
Interview | Silvio Heinevetter Silvio Heinevetter: "Die Mannschaft, in der Mathias Gidsel spielt, gewinnt"
Er spielte für die Füchse Berlin, Melsungen und Magdeburg, absolvierte über 200 Länder- und über 600 Bundesliga-Spiele. Wenn jemand weiß, wer den Titel in der Handball-Bundesliga holt, dann Silvio Heinevetter.
rbb|24: Silvio Heinevetter, vier Spieltage sind es noch in der Handball-Bundesliga, die Tabelle wird angeführt von den Füchsen, Melsungen und Magdeburg. Alles drei Vereine, für die Sie lange und erfolgreich gespielt haben. Sie müssen es also wissen: Wer wird Meister?
Silvio Heinevetter: Wenn ich wetten müsste, würde ich auf die Füchse setzen. Melsungen muss jetzt zwei Spiele in zwei Tagen machen am Wochenende (beim Final Four der European League; Anm. d. Red.). Die werden beim entscheidenden Spiel in Berlin am Donnerstag (29. Mai, 20 Uhr) nicht vor Kraft strotzen. Aber ich glaube eh, dass die Füchse keine Federn mehr lassen und das Ding durchziehen.
Für die Füchse geht es nach dem Spitzenspiel gegen Melsungen noch gegen Stuttgart, Gummersbach und die Rhein-Neckar Löwen. Aber Sie sagen: Mit einem Sieg am Donnerstag ist die Meisterschaft entschieden?
Hundertprozentig.

Zumal Melsungen ja noch das Heimspiel gegen Eisenach mit Silvio Heinevetter im Tor verliert, oder?
Unser Fokus liegt erstmal auf dem Spiel in Hamburg. Aber klar ist das schön, wenn man so ein bisschen das Zünglein an der Waage sein kann.
Dass die Füchse in dieser Saison um die Meisterschaft spielen, war erwartbar. Auch weil es der Anspruch des Klubs ist. Melsungen galt eher als Team hinter dem Top-Teams. Erklären sie doch mal einem Laien, warum die Mannschaft so durch die Saison gepflügt ist.
Melsungen hatte auch in der Vergangenheit schon immer sehr viel individuelle Qualität. Aber als Mannschaft hat es nie so richtig funktioniert. Das hat sich gebessert. Jetzt spielen sie wirklich als Mannschaft Handball. Dass das dann plötzlich so gut klappt, hat viel mit Strategie zu tun, klar. Es ist teilweise aber auch einfach Glück, dass die einzelnen Spieler so gut zusammenpassen. Und in dieser Saison haben sie gerade in den direkten Duellen mit den Topklubs immer gut ausgesehen. Trotzdem bleibe ich dabei: Berlin mit Mathias Gidsel wird das Ding ziehen.
Am Donnerstag also kommt es nun zum direkten Duell. Sie werden wohl kaum in der Max-Schmeling-Halle sein, wenn Sie am Tag zuvor in Hamburg spielen, oder?
Außerdem ist ja auch Männertag, ne?
Sie meinen, die Halle bleibt leer?
Oder voll mit Besoffenen.
Sie lachen.
Mal im Ernst - wenn man sich so umhört, sagen viele: Der Druck ist bei Berlin. Aber Spieler wie Gidsel, wie Lasse Andersson oder Mijajlo Marsenic - die können damit umgehen. Gerade die Dänen sind das gewöhnt.
Als amtierende Weltmeister und Olympiasieger dürfte man davon ausgehen.
Gidsel ist der Überspieler. Ein absoluter Ausnahmesportler. Der hat was Geniales. Er ist das Gehirn und die Seele des Berliner Spiels und ja nicht zu Unrecht zweimal Welthandballer geworden. Er wird das Spiel an sich reißen und die Füchse zur Meisterschaft führen.
Mal angenommen, der Handball-Gott kommt daher und sagt: Silvio Heinevetter soll entscheiden, wer Meister wird.
Dann würde ich sagen Eisenach. Aber es ist nun mal kein Wunschkonzert. Ich gehe mit klarem Menschenverstand an die Sache ran und sage: Die Mannschaft, in der Mathias Gidsel spielt, gewinnt.

Sie waren selbst lange Jahre Spieler der Füchse. Der Verein war oft nah dran. Jetzt könnte es tatsächlich klappen. Was kommt Ihnen beim Gedanken daran in den Sinn?
Man könnte natürlich über einzelne Spieler reden. Aber am Anfang und Ende steht da immer Bob Hanning. Und das wäre für ihn, glaube ich, auch die Krönung. Er hat dieses Konstrukt geschaffen und hätte es sehr verdient. Absolut.
Losgelöst vom Meisterschaftskampf - wie fällt denn Ihr persönliches Saisonfazit aus mit inzwischen auch schon 40 Jahren?
Ja, das ist ja das Ziel, das alles so ein bisschen nach hinten zu verschieben. Gegen die biologische Uhr zu arbeiten. Es gab gute Phasen in der Saison. Und weniger gute Phasen. Aber ich will nicht so sehr über mich reden. Es ist ein Mannschaftssport. Und dass wir seit ein paar Wochen nichts mehr mit dem Abstieg zu tun haben, ist schon sehr gut.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview wurde geführt von Ilja Behnisch.
Sendung: rbb24, 23.05.2025, 22 Uhr