr ist nur noch einen Punkt entfernt. Friedhelm Funkel hat es geschafft, erstmals in dieser Saison so etwas wie Aufstiegseuphorie zu entfachen. Zudem begrüßte der Klub unlängst sein 150.000 Mitglied. Eine Zahl, die verdeutlicht, welches Potenzial der Traditionsverein hat. Oder besser gesagt, haben könnte. Denn hinter den Kulissen herrscht mal wieder das sprichwörtliche Kölner Chaos.

Und damit ist nicht nur der Party-Vorfall um Tim Lemperle gemeint. Sein wahrscheinlicher Ausfall für das Saisonfinale am Sonntag gegen den 1. FC Kaiserslautern schmerzt, ist aber längst nicht das größte Problem der Geißböcke.

Viel schwerer wiegt die Tatsache, dass beim 1. FC Köln aktuell mal wieder ein riesiges Machtvakuum entstanden ist. Trainer und Sportchef freigestellt. An der Spitze ein Präsidium, dessen Aus im Herbst in dieser Konstellation bereits beschlossen ist. Keine guten Voraussetzungen für einen Verein, der jetzt die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen muss.

Präsidium ohne Rückendeckung

Zwar betonte der scheidende Präsident Werner Wolf jüngst: "Der Vorstand ist so lange Vorstand, bis die Mitglieder ein anderes Team gewählt haben. Bis dahin ist der Klub voll handlungsfähig." Doch auch wenn das formal so stimmt, birgt die aktuelle Situation in der Realität etliche Risiken.

Der Präsident des 1. FC Köln: Werner Wolf

Der Präsident des 1. FC Köln: Werner Wolf

Das zeigt schon die äußerst schleppend verlaufende Nachfolger-Suche für Markus Rejek im Bereich Marketing. Zum einen ist es schwer, geeignete Kandidaten vom FC zu überzeugen, wenn noch gar nicht feststeht, unter welchem Vorstand sie künftig arbeiten werden. Zum anderen besteht auf Seiten des Mitgliederrats zumindest eine gewisse Skepsis, ob das amtierende Präsidium, das in seiner sechsjährigen Amtszeit mittlerweile sechs Trainer, fünf Geschäftsführer und einen Sportdirektor verschlissen hat, diesmal die richtige Person auswählt.

Wie geht es mit Kessler weiter?

Und das ist eine vergleichsweise kleine Baustelle. Gesucht werden ja auch noch ein neuer Sport-Geschäftsführer, ein Chef-Scout und ein Trainer. Was also tun? Stellt das alte Präsidium noch einen Nachfolger für Sportchef Christian Keller ein, mit dem der neue Vorstand dann leben muss? Oder setzt man vorerst weiter auf Thomas Kessler? Der einstige Torhüter war drei Jahre lang als "Bereichsleiter Lizenzfußball" unter Keller tätig - dementsprechend kritisch wird er von vielen gesehen.

Auch wenn Kessler intern wohl wenig zu sagen hatte, so hat er die Entscheidungen seines Vorgesetzten doch zumindest mitgetragen. Und die waren, um es vorsichtig auszudrücken, nicht immer glücklich. Mit seinen beiden Wunschtrainern Timo Schultz und Gerhard Struber hatte Keller ebenso wenig Erfolg wie mit der ersten Transferperiode nach der selbstverschuldeten Fifa-Sperre. Obwohl der 46-Jährige viel Geld in die Hand nahm, half kein Neuzugang den Kölnern auf Anhieb weiter.

Keller hatte beim FC freie Hand

Hinzu kommt, dass Keller - dessen Vertrag der Vorstand erst vor fünf Monaten ohne jede Not verlängert hatte - kein einfacher Charakter ist: Nicht nur Rejek musste gehen, weil die Chemie zwischen beiden nicht stimmte. Auch andere langjährige FC-Mitarbeiter wurden nach und nach durch alte Wegbegleiter ersetzt.

Einer der geblieben ist, ist Kessler. Und der wird nun die Arbeit seines Vorgängers erstmal weiterführen. Schließlich sind die ersten Vertragsverhandlungen geführt und auch die ersten Abgänge stehen bereits fest. Ob Kessler dauerhaft als Sportchef weiterarbeiten darf, bleibt abzuwarten. Mit Funkel hat er jedenfalls schonmal einen Fürsprecher: "Thomas bringt alles mit, ist empathisch, kommt gut rüber und sorgt für gute Stimmung auf der Geschäftsstelle. Ich sehe in ihm jemanden, der eine führende Rolle beim FC in den kommenden Jahren haben kann."

Doch egal, wie die Entscheidung ausfällt, sie sollte schnell getroffen werden. Neben der Kaderplanung gilt es schließlich auch die Stelle des Trainers zeitnah neu zu besetzen. Das Personalkarussell dürfte an Fahrt aufnehmen, sobald die Ligazugehörigkeit des 1. FC Köln in der kommenden Saison geklärt ist. Zumindest in diesem Punkt könnte bereits am Sonntagnachmittag Klarheit herrschen - viele andere Fragezeichen aber bleiben.