Daniel Frahn mit Kusshand im Trikot des SV Babelsberg 03. (Bild: picture alliance/dpa | Julius Frick)

Babelsbergs Daniel Frahn im Interview Babelsbergs Daniel Frahn: "Wollte Karriereende selbst in der Hand haben"

Stand: 22.05.2025 18:39 Uhr

Daniel Frahn war die letzten Jahre die Lebensversicherung des SV Babelsberg. Nun beendet der 37-Jährige seine aktive Karriere. Ein Gespräch über die große Liebe, den unerfüllten Traum Bundesliga, schwere Zeiten und den perfekten Abschluss.

rbb|24: Herr Frahn, In Ihrem letzten Spiel in Meuselwitz trafen sie in der letzten Minute der Nachspielzeit [mdr.de] mit Ihrem letzten Ballkontakt zum 3:2-Sieg. Danach erhielten Sie für den Jubel Ihre letzte Gelbe Karte, die Ihnen vom Schiedsrichter nach Abpfiff auch noch geschenkt wurde. Mal ehrlich, haben Sie sich beim Fußballgott schon bedankt für diesen legendären Abgang?
 
Daniel Frahn: (lacht) Es ist genauso eingetroffen, wie man sich das gewünscht hat. Es war schon unglaublich, dass der letzte Kontakt auch noch ein Tor wird und genau das passiert ist, was mir mein Leben lang am meisten Spaß gemacht hat - nämlich Tore schießen.
 
Dass das zum Abschluss passiert, ist wie ein kleines Märchen. Ich glaube, so richtig verstanden habe ich es noch nicht. Ich gucke mir sicher noch öfter das Video an und hoffe, dass ich es irgendwann richtig begreifen kann.

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Wird die Gelbe Karte eingerahmt und bei Ihnen zu Hause aufgehängt?
 
Ich denke schon, dass die einen ordentlichen und schönen Platz bekommt. Mit Lars Albert [dem Schiedsrichter der Partie gegen Meuselwitz; Anm. d. Red.] verbindet mich eine Menge. Wir kennen uns sehr lange, und dass er da so ein Präsent für mich bereit hält, ist natürlich was ganz Besonderes.
 
Was gab den Ausschlag für Sie, schon im vorigen September zu sagen: Das war's!
 
Ich hatte im letzten Sommer schon den Gedanken aufzuhören, weil ich Knieprobleme hatte. Damals war es das rechte Knie, das mit dem Knorpelschaden. Ich wollte das Karriereende selbst in der Hand haben, anstatt dass mir der Körper es irgendwann sagt.
 
Ich wollte nicht, dass die Leute auf der Tribüne sitzen und sagen: 'Der alte Mann da, der kann sich kaum noch bewegen, hätte der mal lieber aufgehört' Aber André Meyer [damaliger Trainer von Babelsberg 03; Anm. der Redaktion] kam zu mir und fragte, ob ich noch ein Jahr spielen könnte.
 
Gott sei Dank hat er mich überzeugt, denn es hat gut funktioniert, obwohl ich mir am Anfang der Vorbereitung gleich den Meniskus gerissen hatte. Und jetzt ist es so, dass die Leute eher sagen: 'Mensch, hätte der lieber noch ein Jahr gespielt.'

In Ihrer letzten Saison in der Regionalliga haben Sie in 29 Partien nochmal 16 Tore geschossen. Rein sportlich könnten Sie sicher noch eine Saison dranhängen. Hat der Verein versucht, Sie umzustimmen?
 
Nein, da wurde nie drüber gesprochen. Der Verein wusste, dass ich von selbst auf die Verantwortlichen zugekommen wäre, wenn ich es gewollt hätte. Aber ich bleibe dabei, der Zeitpunkt ist für mich einfach der richtige, auch wenn es mir schwerfallen wird, nicht mehr dieses Feeling, diese Atmosphäre zu haben, im Stadion auf dem Feld zu stehen. So wie es jetzt ist, bin ich sehr zufrieden und glücklich. Und ich kann mich körperlich aktiv bewegen, das ist das Wichtigste. Außerdem werde ich dem Fußball nicht verloren gehen.

Sie werden in Zukunft Traineraufgaben bei Babelsberg übernehmen, wie wird Ihre Tätigkeit konkret aussehen?
 
Ich werde Co-Trainer unter unserem neuen Cheftrainer Ronny Ermel sein und mich um die Mannschaft kümmern. Ich werde versuchen, auch individuell mit den Jungs zu arbeiten, was Torabschlüsse angeht, den Offensivbereich ein bisschen auf Vordermann zu bringen und vor allem den jungen Spielern ein paar Sachen mit an die Hand zu geben. Meine Erfahrung, die ich über 20 Jahre im Profifußball gesammelt habe, möchte ich den Jungs ein Stück weit mitgeben.

Sie haben den Ostfußball ein bisschen durchgespielt, waren für RB Leipzig, Chemnitz und Babelsberg in der zweiten, dritten und vierten Liga aktiv. Sie haben für diese Vereine in insgesamt 526 Pflichtspielen 271 Tore erzielt. Warum hat es nie für den großen Wurf Richtung 1. Bundesliga gereicht?
 
Ich wollte immer Bundesliga spielen. Als kleiner Junge träumt man davon, so hoch wie möglich zu spielen, aber wenn ich ehrlich bin, dann war ich einfach einen Tick zu langsam, um in der Bundesliga anzukommen.
 
Außerdem braucht man einen Förderer und den hatte ich in Leipzig in der zweiten Liga zum Beispiel nicht mehr. Es gab auch nie Anfragen von anderen Bundesligisten. Nach meiner kurzen Zeit in Heidenheim [wo Frahn 2015 ein halbes Jahr in der zweiten Bundesliga spielte; Anm. d. Redaktion] habe ich mich dann für den Rückschritt in die dritte Liga entschieden. Danach war die Möglichkeit Bundesliga ein bisschen vorbei.

Hatten Sie vielleicht auch ein bisschen Heimweh nach dem Osten?
 
Wahrscheinlich. Es hat in Heidenheim auch nicht gepasst. Ich bin da auch niemandem böse, da hatte auch der Trainer Frank Schmidt keine Schuld dran. Ich bin mit der Mentalität der Leute nicht zurechtgekommen und wollte wieder dahin, wo ich wusste, es macht mir Spaß und ich komme mit den Leuten zurecht. Der Weg nach Sachsen war geebnet, als mich Trainer Karsten Heine damals anrief und ich mich entschied, nach Chemnitz zu gehen.

Da brauchst du ein starkes Umfeld und eine starke Familie. Ich hatte mich mehrmals für mein Fehlverhalten entschuldigt und die Sachen, die da im Raum standen, waren teilweise auch nicht wahr.

Dort kam es nach drei Jahren zum unrühmlichen Abschied. Ihnen wurde vom Verein gekündigt, wegen angeblicher Nähe zu rechtsextremen Hooligans. Sie distanzierten sich davon. War das rückblickend Ihre schwerste Zeit als Profi?
 
Ja, es war eine sehr schwierige Zeit. Die wünsche ich niemanden. Da brauchst du ein starkes Umfeld und eine starke Familie. Ich hatte mich mehrmals für mein Fehlverhalten entschuldigt und die Sachen, die da im Raum standen, waren teilweise auch nicht wahr. Nichtsdestotrotz war es eine wunderschöne Zeit in Chemnitz. Mittlerweile spricht man nur noch von diesen negativen Schlagzeilen, aber es gab ja auch schöne Momente, die ich mit dem CFC verbinde.

Sie gingen gerichtlich gegen die Kündigung des CFC vor. Am Ende bekamen Sie recht und einigten sich mit dem Verein auf eine Auflösung Ihres Vertrags. Hatten Sie damals auch Gedanken ans Karriereende?
 
Ich hätte meine Schuhe erst an den Nagel gehangen, wenn es bis zum Äußersten gekommen wäre. Ich habe ein T-Shirt hochgehalten [in Gedenken an einen verstorbenen rechtsradikalen Anhänger aus der Chemnitzer Fanszene; Anm. der Redaktion], was damals nicht richtig war. Aber ich war nicht der, als der ich vom Verein dargestellt wurde. Dafür wollte ich bis zum Schluss kämpfen. Darum wollte ich diesen Gerichtsprozess mit aller Macht zu Ende bringen.

Max Kruse (Quelle: IMAGO / Matthias Koch)
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Danach gingen Sie zurück nach Babelsberg. Dort gab es viel Kritik an dem Transfer, vor allem aus der aktiven Fanszene. Sie mussten sich oft rechtfertigen. Am Ende blieben Sie sechs Jahre und wurden die Lebensversicherung des Vereins im stetigen Abstiegskampf. Hätten Sie gedacht, dass es noch mal die große Liebe wird?
 
Als ich das erste Mal aus Babelsberg gegangen bin, war es schon meine große Liebe. Und dann kehrt man irgendwann zurück. Mir war klar, dass nicht alle Leute mit offenen Armen dastehen, aber ich habe mich hingesetzt und mich mit den Leuten offen und ehrlich unterhalten. Ich habe versucht, auf dem Platz Leistung zu bringen und alles zu geben. Irgendwann sehen die Fans: 'Das ist einer von uns, das ist ein feiner Kerl und vielleicht sind die Sachen nicht so gelaufen, wie sie erzählt worden sind.'

Sie waren mit Ihren Mannschaftskollegen zuletzt auf Abschlussfahrt auf Mallorca? Wie können wir uns das "Feierbiest" Daniel Frahn vorstellen?
 
Das waren drei sehr intensive Tage. Nach dem letzten Spiel bin ich mit Freunden um die Häuser gezogen und wir haben Babelsberg ein bisschen unsicher gemacht. Danach sind wir zwei Tage mit der Mannschaft nach Mallorca geflogen. Das waren intensive Tage für den Körper. Ich gebe da schon auch richtig Gas und versuche, vorneweg zu gehen. (lacht) Aber ich war auch froh, als ich dann gestern Nachmittag wieder zu Hause bei meiner Familie war.

Vielen Dank für das Gespräch!
 
Das Interview führte Fabian Friedmann, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 22.05.2025, 21:45 Uhr