Die Saisoneröffnung 2025 am Ostersonntag in Hoppegarten (imago images/Galoppfoto)

Zuschauer-Boom in Hoppegarten Zuschauer-Boom auf der Rennbahn Hoppegarten: Zwischen Rolls Royce und Picknickdecke

Stand: 10.05.2025 08:07 Uhr

Pferderennen mögen zwar altmodisch anmuten, sind aber längst noch nicht eingestaubt. Die Rennbahn Hoppegarten zieht Jahr für Jahr mehr Zuschauende an, wenn auch nicht nur durch den Sport. Nun gilt es, diese zu echten Fans zu machen. Von Lukas Witte

Es ist eine ikonische Sportstätte zwischen Tradition und Wandel, die dort östlich vor den Toren Berlins liegt. Als 1868 erstmals die Startglocke für ein Pferderennen in Hoppegarten erklang, scharrte sich dort die Elite des Landes um König Wilhelm I. und Otto von Bismarck.
 
Über 150 Jahre, zwei Weltkriege, die deutsche Teilung und eine Pandemie später galoppieren hier immer noch die Pferde. Wenn die Rennbahn am kommenden Sonntag zum Irish Race Day einlädt, heißt es dann allerdings grün statt Krone tragen, um ein Freigetränk ergattern.

Jockey Thore Hammer-Hansen auf seinem Hengst Wilko | Bild: IMAGO/Galoppfoto
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22.000 Euro Wettumsatz pro Rennen

Egal ob echter König oder verkleideter Kobold: Pferderennen faszinieren die Menschen auch heute noch. Seit einigen Jahren erfährt eine der ältesten Sportarten der Menschheitsgeschichte einen Zuschauer-Boom in Deutschland - besonders in Hoppegarten, wie Rennbahnbesitzer Gerhard Schöningh berichtet.
 
12.700 Besuchende waren am vergangenen Ostersonntag zum Start der neuen Saison nach Hoppegarten gekommen. Es sei die beste Saisoneröffnung seit 17 Jahren gewesen, so Schöningh. "Es war sportlich top und wir hatten einen sehr guten Wettumsatz", sagt er. In Zahlen bedeutet das 22.000 Euro pro Rennen.
 
Der erfolgreiche Auftakt in 2025 ist die nahtlose Fortsetzung des positiven Trends der vergangenen Saisons. Bereits letztes Jahr hatte die Rennbahn mit insgesamt 77.600 Menschen ganze 23 Prozent mehr Besuchende gezählt als noch im Vor-Corona-Jahr 2019. "Wir haben eigentlich keine kleinen Renntage mehr. Nicht mal mehr mittlere. Das ist schon etwas Besonderes", sagt Schöningh.

Neben Gewinnen lockt vor allem die Natur

Der Grund scheint schnell gefunden. Denn auch wenn Schöningh weiterhin viel Wert darauf legt, dass Pferderennen und Wetten das Kerngeschäft bleiben, hat sich die Rennbahn immer mehr zu einem Ausflugsziel entwickelt. "Das Gelände ist 207 Hektar groß und eine grüne Oase. Das finden gerade Städter sehr gut", sagt er. Eine Befragung der Besuchnden habe ergeben, dass viele Menschen vor allem wegen des Naturerlebnisses nach Hoppegarten kommen würden.

Der eine kommt mit dem Rolls Royce, der andere mit der S-Bahn.

Das würde für einen außergewöhnlichen Mix sorgen, berichtet Thorsten Castle. Er ist als Moderator bei allen wesentlichen Galopprenntagen in Deutschland tätig. "Vor ein paar Jahren galten Pferderennen noch als elitäre Veranstaltung. Heute kommen zwar immer noch Menschen, die vielleicht den Generalkonsul treffen wollen, aber eben auch die Familie mit vier Kindern, die sich auf eine Picknickdecke setzt. Der eine kommt mit dem Rolls-Royce, der andere mit der S-Bahn", sagt er.
 
Und sie alle machen gemeinsam ordentlich Stimmung. Die Atmosphäre in Hoppegarten sei mit keiner anderen Rennbahn in Deutschland vergleichbar, sagt Castle. "Es gibt kein einziges Rennen, bei dem man keine Gänsehaut hat."

Archivbild: Osterreiter sind im Spreewald unterwegs. Das Osterreiten findet insbesondere noch in den sorbischen Siedlungsgebieten der Lausitz statt. Alljährlich am Ostersonntag nehmen festlich gekleidete Reiter mit ihren geschmückten Pferden an der traditionellen Osterprozession teil, um mit Gebeten und Gesängen in den Nachbargemeinden die frohe Botschaft der Auferstehung Jesus Christus zu verkünden. Bereits zum 25. Mal sind die Reiter hoch zu Roß unterwegs. An der Kirche in Zerkwitz bei Lübbenau begann das wendische Osterreiten. Bevor die Osterreiter sich auf die 30 Kilometer lange Route machten, wurde der Prozessionszug an der Kirchenschwelle gesegnet. (Quelle: dpa/Pleul)
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Wetten war einmal

Damit die Tribünen auch weiterhin voll sind, muss Hoppegarten neue Wege gehen. Während sich der Pferderennsport früher noch überwiegend aus den Wetten selbst finanzieren konnte, würden diese heute nur noch ein Drittel der Einnahmen ausmachen, sagt Schöningh.
 
Lange seien Sportwetten einzig auf Pferderennen möglich gewesen, nun sei der Wettmarkt aber von anderen Sportarten mit deutlich höherer Medienpräsenz überschwemmt. Die Konkurrenz sei einfach zu groß. Zudem müsse man sich den Kuchen heute mit Online-Buchmachern teilen.
 
Stattdessen würde ein beachtlicher Teil des jährlichen Etats von vier Millionen Euro mittlerweile aus Eintrittsgeldern und von Sponsoren stammen. "Deshalb ist es so wichtig, ein Eventpublikum anzuziehen", erklärt der Rennbahnbesitzer. Ein Biergarten, musikalisches Rahmenprogramm, ein Kleidungsmotto: All diese Dinge gehören mittlerweile fest zu den Renntagen in Hoppegarten und tragen zum Erhalt der Sportart bei.

Hohe Kosten, weniger Pferde

Schließlich haben die Preissteigerungen auch vor der Pferdezucht keinen Halt gemacht. "Leute denken oft, dass man mit Pferdesport reich werden kann. Die Realität eines Rennpferdbesitzers ist eine andere. Ein wirklich gutes Pferd ist wie ein Lottogewinn", sagt Schöningh.
 
Training und Unterhalt der Tiere seien mittlerweile so teuer, dass es sich kaum noch jemand leisten wolle, berichtet auch Jockey Michael Cadeddu, der erst am Osterwochenende noch selbst in Hoppegarten an den Start gegangen war. "Das ist schade, denn so gibt es immer weniger Rennpferde", sagt er.
 
Dieser Mangel würde sich bereits an kleineren Teilnehmerfeldern bemerkbar machen, was nicht nur Auswirkungen auf die Qualität und Spannung bei den Rennen hätte, sondern auch die Konkurrenzsituation unter den Jockeys verschärfen würde. "Je weniger Brut für alle, desto höher ist der Kampf. Manchmal mache ich mir schon Sorgen. Irgendwie wird es weitergehen, aber es wird immer schwieriger", so Cadeddu.

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Aus Ausflüglern sollen Fans werden

Im positiven Trend der Besucherentwicklung sieht Rennbahninhaber Schöningh eine große Möglichkeit, in Hoppegarten trotz der rückläufigen Anzahl an Pferden auch in Zukunft Rennen auf hohem Niveau anbieten zu können. Auch wenn Deutschland in Bezug auf die Preisgelder nicht mit großen Pferdesportnationen wie Großbritannien, Frankreich oder Irland mithalten könne, würden traditionsreiche Bahnen mit ausgelassener Stimmung wie Hoppegarten allein schon wegen des Prestiges locken.
 
Damit das auch nachhaltig so bleibt, will er den großen Anteil der Ausflügler, die derzeit auf die Rennbahn strömen, zu echten Pferdesportenthusiasten machen. Eine Analyse des Online-Ticketverkaufs habe ergeben, dass der durchschnittliche Besuchende nur zwei von acht Renntagen im Jahr in Hoppegarten besuchen würde. "Wir waren erst einmal geschockt, dass nur so wenige Menschen wiederkehren. Aber dann haben wir auch eine große Chance gesehen. Es gibt extrem viele neugierige Erstbesucher. Die Aufgabe ist es, diese zu Fans zu konvertieren", sagt Schöningh.
 
Wie genau das gelingen soll, wollte er aber nicht verraten. Es sei das große Projekt für die nächsten Jahre. "Hoppegarten wird weiterhin und noch im größeren Maße ein Motor des Pferderennsports in Deutschland sein", blickt er zuversichtlich in die Zukunft.