FIFA Präsident Gianni Infantino und UEFA Präsident Aleksander Ceferin

Verhältnis zu Infantino "sehr gut" UEFA lenkt nach Protest gegen FIFA wieder ein

Stand: 20.05.2025 11:21 Uhr

Nach dem offenen Protest gegen die FIFA und vor allem Gianni Infantino lenkt die UEFA wieder ein. Der europäische Fußballverband spricht von einem "Einzelfall", das Verhältnis der Präsidenten sei "sehr gut".

Wörtlich heißt es in einem am Montag (19.05.2025) auf Anfrage von der UEFA versandten Statement: "Der jüngste Vorfall war ein Einzelfall und spiegelt nicht unsere laufende Zusammenarbeit wider. Wir sind weiterhin entschlossen, im besten Interesse des Fußballs zusammenzuarbeiten."

Aus Protest gegen das Verhalten von Weltverbands-Präsident Infantino hatten die europäischen Delegierten des FIFA-Councils das Podium beim Kongress in Paraguay vor Wochenfrist geschlossen verlassen.

Der Disput wird am Mittwoch (21.05.2025) bei einem Treffen des UEFA-Exekutivkomitees in Bilbao vor dem Endspiel der Europa League zwischen Tottenham Hotspur und Manchester United auch nochmal Thema sein. Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) sitzt Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in dem höchsten Gremium des Kontinentalverbandes. DFB-Präsident Bernd Neuendorf darf als europäisches Mitglied des FIFA-Councils ebenfalls an der Sitzung teilnehmen, ist aber nicht stimmberechtigt.

Europas FIFA-Ratsmitglieder verlassen den Kongress

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Infantino kam zu spät zum FIFA-Kongress

In Paraguay waren die europäischen Funktionäre um UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und Neuendorf nach der Kaffeepause nicht auf die für sie reservierten Plätze neben und hinter dem FIFA-Vorsitzenden zurückgekehrt.

Sie protestierten damit gegen das aus ihrer Sicht respektlose Benehmen von Infantino, der nach seiner Nahostreise mit US-Präsident Donald Trump zu spät in Asunción angekommen war. Der Kongress begann deshalb mit mehr als drei Stunden Verspätung.

Solche Töne verwundern angesichts der Beispiele, die für einen jahrelangen Machtkampf zwischen den beiden Verbänden und deren Bossen sprechen - ein Blick in die Geschichte des Machtkampfs:

2016: Infantino folgt auf Blatter - nicht Platini

Nach den FIFA-Skandalen und dem Abtritt von Sepp Blatter stand der damalige UEFA-Präsident Michel Platini für die Nachfolge an der FIFA-Spitze bereit. Doch dann wurde eine Zahlung von zwei Millionen Franken von Blatters FIFA 2011 an Platini bekannt, angeblich als Nachzahlung für Beraterdienste. Blatter und Platini wurden beide gesperrt.

Zur Wahl bei der FIFA stellte sich dann Infantino - der frühere Generalsekretär Platinis bei der UEFA. Platini warf Infantino später vor, die Zahlung bei den Behörden bekannt gemacht zu haben, um selbst Präsident zu werden. Infantino bestritt das, ein Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

Das Verfahren gegen Blatter und Platini endete erst im März diesen Jahres mit einem Freispruch vor einem Schweizer Berufungsgericht - neun Jahre nachdem Infantino statt Platini an die Spitze der FIFA gewählt wurde. Seit 2016 ist Infantino Präsident des Weltverbandes. Er nahm dabei einige Mitarbeiter von der UEFA mit. Das sorgte für soviel Ärger, dass sich beide Verbände darauf einigen mussten, gegenseitig kein Personal abzuwerben.

2017: Die Einführung des Video-Assistenten

Die FIFA war eine treibende Kraft bei der Einführung des Video-Assistenten. Das International Football Association Board (IFAB) ist das Gremium, das die Fußballregeln festlegt, die FIFA hat dort die größte Mitsprache.

Doch die UEFA stand in Sachen Video-Assistent lange auf der Bremse. Präsident Ceferin äußerte sich immer wieder skeptisch, gab angesichts der allgemeinen Entwicklung seinen Widerstand jedoch auf. Immer wieder zeigt sich der Konflikt im IFAB, wo die UEFA das Gegenteil von dem fordert, was die FIFA will - und umgekehrt.

Die Gralshüter der Fußballregeln

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2018: Die geheimen Turniere

Infantino versuchte, einen Deal über 25 Milliarden US-Dollar mit einer Investorengruppe aus den USA, China und Saudi-Arabien abzuschließen. Er wollte den Investoren weitreichende Gestaltung neuer Wettbewerbe überlassen. Wie das genau aussehen sollte und wer die Investoren waren, wollte Infantino im FIFA-Rat aber nicht preisgeben, da er sich zur Verschwiegenheit verpflichtet sah. Das Vorhaben wurde abgelehnt, der Ablauf führte zu eine deutlichen Abkühlung der Beziehung zur UEFA.

2021: Der Zwei-Jahres-Rhythmus der WM

Die WM der Männer ist der Goldesel der FIFA. Von den Einnahmen aus Sponsoring, Tickets und TV-Rechten dieses Turniers finanzierte sich der Weltverband viele Jahre fast ausschließlich. Die Idee: Warum die WM dann nicht alle zwei Jahre spielen? Was Infantino brauchte, war jemand, der genau danach fragt. Das erledigte der Fußballverband Saudi-Arabiens, der beim Kongress 2021 eine Machbarkeitsstudie forderte und bekam, ob die WM alle zwei Jahre ausgetragen werden sollte.

Die FIFA veranstaltete Medientermine, in denen FIFA-Direktor Arsène Wenger und "FIFA-Legenden" wie Sami Khedira die Vorzüge eines Zwei-Jahres-Rhythmus vortrugen. Es waren die UEFA und Aleksander Ceferin, die alle Register zogen, um das Vorhaben zu stoppen. Gemeinsam mit Südamerikas Verband drohten sie mit Boykott und bildeten so die Opposition gegen Infantinos Wünsche, der den Plan schließlich aufgab.

FIFA-Präsident Gianni Infantino (r.) mit UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

FIFA-Präsident Gianni Infantino (r.) mit UEFA-Präsident Aleksander Ceferin

2022: Die "One-Love"-Binde in Katar

Im Vorfeld der WM in Katar hielten es einige mächtige Verbände aus Europa für angemessen, mit der "One Love"-Kapitänsbinde für Menschenrechte einzustehen. Dahinter steckte im Umkehrschluss eine unverhohlene Kritik am WM-Gastgeber Katar, wo es gut dokumentierte schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gab.

Die One-Love-Binde vor der WM in Katar an Manuel Neuers Arm

Die One-Love-Binde vor der WM in Katar an Manuel Neuers Arm

Die UEFA trug den Protest nicht mit - wohl aber einige der wichtigsten ihrer Mitglieder. Die Verbände aus Deutschland, England, der Niederlande, Belgien, Schweiz, Wales und Dänemark kündigten den Einsatz der Binde medienwirksam an und wollten sie nach eigenem Bekunden auch bei Widerständen tragen. Doch dann drohte Infantinos FIFA mit Verweis auf die Turnierregeln mit "sportlichen Konsequenzen" wie beispielsweise einer Gelben Karte. Einige Verbände berichteten von angedrohten Punktabzügen, die im Raum gestanden haben sollen.

Das reichte den Verbänden, um einzuknicken. Sie trugen die von der FIFA vorgegebenen Binden. Infantino lachte auf der Tribüne die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser an, die die Binde als eine Form von Protest mitgebracht hatte. Die Verbände standen in der Öffentlichkeit als rückgratlos da. Bei Infantinos Wiederwahl als FIFA-Präsident 2023 per Akklamation klatschten einige Verbände wie der DFB ausdrücklich nicht mit.

Nancy Faeser sitzt mit der One-Love-Binde neben Gianni Infantino.

Nancy Faeser sitzt mit der One-Love-Binde neben Gianni Infantino.

2022/23: Die Einführung der Klub-WM

Nachdem er den Zwei-Jahres-Rhythmus nicht bekam, wollte Infantino eine andere Möglichkeit haben, Geld für die FIFA zu generieren. Die war bislang abhängig von der Männer-WM. Eine Ausweitung und Neugestaltung der Klub-WM sollte das Problem lösen. 32 Teams spielen im Sommer 2025 nun in den USA. Infantino setzte sich durch, obwohl die UEFA viele Gründe hätte, dagegen zu sein:

  • Das neue FIFA-Turnier überstrahlt im Sommer 2025 teilweise die von der UEFA organisierte Frauen-EM.
  • Die Klub-WM kann auf Dauer die Champions League zum zweitwichtigsten Klub-Wettbewerb degradieren.
  • Die Belastung der Spieler, die für die Show in der Champions League und den europäischen Topligen sorgen, steigt.
  • Die FIFA wildert im Geschäftsbereich der UEFA mit den europäischen Klubs und zieht TV-Geld an sich, das dann vielleicht nicht mehr für die Champions League oder europäische Ligen zur Verfügung steht.

Fußball ohne Ende - Spielerstreik als Folge?

Chaled Nahar, Marcus Bark, Sportschau, 17.11.2024 19:15 Uhr

Doch die UEFA ging nicht gegen die Klub-WM vor, sondern trug im FIFA-Rat alle Beschlüsse mit. Der einfache Grund: Sie kann sich nicht gegen die Interessen der europäischen Spitzenklubs stellen, denn die wollen das Geld aus dem Turnier haben. Denn die Klubs braucht die UEFA im Alltag auf ihrer Seite und auch im Kampf gegen die Super League. Zähneknirschend nahm Ceferin das neue Turnier hin und sagte im April schmallippig: "Die Klub-WM findet statt und fertig. Die Klubs aus Europa wollten das Turnier."

Die neue Trophäe der Klub-WM mit Gianni Infantinos Autogramm (oben rechts)

Die neue Trophäe der Klub-WM mit Gianni Infantinos Autogramm (oben rechts)

Der europäische Protest auf dem FIFA-Kongress und die Abstrafung Infantinos auf offener Bühne trug den Konflikt in die nächste Runde. Mit dem nun verbreiteten Statement bemühte sich die UEFA um Deeskalation.