
Interview | Artur Wichniarek zum DFB-Pokalfinale Interview | Ex-Profi Artur Wichniarek zum DFB-Pokalfinale: "Stuttgart muss, Arminia kann"
Jahrelang stand Artur Wichniarek für Arminia Bielefeld auf dem Rasen. Nun blickt der in Berlin lebende Pole voller Vorfreude auf den Auftritt seines Ex-Klubs im Olympiastadion und hält die Sensation gegen den VfB Stuttgart durchaus für möglich.
rbb: Herr Wichniarek, Sie haben über 200 Pflichtspiele für Arminia Bielefeld absolviert, wurden von den Fans liebevoll König Artur getauft. Wie haben sie die märchenhafte Pokal-Saison ihres Ex-Klubs wahrgenommen?
Artur Wichniarek: Keiner hat Arminia auf dem Zettel gehabt, nicht mal sie selbst. Aber wenn ein Drittligist vier Bundesligisten rausschmeißt, dann ist er sehr verdient ins Finale gekommen. Das ist eine grandiose Leistung und es war nicht einfach. Wenn du auf dem Weg zudem den Titelverteidiger Leverkusen ausschaltest, bedeutet das, dass du etwas Außergewöhnliches gemacht hast. Bielefeld hatte jede Runde eine schwierige Aufgabe und hat das super gemeistert.

Wie hat die Arminia das geschafft? Schließlich war sie auf dem Papier meist absoluter Außenseiter.
Sie haben es irgendwie geschafft, den Gegnern einen Fußball aufzuzwingen, der Bielefeld liegt. Nehmen wir mal den Auftritt von Leverkusen auf der Alm. Die haben nur mit langen Bällen gespielt, was für Leverkusen sehr ungewöhnlich ist. Das habe ich unter Xabi Alonso zuvor noch nie so gesehen. Außerdem hat Bielefeld die ganze Saison eine grandiose Mannschaftsleistung mit großer Moral gezeigt.
Saßen Sie bei jedem der Pokalspiele mit staunenden Augen vor dem Fernseher?
Wie gesagt, hatte Bielefeld ja eigentlich keiner auf dem Zettel. Deswegen muss auch ich ehrlich sagen, dass ich erst ab dem Viertelfinale gegen Bremen zugeschaut habe. Aber da war ich sprachlos. Nicht nur von der Atmosphäre auf der Alm, sondern auch von der Spielweise. Beim Finale bin ich im Stadion und drücke doll die Daumen, dass sie nicht nur zum ersten Mal den Pokal gewinnen, sondern dann auch zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte europäisch spielen.
Wie stehen denn die Chancen gegen den VfB Stuttgart?
Man muss schon sagen, dass Stuttgart keine gute Saison spielt. Die Abgänge von Anton und Guirassy haben sie nur schwer verkraftet und sind entgegen den hohen Erwartungen am Ende nur Neunter in der Bundesliga geworden. Es ist die letzte Chance für Stuttgart, die Saison noch zu retten. Bielefeld hat hingegen mit dem Finaleinzug und dem Aufstieg in die 2. Liga schon Grandioses geleistet. Stuttgart muss, Arminia kann. Das könnte der entscheidende Unterschied sein. Die Bielefelder müssen einfach locker bleiben und es gemeinsam mit ihren Fans genießen, im Olympiastadion zu spielen. Dann ist alles möglich.
Das Olympiastadion ist Ihnen aus Ihrer Zeit bei Hertha ja auch noch bestens bekannt. Ein besonderer Spielort?
Ich muss schon sagen, dass ein DFB-Pokalfinale und ein Hertha-Heimspiel sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind. Ich habe schon damals gesagt, dass Hertha in einem engeren Stadion ohne Laufbahn mindestens zehn Punkte pro Saison mehr holen würde. Aber wenn das Olympiastadion mit über 74.000 Fans ausverkauft ist, ist das schon eine grandiose Atmosphäre. Ich habe es während meiner aktiven Zeit leider nie bis ins Finale geschafft und habe das nur als Zuschauer erlebt. Es ist ein tolles Event, das man nie wieder vergisst.

Sie leben noch immer in Berlin und sind von allen Einwohnern der Stadt wahrscheinlich die größte Arminia-Legende. Welche Verpflichtungen bringt das rund um das anstehende Finale mit sich?
Gar nicht so viele. Am Donnerstag habe ich eine Veranstaltung mit Bielefelder Fans, am Freitag eine Presserunde in der polnischen Botschaft. Vom Verein selbst gab es aber kaum Anfragen. Am Samstag werde ich das Spiel dann als Experte fürs polnische Fernsehen aus dem Stadion begleiten.
Schalten in Polen viele Menschen für das DFB-Pokalfinale den Fernseher ein?
Das Finale ist schon sehr interessant. Natürlich ist es so, dass seit dem Wechsel von Robert Lewandowski nach Spanien und den Karriereenden von Blaszczykowski und Piszczek die polnische Community den deutschen Fußball etwas weniger verfolgt. Aber wenn man in Polen Arminia Bielefeld hört, wird das von jedem mit mir verbunden. Deswegen hoffe ich, dass die Polen zuschauen und meinen Ex-Klub unterstützen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.