Rico Bogen gewinnt die Ironman Weltmeisterschaft in Lahti, Finland

Triathlon | WM Weltmeister über die Ironman-Halbdistanz – wer ist dieser Rico Bogen aus Leipzig?

Stand: 30.08.2023 17:36 Uhr

Er trainiert im Leipziger Auwald und triumphierte zuletzt im finnischen Lahti: Bei der Weltmeisterschaft in der Triathlon-Halbdistanz hat Rico Bogen alle Konkurrenten hinter sich gelassen. Der WM-Titel in der Halbdistanz soll erst der Anfang gewesen sein. Der 22-Jährige möchte in die Fußstapfen der größten deutschen Triathleten treten.

Von Antonio Ziesche

Über drei Stunden und 32 Minuten stehen auf der Uhr, als Rico Bogen auf die Zielgerade der Ironman 70.3 Weltmeisterschaft einbiegt. 70.3 steht für die Halbdistanz, insgesamt legen die Athleten 70,3 Meilen zurück. Bogen legt den Kopf in den Nacken, breitet die Arme aus, reißt Augen und Mund weit auf. Mit verzerrtem Gesicht überwindet er die letzten Meter bis zum größten Erfolg seiner Karriere. Noch bevor er das Zielband demonstrativ in die Höhe reckt, steckt er sich den rechten Daumen in den Mund. Es ist ein Gruß an seine ältere Schwester Bianca, die das Rennen zu dem Zeitpunkt hochschwanger aus Deutschland verfolgt.

Das erste Mal Weltmeister, das erste Mal Onkel

Die Geburt war eigentlich für vergangenen Sonntag (27. August) – dem Renntag – angekündigt, sagt Bogen im Gespräch mit Sport im Osten. Doch es kam zwei Tage später. Er und seine Eltern, die ihn auch sportlich seit Kindestagen begleiten, waren aber immer noch auf der Rückreise von Finnland nach Deutschland. "Natürlich war es ein bisschen doof, dass ich nicht dabei sein konnte", sagt Bogen, aber er freue sich jetzt umso mehr auf seinen ersten Neffen. Rico Bogen ist nun also das erste Mal Onkel und das erste Mal Weltmeister.

Vor allem letzteres stellt ihn aktuell vor größere Herausforderungen. Das Handy klingele ununterbrochen, neben unzähligen Glückwünschen erreichen ihn nun auch vermehrt Presseanfragen. "Es ist ein bisschen stressiger jetzt, als wenn man weiter hinten wäre, aber ich versuche es zu genießen", sagt Bogen. Aktuell verbringt er vor allem viel Zeit am Handy, um alle Nachrichten zu beantworten. "Es ist aber schon sehr positiv gerade alles", sagt er.

Zwei bis drei Trainingseinheiten am Tag

In der Woche nach der Weltmeisterschaft fährt er mit seinen Eltern im Wohnmobil zurück nach Deutschland. Abseits der Strecke nehmen sich die Bogens Zeit für Sightseeing in Finnland, Schweden und Dänemark. Rico Bogen, der normalerweise 25 bis 30 Stunden in der Woche trainiert, macht mal eine Woche Pause. Nach der Weltmeisterschaft spüre er sowieso noch starken Muskelkater. Normales Gehen sei in Ordnung, Treppenlaufen immer noch schwer, sagt er.

Rico Bogen über seine Stärken und Schwächen

Seine Eltern Kathrin und Gregor Bogen unterstützen ihren Sohn auch sportlich seit Kindestagen. Die ganze Familie, auch Schwester Bianca, sind begeisterte Triathleten. Zusammen mit seiner Schwester besuchte Rico das Sportgymnasium in Leipzig. Als Kind und Teenager war er Schwimmer. Als ihm das zu eintönig wurde, wechselte er zum Triathlon. Ein guter Radfahrer sei er schon immer gewesen, sagt er. Nur im Laufen habe er noch lange Verbesserungspotenzial gehabt. Bis jetzt. Bei der WM ist er allen anderen davongelaufen.

Nach dem Abitur fokussierte er sich auf den Sport. Zwei- bis dreimal am Tag trainiert er. Morgens Schwimmen, mittags Laufen, nachmittags Radfahren – so beschreibt er einen klassischen Trainingstag. Danach sei er aber auch platt, sagt er. Nebenbei studiert er Internationales Management an einer Fernuni. Das Studium mit dem Sport zu verbinden sei aber schon ziemlich stressig, sagt er. Seine Eltern haben ihn von Anfang an auch finanziell unterstützt. Das ging zu Beginn gar nicht anders. Seit diesem Jahr hat er Sponsoren, die seinen Sport finanzieren. Dass er im ersten Jahr als Profi gleich Weltmeister werde, hatte auch er nicht erwartet. Die weitere Sponsorensuche mache das natürlich einfacher, sagt er.

Erst Titelverteidigung, dann Langdistanz

Rico Bogen ist waschechter Leipziger. Er ist in der Stadt geboren, aufgewachsen, trainiert und lebt bis heute in heimischen Gefilden. Er fühle sich wohl in der Stadt, sagt er. Die Nähe zu Familie und Freunden schätze er sehr. "Mir ist es wichtig, zuhause zu sein." Seine Trainingsläufe absolviert er im Auwald oder auf dem Damm Richtung Schkeuditz. Dafür trifft er sich regelmäßig mit einer Leipziger Laufgruppe. "Berge sind das, was wir nicht so viel haben, aber zum Laufen geht es sehr gut", sagt er. Dafür war er zur Vorbereitung auf die WM im Höhentrainingslager in den Alpen.

"Ich stand beim Start neben Blummenfelt"

Sein Weltmeistertitel kam sicherlich unerwartet, Triathlon-Experten müssten ihn aber schon auf dem Schirm gehabt haben. Im Mai gewann Rico schon den 70.3-Wettkampf im Kraichgau. Und das vor dem zweimaligen Ironman-Hawaii-Sieger Patrick Lange. Der schrieb danach auf Instagram über Rico Bogen: "Der Typ ist ein Biest". Das "Biest" möchte in zwei bis drei Jahren auch auf der Langdistanz antreten. Bis dahin gelte es aber erstmal die jüngste Leistung zu bestätigen. "Jetzt ist man natürlich immer der Gejagte, wo es ein bisschen schwieriger wird, aber ich versuche da dranzubleiben und das zu bestätigen", sagt Bogen.

Erstmal geht es für den frischgebackenen Weltmeister aber nach Hannover zum letzten Rennen der Triathlon-Bundesliga. Beim Kurzdistanz-Wettbewerb lässt er die Saison ausklingen. Auch das Ziel für nächstes Jahr steht schon fest: Bei der nächsten 70.3-WM im Dezember 2024 in Neuseeland möchte er seinen Titel verteidigen.