NOFV-Präsident Hermann Winkler

Fußball | Verband Winkler rudert nach Selenskyj-Äußerung zurück – Scharfe Kritik von DFB-Präsident Neuendorf

Stand: 15.05.2023 17:40 Uhr

Ein despektierlicher Post von Hermann Winkler über Ukraine-Staatschef Wolodymyr Selenskyj sorgt für Irritationen und Kritik. Nun hat sich der DFB-Vizepräsident und NOFV-Chef aus Grimma dafür entschuldigt und den Beitrag gelöscht. DFB-Präsident Bernd Neuendorf kritisiert den 60-Jährigen scharf.

Der Vize-Präsident des Deutschen Fußball-Bundes und Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV) Hermann Winkler ist nach seiner despektierlichen Äußerung über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zurückgerudert. Seinen Beitrag in den Sozialen Medien würde er "so nicht noch einmal verfassen", schrieb der 60-Jährige am Montagmittag (15. Mai) auf Facebook: "Ich entschuldige mich dafür und auch für die entstandenen Irritationen. Mich deswegen in die 'Putinversteher-Ecke' zu stellen, weise ich entschieden zurück."

DFB-Präsident Neuendorf: "Unerträglich und beleidigend"

Winkler hatte Selenskyj am Sonntag (14. Mai) bei Instagram und Facebook als "ehemaligen ukrainischen Schauspieler" bezeichnet und dessen Besuch in Berlin als Grund für Beeinträchtigungen für Touristen genannt. Laut Winkler habe dazu am Montag ein Gespräch mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf stattgefunden. Bereits zuvor hatte der frühere CDU-Europaabgeordnete seinen Instagram-Account deaktiviert. Der inzwischen auch bei Facebook gelöschte Beitrag sei "in einer sehr emotionalen Situation an der Gedenkstätte im Treptower Park entstanden", notierte Winkler. Er verurteile den "Krieg und die Aggression Putins", er sei allerdings "auch nicht mit allem, was Selenskyj macht, persönlich einverstanden".

Derweil hat DFB-Präsident Neuendorf Winklers Beitrag vom Sonntag scharf kritisiert, Konsequenzen aber offengelassen. Neuendorf habe in einem Telefonat klargestellt, dass er den Post als "unerträglich und beleidigend empfunden" habe, hieß es in einer am frühen Nachmittag veröffentlichten Pressemitteilung des Verbandes. Am Sonntag, dem Tag, an dem der Staatspräsident der Ukraine und das ukrainische Volk mit dem internationalen Karlspreis ausgezeichnet wurden, sei "die verhöhnende Symbolik (...) noch verstärkt" worden. Winklers Vorgehen, so Neuendorf, halte er für "mit den Grundsätzen des DFB unvereinbar".

CDU-Bundesabgeordnete Wanderwitz fordert Konsequenzen

Auch aus der Politik gab es Reaktionen. Der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung forderte Konsequenzen für den Fußball-Spitzenfunktionär. "Der DFB täte gut daran, hier klar Schiff zu machen", sagte der Chemnitzer CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz am Montag dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Wanderwitz erinnerte daran, dass Winkler sich 2016 als Europaabgeordneter der CDU Sachsen für Koalitionen mit der rechtspopulistischen AfD auf Landes- und Bundesebene ausgesprochen hatte. "Da passt es heute ins Bild, dass er, wo Herr Chrupalla mit Geschenken in der russischen Botschaft aufläuft und seine Truppe allzeit zu Putins Diensten ist, den ukrainischen Präsident und sein tapferes Volk beleidigt", ergänzte Wanderwitz. Er nahm damit Bezug auf einen Besuch von AfD-Chef Tino Chrupalla in der Vorwoche in der russischen Botschaft in Berlin. 

FSA-Chef Stahlknecht: "Ungeschickt"

Zuvor hatten unter anderen auch NOFV-Funktionäre Kritik und Irritationen zum Ausdruck gebracht. "Das ist nicht die Haltung des Berliner Fußball-Verbandes. Unsere Werte sind andere", sagte der Verbandschef Bernd Schultz am Montag der Deutschen Presse-Agentur. "Eine Persönlichkeit wie einen Staatspräsidenten greift man nicht so an", sagte Schultz.

CDU-Politiker Holger Stahlknecht, Präsident des Fußball-Verbandes Sachsen-Anhalt, äußerte sich verwundert über Winklers umstrittenen Social-Media-Post. "Ich halte das für ungeschickt", sagte der ehemalige Innenminister Sachsen-Anhalts. Er sei grundsätzlich dagegen, "den Sport zu politisieren". Für ein weiteres Meinungsbild wolle er zunächst mit Winkler sprechen.

NOFV-Vertreter fürchten Imageschaden

Schultz will sich in Gesprächen ein Bild über die Meinungen anderer Funktionäre im Nordostdeutschen Fußball-Verband machen. Wie aus NOFV-Kreisen am Montag zu hören war, befürchtet man einen Imageschaden für die gesamte Fußballregion mit ihren fünf Landesverbänden von Mecklenburg-Vorpommern bis Sachsen. DFB-Präsident Neuendorf will den Vorgang am Mittwoch bei der Konferenz der Regional- und Landesverbandspräsidenten besprechen.

Selenskyj war am frühen Sonntagmorgen in Berlin und erstmals seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine in Deutschland eingetroffen. Am Sonntagnachmittag waren er und sein Volk in Aachen mit dem Karlspreis ausgezeichnet worden. Die Nationalmannschaft bestreitet am 12. Juni in Bremen ihr 1.000. Länderspiel gegen die Ukraine. Auch in diesem Zusammenhang sieht BFV-Chef Schultz die Winkler-Äußerungen als schwierig an. Der DFB rufe zu Spenden für die Menschen in der Ukraine auf. Grundsätzlich kenne man aber die politische Haltung Winklers, fügte Schultz an.

dpa/sid/red

Der Krieg und wir – ukrainische Judoka zwischen Sport und Front