Biathlon in Oberhof

DOSB | Initiative Olympia in Mitteldeutschland – "Luftschloss" oder wirklich realisierbar?

Stand: 10.07.2023 15:56 Uhr

Der DOSB startet den nächsten Versuch, Olympische Spiele nach Deutschland zu holen. Der Gedanke stößt auch in Mitteldeutschland auf Resonanz – insbesondere mit Blick auf die Austragung von Winterspielen.

Die olympischen Ringe in Altenberg, Oberhof oder Chemnitz? Was auf den ersten Blick einem überambitionierten Projekt gleicht, ist gar nicht so weit von der Realität entfernt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat mit seiner jüngst gestarteten Dialoginitiative wieder frischen Wind in die Debatte um eine Bewerbung Deutschlands für Olympische Spiele gebracht. Für die Austragung von Sommerspielen würden die Jahre 2036 und 2040 infrage kommen – oder für mögliche Winterspiele 2038 und 2042.

Winterspiele bisher kaum im Fokus

Das weckt auch Träume im Erzgebirge. Christian Freitag, Geschäftsführer des WSC Erzgebirge Oberwiesenthal, ist auf der einen Seite erfreut, dass die Debatte wieder Fahrt aufgenommen hat. Ihm wird das Thema allerdings zu einseitig beleuchtet. "Ich vermisse den Wintersport dabei", sagte er am Montag (10.07.2023) im Gespräch mit dem MDR. Der Grundgedanke sei der richtige. Wichtig sei es aber, "beide Olympiaden im Blick zu haben." Dagegen hatte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erst vor wenigen Tagen Winterspielen eine klare Absage erteilt. "Wenn, dann Sommerspiele", sagte der SPD-Politiker unmissverständlich.

Es wäre schön, den olympischen Charakter im Wintersport mal wieder hier in Mitteleuropa zu spüren. Christian Freitag | Geschäftsführer WSC Erzgebirge Oberwiesenthal

Freitag sieht das anders: "Es wäre schön, den olympischen Charakter im Wintersport mal wieder hier in Mitteleuropa zu spüren." Da ein solches Projekt "viele Herausforderungen" mit sich bringe, müsse man über den Tellerrand schauen. Auch deshalb sucht der DOSB nach Kombinationen, was mögliche Austragungsorte angeht. Eine Stadt alleine kann die Anforderungen unter der Prämisse "keine Neubauten" nicht stemmen. Gerade die Nachhaltigkeit nimmt in der Diskussion einen wesentlichen Punkt ein. Für Freitag ist daher auch eine Kooperation mit anderen Ländern vorstellbar. Zum Beispiel im Bereich Ski-Alpin. Man müsse "sehr kleinteilig denken" und auch mögliche Partnerländer wie Österreich, Tschechien oder Polen "ins Spiel bringen".

"Ressourcen nutzen, zum Kern des Sports zurückkehren"

"Keiner von uns lebt in Luftschlössern"

Doch auch Mitteldeutschland könnte seinen Teil zu Winterspielen beitragen. "Es gibt sicherlich einige Disziplinen, die wir im Erzgebirge gut darstellen können – gerade die nordischen Disziplinen sind in Sachsen und Thüringen zuhause", betonte Freitag mit Blick auf Altenberg oder Oberhof, wo regelmäßig große Wintersport-Wettkämpfe stattfinden. Chemnitz und Dresden wären zudem geeignete Adressen für den Eissport. "Grundsätzlich kann man das ins Rennen bringen", so Freitag, schränkte aber auch ein: "Man sollte vorab realistisch mit allen Partnern bis ins letzte Detail sprechen. Die Straßen- und Zuschauerinfrastruktur fehlt uns für solch ein Event schon. Keiner von uns lebt in Luftschlössern. Auch die Politik müsste sich klar zu solch einer Idee bekennen."

Bob- und Rodelbahn Altenberg von oben.

Die Bob- und Rodelbahn in Altenberg war bereits Austragungsort für zahlreiche Großevents.

Differenziertes Stimmungsbild

Die Entscheidung, ob sich der DOSB überhaupt um Olympische Spiele – egal ob für Sommer oder Winter – bewirbt, soll voraussichtlich im kommenden Jahr fallen. Bis dahin will die Dachorganisation des deutschen Sports die Idee in die Gesellschaft geben. Über entsprechende analoge und digitale Beteiligungsformate soll ein Stimmungsbild erzeugt werden. Dieses könnte durchaus konträr ausfallen. Bei einer nicht repräsentativen und weiterhin laufenden Online-Umfrage von Sport im Osten sprechen sich aktuell 50 Prozent für Olympische Spiele in Deutschland aus, 45 Prozent sind dagegen.

Und doch scheint sich der Wind nach den gescheiterten Olympia-Bewerbungen der letzten Jahrzehnte gedreht zu haben. Das hängt nicht zuletzt mit den vergangenen Großevents auf deutschem Boden zusammen. Schon die European Championships im vergangenen Jahr in München haben die Idee von Olympischen Spielen in Deutschland wieder aufkeimen lassen. Mit den Special Olympics in Berlin im Juni sowie den am Sonntag zu Ende gegangen Finals hat der Traum von einer möglichen ersten Ausgabe hierzulande des weltweit bedeutendsten Sportevents seit 1972 noch einmal neuen Rückenwind erhalten.

Nicht umsonst zog DOSB-Präsident Thomas Weikert nach den Finals ein mehr als positives Fazit. "Es kommt alles bei den Fans an, die Finals zeigen, dass Veranstaltungen mit vielen Sportarten in Deutschland salonfähig sind", sagte Weikert im Sportschau-Interview "Das kann man so nur fortsetzen und hoffen, dass wir dann auch bald mal wieder noch größere Sportveranstaltungen wie Olympische und Paralympische Spiele bei uns im Land haben".

jsc