Interview | Babelsberg-Trainer André Meyer Babelsberg-Trainer Meyer im Interview: "Mich haut unsere jetzige Situation nicht komplett aus dem Gleichgewicht"
Seit sieben Spielen wartet der SV Babelsberg auf einen Sieg - zuletzt verlor "Nulldrei" mit 0:4 gegen Halle. Im Interview spricht Trainer André Meyer über die bisherige Saison, Tor-Garant Daniel Frahn und die Stärke der Regionalliga Nordost.
rbb|24: Herr Meyer, wie schläft es sich nach einer 0:4-Heimniederlage?
André Meyer: Grundsätzlich schlafe ich nach Niederlagen nie gut. Nach dieser Niederlage habe ich aber doppelt schlecht geschlafen. Man muss das richtig einsortieren: Wir haben gegen Halle mit 0:4 verloren - durch vier Standardsituationen. Bis zur 70. Minute haben wir eine Leistung gezeigt, die echt okay war, aber ohne Ertrag. Das Ergebnis spiegelt das Spiel nicht wider. In Summe ist das für uns einfach bitter.
Und dann auch noch gegen einen Ex-Verein, den Sie von Ende Dezember 2021 bis Ende Januar 2023 trainiert haben.
Klar, das ist eine Randnotiz. In unserer Situation spielt das aber eine untergeordnete Rolle. Ich verspüre keine Feindseligkeiten oder bösartigen Gefühle dem Verein gegenüber. Im Gegenteil: Ich habe meine Zeit beim HFC und die Fans in sehr positiver Erinnerung. Ich habe dort 13 grundsätzlich tolle Monate mit einem Riesen-Support gehabt. Das war also kein Duell, was ich nachträglich für mich entscheiden wollte. Vielleicht hat es nochmal eine andere Note, wenn wir in Halle spielen - zurück an alter Wirkungsstätte.
Seit dem 1. Juli sind Sie als Cheftrainer beim SV Babelsberg 03 im Amt. In der Regionalliga Nordost ist Ihr Team mit elf Punkten aus den ersten zwölf Spielen auf den 15. Platz abgerutscht. Seit dem 1. September hat der SVB kein Pflichtspiel mehr gewonnen, im Brandenburger Landespokal sind Sie gegen den FC Energie Cottbus ausgeschieden. Wie schauen Sie auf die ersten Monate in Babelsberg zurück?
Wir haben im Sommer - auf Wunsch des Vereins - einen Kader-Umbruch vollzogen. Mit der Maßgabe, einem Leitbild zu folgen, das den Babelsberger Weg ausmacht. Wir wollten den Kader verjüngen und auf eine Art und Weise Fußball spielen, die für Babelsberg steht: mit einer offensiv ausgerichteten und für Gegner unangenehmen Spielweise. Ich habe dem Verein aber von vornherein gesagt - nachdem ich einen ähnlichen Umbruch schon in Halle durchgemacht hatte -, dass das Risiken birgt. Vor allem im Kontext der Regionalliga Nordost, die über die vergangenen zehn Jahre brutal stark geworden ist.
Traditionsvereine wie der Chemnitzer FC haben in dieser Liga zu kämpfen. Vereine wie Meuselwitz oder Eilenburg hören sich klein an - wenn man sich aber mal genauer damit beschäftigt, wer dort spielt, sieht man, dass sie sich zum Beispiel beim Nachwuchs von RB Leipzig oder Drittligisten wie Aue bedienen. Mich haut unsere jetzige Situation also nicht komplett aus dem Gleichgewicht, weil man damit rechnen konnte. Es geht darum, Woche für Woche den Fokus darauf zu legen, unser ausgerufenes Ziel zu erreichen, eine sorgenfreie Saison zu spielen. Sprich: Wir wollen uns irgendwann von den Plätzen absetzen, die mehr Druck bedeuten.
Ich lese nur wenige Artikel und Kommentare. Viel wichtiger ist für mich: Welchen Eindruck vermitteln wir im Stadion? Ist da eine Geschlossenheit zu spüren? Wir haben zuletzt viele Randthemen gehabt und ich hoffe einfach, dass wir als ganzer Verein wieder eine gemeinsame Basis finden, um Kraft zu entwickeln und erfolgreich zu sein.
Was sind die Gründe für den durchwachsenen Saisonstart Ihrer Mannschaft?
Konkret sind es zwei Punkte: Wir schießen zu wenig Tore. Das hängt aber auch mit der Kaderplanung zusammen. Im Sommer haben wir aus voller Überzeugung gesagt, dass wir mit Daniel Frahn in die Saison gehen. Das war nachweislich richtig. Wir haben aber neben Daniel aktuell niemanden, der uns Tore garantiert [Der 37-jährige "Nulldrei"-Kapitän Frahn erzielte in der laufenden Saison sieben Treffer in elf Liga-Einsätzen, insgesamt kommt Babelsberg bislang auf 15 Tore in zwölf Spielen; Anm. d. Red.]. Die Spieler sind in der Verantwortung, das auf mehrere Schultern zu verteilen. Und das andere Thema sind die Standards: In Halle haben wir wieder vier Gegentore nach Standardsituationen gefangen. Gegen Viktoria waren es, glaube ich, drei. Das zieht sich durch sehr viele Spiele.
Unter anderem sorgte in den vergangenen Monaten die Trennung vom sportlichen Leiter Björn Laars für Diskussionen. Ein mehrwöchiges Trainingsintermezzo des Ex-Nationalspielers Nico Schulz, der kürzlich wegen des Vorwurfs gefährlicher Körperverletzung gegen seine Ex-Freundin vor Gericht stand, wurde ebenfalls kritisiert [maz-online.de, Bezahlinhalt]. Welchen Einfluss hatten die Störgeräusche abseits des Rasens auf das bisherige sportliche Abschneiden des SV Babelsberg?
Grundsätzlich haben diese Faktoren erstmal nichts mit dem Handeln auf dem Platz zu tun. Ich bin aber davon überzeugt, dass die Kraft eines Gesamtvereins - und da gehören alle mit dazu, in eine Richtung zu gehen und ihren Teil beizutragen, um Erfolg zu haben - dazu führen kann, 50:50-Spiele für sich zu entscheiden. Ich muss aber auch sagen, dass ich nur wenige Artikel und Kommentare lese. Viel wichtiger ist für mich: Welchen Eindruck vermitteln wir im Stadion? Ist da eine Geschlossenheit zu spüren? Wir haben zuletzt viele Randthemen gehabt und ich hoffe einfach, dass wir als ganzer Verein wieder eine gemeinsame Basis finden, um Kraft zu entwickeln und erfolgreich zu sein.
Wie kann und soll das gelingen - im Idealfall schon am Freitag (19 Uhr), im Auswärtsspiel bei der Zweitvertretung von Hertha BSC?
Wir dürfen nicht alles hinterfragen und müssen die gute Phase, die wir gegen Halle hatten, wieder auf den Platz bekommen. Mit Hertha erwartet uns ein Top-Gegner, der eine super Saison spielt. Sie werden uns defensiv weitaus mehr fordern als es Halle getan hat. Wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen und vor allem die Fehler in der Defensive abstellen, um zu punkten.
Bis zur Winterpause stehen noch sieben Regionalliga-Spieltage an, 21 Punkte sind also noch zu holen. Was muss passieren, um allen Anhängern des SV Babelsberg besinnliche Weihnachten zu bescheren?
Wir tun gut daran, uns von Spiel zu Spiel zu bewegen - und weniger bis Weihnachten zu blicken. Klar ist aber auch: Man sollte den Erfolg nicht zu weit wegschieben, denn irgendwann ist die Saison auch mal vorbei. Jeder kann sich sicher sein, dass sich alle handelnden Personen der Situation bewusst sind und alles investieren, um den Erfolg zu haben, den sich alle wünschen und für den Kopf brauchen.
Vielen Dank für das Gespräch
Das Interview führte Anton Fahl, rbb Sport