Lilien-Trainer Florian Kohfeldt beim Spiel gegen den Hamburger SV

Lilien-Perspektiven für die neue Saison Lilien-Lehren für die neue Saison: Kohfeldt lehrt Lilien Weltklasse im Einfachsein

Stand: 04.05.2025 15:11 Uhr

Der Hamburger SV hat Darmstadt 98 vorgeführt, was beide Teams in dieser Saison voneinander trennt. Gleichzeitig lieferte die Niederlage wertvolle Ansätze dafür, wie die Lilien in der kommenden Saison vielleicht selbst ein Spitzenteam werden können.

Einen Vorwurf wollten sich die Lilien nicht machen lassen. Positiv fiel vor allem ins Gewicht, dass es ihnen gelang, schon vorher auf dem Feld entsprechenden Eindrücken entgegenzuwirken und nicht erst anschließend in den Interviews. Nein, es machte nicht den Anschein, dass sie gegen den HSV irgendwas abschenken wollten. Dabei gewannen die Hamburger, für die noch fast alles auf dem Spiel steht, gegen die Lilien, für die es um fast nichts mehr geht, sehr klar mit 4:0.

So deutlich sei das aber alles gar nicht gewesen, bemerkte Sportdirektor Paul Fernie anschließend. Eine Analyse, der man sich durchaus anschließen konnte. 20 Minuten lang waren die Gastgeber sogar das bessere Team, setzten auch danach vermehrt die Akzente. "Wir haben gut reingefunden", bemerkte Fabian Nürnberger. Der Lilien-Profi selbst konnte jedoch aus nächster Nähe beobachten, wie das Spiel kippte. Im Zweikampf mit Ludovit Reis agierte er seltsam passiv. "Ich verliere ihn nicht aus den Augen, aber er setzt sich einfach durch", beschrieb Nürnberger.

Fernie: "Nicht den Fuß vom Gaspedal genommen"

Nach dem 1:0 nahmen die Dinge dann ihren Lauf für den HSV. Fernie beobachtete "kein typisches 0:4-Spiel, wo man sagt, wir haben den Klassenerhalt geschafft und dann den Fuß vom Gaspedal genommen." Nürnberger sah das anders. Die Niederlage sei am Ende um kein Tor zu hoch ausgefallen. Wo er einmal dabei war, übernahm er gleich noch die Verantwortung für das erste Gegentor, gab sich beim 0:3 eine Mitschuld. Der HSV habe zudem einfach gezeigt, warum er nach aller Wahrscheinlicheit aufsteigen wird.

Diese Selbstkritik ist löblich und weist den Weg für die nahe Zukunft. Zwei Spieltage vor Saisonende müssen die Lilien dazu übergehen, sich Gedanken darüber zu machen, warum den SVD, der in der vergangenen Saison noch erstklassig spielte und dem HSV, der das wohl in der kommenden Saison tut, nach aktueller Bestandsaufnahme vier Tore, elf Tabellenplätze und 17 Punkte trennen.

Stimmungshoch zum Jahresende

Dabei gab es mindestens eine Phase in dieser Saison, als sich die Darmstädter aufführten, als wären sie selbst ein Spitzenteam. 5:3 auf Schalke, 5:1 gegen Köln, 5:1 bei Greuther Fürth, 5:1 gegen Kaiserslautern. Florian Kohfeldt läutete bei seiner Amtsübernahme einen goldenen Herbst ein. Einzig die Hypothek des vermurksten Saisonstarts wog so schwer, dass der SVD zwar zwischenzeitlich die beste Platzierung dieser Saison erreichte, aber selbst da als Zehnter knapp in der unteren Tabellenhälfte blieb.

Die Pressekonferenz nach der Darmstadt-Niederlage gegen Hamburg

Klar, die Saison ist geprägt von Kuriositäten und von großer Ausgeglichenheit. Als Tabellenzehnter trennten die Lilien phasenweise nur vier Punkte vom Spitzenreiter. Gleichsam macht das fast schon schmerzhaft deutlich, dass Vieles möglich gewesen wäre.

"Worst of the Rest" zwischen Hertha und Schalke

Gleichzeitig sind zwei eklatante Schwächeperioden in einer Saison dann eben mindestens eine zu viel, um sich bei den zahlreichen Verfolgern einzusortieren. Da die Tabelle quasi gänzlich ohne Mittelbau auskommt, hat sich Darmstadt zwischen Hertha BSC und Schalke 04 als "Worst of the Rest" in einer Blase verpuppt, kurz vor Abstiegskampf und weit entfernt von allem anderen.

Dafür gibt es Gründe. Ein zwangsläufiger Umbruch nach dem Abstieg, Verletzungssorgen, unglückliche Spielverläufe. "Es bleibt eine Puzzle-Saison", sagte Kohfeldt nach dem HSV-Spiel. Zwar sei auch die Konkurrenz von Sperren und Verletzungen betroffen, "aber bei uns ist es schon sehr extrem." Es bleibt dennoch festzuhalten, dass die Lilien sich nicht für Höheres qualifiziert haben, obwohl die Preise so günstig waren wie lange nicht. Vor allem die Schwächeperiode zu Jahresbeginn sollte Kohfeldt und Fernie deshalb reichlich inhaltliche Ansätze liefern, um Schlüsse für die kommende Saison zu ziehen.

Personalplanung nimmt Fahrt auf

Man darf davon ausgehen, dass spätestens seit dem rechnerischen Klassenerhalt intensiv Personalplanung betrieben wird. Die Abgänge der Routiniers Tobias Kempe und Christoph Zimmermann sind bereits klar. Gewiss nicht die einzigen Transferbewegungen im kommenden Sommer. Die fußballerischen Leitplanken für Zugänge und bestehendes Personal hat Kohfeld bereits klar umrissen. Seine Ambitionen unterstrich er explizit: "Klar ist, dass wir hier in Darmstadt nach dieser turbulenten Saison in der Zukunft auch tabellarisch wieder andere Regionen angreifen wollen."

Auch bei der Niederlage gegen den HSV konnte er erkennen, dass zumindest einiges von dem aufgeht, was er sich mit seinen Spieler überlegt hat. "Wir wollten bis zuletzt auf Sieg spielen. Das zeigt den Anspruch der Mannschaft. Den unterstütze ich und den möchte ich im nächsten Jahr weiter sehen", betonte der Lilien-Coach. "Man erkennt auch, dass diese Mannschaft einen sehr klaren Spielstil hat. Es ist unglaublich schwer für den Gegner, trotz 0:4 sage ich das, uns zu greifen."

Damit sich das in der kommenden Saison noch deutlicher in Punkten messen lässt, müsse aber vor allem das Grundsätzliche stimmen. "Wir müssen die einfachen Dinge weiterhin perfekt machen. Die Basics müssen Weltklasse werden", sagte Kohfeldt. Denn, das ist wohl mindestens eine Zwischenüberschrift in seiner Saisonbilanz: "In zu vielen Momenten waren die Basics eben nicht Weltklasse."