
Verfahren am Europäischen Gerichtshof Hoffnungsschimmer für die FIFA im Streit mit Spielerberatern
Der Fußball-Weltverband FIFA will den Spielerberatern ans Geld. Der Rechtsstreit um den Regelkatalog, der unter anderem Vergütungsobergrenzen für die Berater vorsieht, ist nach mehreren Niederlagen für die FIFA inzwischen vor dem Europäischen Gerichtshof angekommen. Der Generalanwalt gab dem Weltverband nun einen Hoffnungsschimmer, dass das umstrittene Berater-Reglement am Ende Bestand haben könnte.
Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof legte am Donnerstag (15.05.2025) seine sogenannte Schlusserklärung zu den "FIFA Football Agent Regulations" (FFAR) vor. Darin wiederholte er die grundsätzlichen kartellrechtlichen Bedenken gegen einseitig verfügte Eingriffe der FIFA in die Tätigkeiten von Spielerberatern.
Er wich aber auch ein Stück weit von der bisherigen Rechtsprechung ab: In Ausnahmefällen könnten Sportverbänden wie der FIFA Eingriffe in die Wettbewerbsfreiheit erlaubt werden, wenn sie übergeordnete, legitime Ziele verfolgten. Dazu wurde bei Streitfällen im Sport in der Vergangenheit etwa die Integrität des sportlichen Wettbewerbs gezählt ("Meca-Medina-Urteil").
Die Argumentation des Generalanwalts war ein erster Hoffnungsschimmer für die FIFA und die nachgeordneten Verbände, die sich bis dato bei diversen Verfahren vor Gericht zumeist Abfuhren abgeholt hatten. Die FIFA-Anwälte hatten bei der Anhörung am EuGH ebenfalls eine Sonderstellung des Sports für das Spielerberater-Reglement reklamiert.
Provisionsobergrenzen, Lizenzierungsplicht
Der Weltverband hatte das Regelwerk im Jahr 2023 erlassen und Spielervermittlern weltweit umfassende Beschränkungen auferlegt: Sie sollten nicht nur alle Vergütungszahlungen und Transfergelder gegenüber der FIFA offenlegen und sich einer Lizenzierungspflicht unterwerfen. Der Weltverband wollte den Beratern auch eine Obergrenze für Provisionen vorschreiben: maximal sechs Prozent des Jahresgehalts eines Spielers oder bei einem Transfer bis zu zehn Prozent der Ablösesumme.
Dagegen hatte unter anderem der in Deutschland bekannte Spielerberater Roger Wittmann erfolgreich geklagt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärte das komplette FIFA-Reglement im März 2024 für unzulässig, weil es nach EU-Recht eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstelle.
Die FIFA sei eine Unternehmensvereinigung und wirtschaftlich tätig, deshalb müssten auch die Regeln des EU-Kartellrechts gelten, betonten die Düsseldorfer Richter. Sie ließen die FFAR-Richtlinien außer Kraft setzen und drohten mit Bußgeldern gegen den Weltverband und auch gegen den Deutschen Fußball-Bund (DFB), der die Regeln als nationaler Verband umsetzen sollte.
Nach Ansicht von Kartellrechtsexperten hat die FIFA als Sportverband überhaupt keine Befugnis, die Tätigkeit von Spielerberatern zu regeln: "Spielervermittler sind Teil des Kosmos Fußball, aber es ist ein Markt, mit dem die FIFA als Fußballverband im Grunde nichts zu tun hat", sagt Björn Christian Becker von der Berliner Humboldt-Universität: "Der Haus- und Grundeigentümerverein zum Beispiel kann auch keine Vorgaben über die Höhe der Mieten aufstellen, oder Regelungen zum Verhältnis zwischen Vermietern und Mietern. Das ist nicht die Aufgabe eines Verbandes, sondern des Gesetzgebers."
Transferzahlungen sollen über FIFA laufen
Besonders verdächtig erscheint Artikel 13 der Beratervorschriften: Demnach sollten, nach dem Willen der FIFA, alle Vergütungszahlungen an Spielervermittler künftig über eine zentrale Clearing-Stelle beim Weltverband laufen.
Die FIFA hätte damit ein Instrument an der Hand, die weltweiten Geldströme auf dem Transfermarkt zu steuern. Dies könnte den wettbewerbsbeschränkenden Effekt der übrigen FFAR-Vorgaben noch verschärfen, sagt Kartellrechtsexperte Becker: "Der FIFA wird es dadurch erlaubt, noch gezielter Sanktionen vorzunehmen."

Die neue Rolle von FIFA-Präsident Gianni Infantino als oberster Kassenwart im Weltfußball erweckt den Verdacht, dass es der FIFA vor allem darum geht, noch mehr Marktmacht zu erlangen. Und nicht etwa darum, die Kreise der Spielerberater einzuschränken, deren Einfluss bei Teilen des Fußball-Publikums durchaus kritisch gesehen wird. Für die Preistreiberei am Transfermarkt, die auch die Vorherrschaft der großen Klubs weiter stärkt, werden auch die Agenten der Star-Spieler verantwortlich gemacht.
Der Kartellsenat in Düsseldorf wiederum hatte in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass die von der FIFA vorgesehene Beschränkung von Vergütungen womöglich gar nicht den gewünschten Effekt habe, die ständige Unruhe am Transfermarkt zu beseitigen. Das Gegenteil sei wahrscheinlicher, so die Richter: Honorarobergrenzen könnten für die Berater den Anreiz setzen, ihre Spielerklienten noch schneller und häufiger zu Vereinswechseln zu drängen.
Ausgang des EuGH-Verfahrens offen - Richter nicht an Vorlage gebunden
Das höchste europäische Gericht, der EuGH, hatte zuletzt bei Streitfällen im Profisport eher streng hingeschaut und den zum Teil milliardenschweren Sportverbänden stärkere, kartellrechtliche Schranken auferlegt.
Als Referenz gilt das Urteil zur Superleague vom Dezember 2023: Dort entschieden die EU-Richter, dass jeder Eingriff in den Markt unzulässig ist, der schon von seiner Natur darauf abzielt, dass er sich schädlich auf den Wettbewerb auswirkt. Diesen Tatbestand erfüllten, nach Ansicht vieler Kartellrechtler, zum Beispiel Preisabsprachen, wie die von der FIFA festgelegten Vergütungsobergrenzen für Spieleragenten.
Urteil nicht vor Ende des Jahres
Ob der Europäische Gerichtshof von dieser grundsätzlichen Sicht abrückt und sich diesmal auf die Seite der Verbände stellt, ist völlig offen. Die Richter sind nicht an die Vorlage des Generalanwalts gebunden. In der Vergangenheit, zum Beispiel auch beim Urteil zur Superleague, entschieden sie am Ende komplett anders.
Ein Urteil wird nicht vor Ende des Jahres erwartet. Denkbar ist auch, dass sich die Parteien vorher einigen. Dafür müsste aber einer der Beteiligten von seinen Ansprüchen abrücken - zumindest beim allmächtigen FIFA-Boss erscheint dies schwer vorstellbar.