Geschäftsführer Thomas Herrich steht bei der Hertha-Mitgliederversammlung am Redepult (Quelle: IMAGO / Matthias Koch)

Mitgliederversammlung Hertha BSC schließt Abstiegssaison mit fast 100 Millionen Euro Verlust ab

Stand: 15.10.2023 16:00 Uhr

Hertha hat für die Saison 2022/23 eine Finanzbilanz präsentiert, die sich erschreckend liest. Die Verluste liegen im fast dreistelligen Millionenbereich. Die Schulden sind deutlich angewachsen. Die aktuelle Entwicklung stimmt den Verein aber positiv.

Fußball-Zweitligist Hertha BSC schreibt weiter hohe Verluste. Das gab der Geschäftsführer Thomas Herrich am Sonntagnachmittag auf der Mitgliederversammlung des Vereins bekannt. In der Abstiegssaison 2022/23 hat die Hertha BSC GmbH & Co KGaA, also die Profifußball-Abteilung, demnach einen Verlust von 99,1 Millionen Euro erwirtschaftet. Das sind rund 20 Millionen mehr als im Vorjahr.
 
Hinzu kommen weiterhin hohe Schulden. In der vergangenen Spielzeit sind diese sogar noch einmal um 20 Millionen Euro auf insgesamt 102,3 Millionen Euro gestiegen. Dank des Einstiegs von Investor 777 Partners bleibt dem Klub immerhin ein leicht positives Eigenkapital von rund fünf Millionen Euro.

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Viele Gründe für die schlechte Bilanz

In einer Medienrunde im Vorfeld der Mitgliederversammlung nannte Herrich verschiedene Gründe für die schlechte Bilanz. Zum einen habe man die Personalkosten nicht nennenswert senken können. Diese lagen auch in der vergangenen Spielzeit wieder bei über 97 Millionen Euro. Außerdem sei ein Großteil der geplanten Spielerverkäufe erst nach dem 30. Juni 2023 realisiert worden und schlage sich deshalb noch nicht in der nun vorgestellten Bilanz nieder.
 
Die Investitionen der Vergangenheit, wie zum Beispiel Abschreibungen auf Spielerwerte, belasten Herthas Bilanz mit hohen Abschreibungen weiterhin. Darüber hinaus sanken die Einnahmen aus TV-Geldern um fast sieben Millionen Euro.

Herrich trotzdem positiv: Von der "Intensivstation auf die Normalstation"

Trotz der Zahlen blickte Herrich auf der Medienrunde aber mit einem positiven Gefühl in die Zukunft, schließlich würden die eingeschlagenen Sanierungsmaßnahmen erst in der aktuellen Saison wirken und der Verein sei auf dem Weg von der "Intensivstation auf die Normalstation", so der Geschäftsführer.
 
Zu diesen Sanierungsmaßnahmen des Klubs gehörte etwa der Verkauf zahlreicher Spieler. Rund 25 Millionen Euro habe man damit bereits in diesem Sommer eingenommen. Das ist etwas mehr als in der letzten Saison. Vor allem die Verkäufe von Topverdienern wie Lucas Tousart, Dodi Lukebakio oder Krzysztof Piatek helfen auch an anderer Stelle: Die Personalkosten können laut Herrich voraussichtlich um 50 Millionen Euro gesenkt werden.
 
Im Verwaltungsbereich wurde in den zurückliegenden anderthalb Jahren darüber hinaus massiv Stellen gekürzt, insgesamt ist die Belegschaft von 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf 220 geschrumpft. Dafür seien auch 15 Kündigungen nötig gewesen, die üblichen Verträge seien ohnehin ausgelaufen, so Herrich.

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Hertha hatte Stab enorm vergrößert

Hertha BSC hatte in den Jahren unter dem ehemaligen CEO Carsten Schmidt und Geschäftsführer Fredi Bobic mit einem ambitionierten Wachstumskurs den Mitarbeiterstab enorm vergrößert - alleine am inzwischen eingestellten Projekt "Goldelse" und anderen Wachstumsprojekten seien nach Angaben des heutigen Geschäftsführers Thomas Herrich rund 50 Mitarbeiter beteiligt gewesen.
 
Auch die Sachkosten sollen sinken. So wurde zum Beispiel die Miete für das Olympiastadion halbiert und auch bei den Reisekosten solle gespart werden.

Ausgaben sollen 2023/24 um 80 Millionen gesenkt werden

Durch diese Maßnahmen hoffen die Verantwortlichen, die Ausgaben der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA in der laufenden Spielzeit um insgesamt rund 80 Millionen Euro senken zu können. Gleichzeitig werden jedoch auch die Einnahmen in der 2. Liga sinken - voraussichtlich um rund 35 Millionen Euro. Grund hierfür sind vor allem geringere TV-Gelder und sinkende Einnahmen aus Vermarktung und Ticketing.
 
Trotzdem rechnet Hertha damit, sein Konzernjahresergebnis deutlich verbessern zu können, um rund 70 Millionen Euro auf ein Minus von dann etwa 30 Millionen Euro. Das operative Geschäftsergebnis (ohne die wieder ein mal üppigen Abschreibungen) soll sogar in die Nähe der schwarzen Null kommen. Der Sparkurs werde den Verein noch einige Jahre begleiten, sagte Geschäftsführer Thomas Herrich. Ein direkter Wiederaufstieg sei allerdings nicht zwingend notwendig.

Sendung: rbb UM6, 15.10.2023, 18 Uhr