Jubel über den Aufstieg in die 2. Bundesliga: Die Frauen des 1. FSV Mainz 05.
analyse

Strukturwandel im Frauenfußball Facelifting in der 2. Frauen-Bundesliga

Stand: 19.05.2025 13:36 Uhr

Die 2. Frauen-Bundesliga verändert mit sechs neuen Teams massiv ihr Gesicht: Die Aufsteiger 1. FSV Mainz 05, VfB Stuttgart und Viktoria Berlin stehen für neue Ansätze - und höhere Ambitionen.

Das dritte Mai-Wochenende 2025 wird seinen festen Platz in der Vereinschronik des 1. FSV Mainz 05 erhalten. Erst zogen die Männer mit einer rauschenden Sause erstmals seit neun Jahren wieder in den Europapokal ein, dann machten die Frauen in kleinerem Rahmen den größten Erfolg der Vereinsgeschichte perfekt.

"Südwestdeutscher Meister, Mainz 05, so heißt er", schallte es von der Haupttribüne im Stadion am Bruchweg. 1.350 Zuschauer feierten das torlose Remis gegen den früheren Angstgegner und Dauerrivalen 1. FC Saarbrücken wie einen Sieg. Denn die Meisterschaft in der Regionalliga Südwest war damit perfekt - und damit der Aufstieg in die 2. Frauen-Bundesliga.

TSV Schott Mainz hat geholfen

Erst im April 2022 hatten der TSV Schott Mainz und 1. FSV Mainz 05 eine Kooperation verkündet, um auf allen Ebenen den Frauen- und Mädchenfußball zu professionalisieren. 2024 sprang bereits die Meisterschaft heraus, doch scheiterten die Mainzer am VfL Bochum, wo die ehemalige Nationalspielerin Annike Krahn das Sagen hat.

Im zweiten Anlauf den Aufstieg geschafft zu haben, sei "etwas Großes für den Verein", findet die Sportliche Leiterin Nadine Kreß. Imposant vor allem das Torverhältnis von 105:4. Niemand aus den ersten drei Männer-Profiligen und den vier höchsten Frauen-Staffeln kann eine solche Bilanz vorweisen.

Heiko Gerber arbeitet als Trainer beim VfB Stuttgart

Ähnlich dominant in der Süd-Staffel waren die Frauen des VfB Stuttgart, die mit einem Kantersieg gegen TSV Schwaben Augsburg (12:0) ihren 20. Sieg im 22. Spiel feierten. "Die Mädels haben immer Vollgas gegeben", freute sich VfB-Trainer Heiko Gerber. Der Ex-Profi glaubt: "Jetzt sind wir gerüstet für die zweite Liga. Wir wollen auch da oben mitspielen."

Die ehemalige Nationalspielerin Leonie Maier war Teil des Aufstiegsteams.  "Ich hätte mir den Abschied vom aktiven Fußball nicht schöner vorstellen können", sagte die gerührte Olympiasiegerin. Mit Sascha Glass (ehemals Trainer beim 1. FFC Frankfurt und 1. FC Köln) hat Stuttgart einen General Manager installiert, der sich um die Frauen-Abteilung kümmert. Zwei Aufstiege binnen kürzester Zeit sollen noch nicht das Ende der Fahnenstange sein: Der schwäbische Traditionsverein will mittelfristig in die Frauen-Bundesliga.

In der Zweitklassigkeit angekommen: Die Fußballerinnen des VfB Stuttgart zelebrieren den Aufstieg.

In der Zweitklassigkeit angekommen: Die Fußballerinnen des VfB Stuttgart zelebrieren den Aufstieg.

Für Weinberg oder Gütersloh ist kein Platz mehr

Langfristig verfolgt auch Mainz diese Ausrichtung für einen Lizenzverein, der aus Überzeugung für Vielfalt stehen will, aber bei den Frauen nicht um jeden Preis nach oben strebt. "Wir wollen gesund wachsen: nicht drei, vier Stufen auf einmal nehmen, sondern einen Schritt nach dem anderen", sagt die Sportliche Leiterin Nadine Kreß.

Mainz und Stuttgart als Lizenzvereine tragen dazu bei, dass sich das Gesicht des Bundesliga-Unterbaus erheblich verändert. Die Absteiger heißen SV Weinberg, SC Freiburg II und FSV Gütersloh 2009. Mit Union Berlin, 1. FC Nürnberg und dem Hamburger SV sind durch die Aufstockung der Bundesliga auf 14 Teams gleich drei Mannschaften aufgestiegen.

Von den Aufsteigern setzte insbesondere Union neue Maßstäbe. Die Köpenickerinnen spielen im Stadion an der alten Försterei und lockten im Schnitt 7.190 Fans an. In ganz Europa hatten nur der FC Arsenal, der FC Chelsea und Manchester United mehr Zuschauer.

Viktoria Berlin will für einen Kulturwandel stehen

Bislang war die Liga sehr heterogen geprägt. Teils noch amateurhaft strukturierte Klubs aus der Provinz trafen auf ambitionierte Lizenzvereine. Wichtige Funktionen haben die Zweitvertretungen von Eintracht Frankfurt und Bayern München, die über die U23 ihren Talenten zu Spielpraxis auf Zweitliga-Ebene verhelfen.

Das Facelifting wird von den fünf Aufsteigern geprägt. Viktoria Berlin als Meister der Regionalliga Nordost steht für eines der spannendsten Projekte im deutschen Frauensport überhaupt. 2022 übernahmen sechs Gründerinnen das ausgegliederte Frauenteam. "Wir haben das ambitionierte Ziel, in fünf Jahren in der Bundesliga zu spielen", sagte Felicia Mutterer als eine der Gründerinnen gerade auf einem Talk beim Sportinformationsdienst in Köln.

Schwer Stand für Turbine Potsdam

Mit Hilfe prominenter Unterstützerinnen wie Franziska van Almsick, Caroline Kebekus oder Ulrike Folkerts kam eine Millionensumme zusammen. Ein Großteil der Gelder fließen in den sportlichen Bereich. "Wir wollen einen Kulturwandel", so Mutterer. "An keinem anderen Sport lässt sich in Deutschland so stark illustrieren, wie ungleich die Verhältnisse zwischen Männern und Frauen sind." Viktoria Berlin will eine eigene Identität entwickeln.  

Turbine Potsdam, sang- und klanglos aus der Bundesliga abgestiegen, hat das nicht mehr geschafft - und wird es auch in Zukunft schwer haben, wo sich die "Eisernen Ladies" von Union Berlin zur ersten Adresse der Hauptstadt aufschwingen.

Bereits 2026 könnte Borussia Dortmund an die Tür zur zweiten Liga klopfen: Mit der Meisterschaft in der Westfalenliga spielt der BVB nächste Saison in der Regionalliga West - und hat mit Markus Högner von der SGS Essen einen der besten Ausbilder als Cheftrainer verpflichtet.

Kritik an den amateurhaften Strukturen

Aus dem Norden hat der VfL Wolfsburg II den Aufstieg geschafft. Die "Jungwölfinnen" jubelten, weil der HSV II verzichtete. Aus dem Westen schaffte der VfR Wabeyen den Sprung. Die 2. Bundesliga wird bunter, ambitionierter – und womöglich auch professioneller.

Der Spielerberater Jörg Neblung hatte wiederholt die stockende Entwicklung unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kritisiert: "Der Verband hat es erst sehr spät verstanden, welche Potenziale im Frauenfußball stecken. Es kann nicht sein, dass wir immer noch keine Profiliga mit Mindeststandards haben."

Gerade die 2. Frauen-Bundesliga würde weit den Ansprüchen hinterherhinken: "Mit Gütersloh, Andernach, Weinberg oder Ingolstadt haben wir einige Standorte, die nicht annähernd die Anforderungen für halbwegs professionelle Bedingungen erfüllen.“

Fußballerinnen werden nun beim Fasching erkannt

Wobei auch die meisten Lizenzvereine in dieser Spielklasse nicht auf Profis setzen.  "Wir trainieren zwar jeden Tag und betreiben einen hohen Aufwand, aber jede Spielerin hat noch ihren Beruf oder ihr Studium", erzählt die Mainzer Leistungsträgerin Chiara Bouziane.

Sie habe nach dem Pokalspiel gegen den VfL Wolfsburg (1:4) aus dem Herbst vergangenen Jahres jedoch gemerkt, wie sich die Wahrnehmung verändert habe: "In diesem Jahr wurde ich sogar einige Male beim Fasching erkannt." Leute hätte sie trotz Verkleidung gefragt: "Bist du nicht die Fußballerin von Mainz 05?"

2. Frauen-Bundesliga
Vereine in der Saison 2025/26
Turbine Potsdam Absteiger Bundesliga
SC Sand 2. Bundesliga
SV Meppen 2. Bundesliga
Eintracht Frankfurt II 2. Bundesliga
VfL Bochum 2. Bundesliga
FC Ingolstadt 2. Bundesliga
Borussia Mönchengladbach 2. Bundesliga
FC Bayern München II 2. Bundesliga
SG Andernach 2. Bundesliga
Victoria Berlin Aufsteiger Regionalliga Nordost
VfL Wolfsburg II Aufsteiger Regionalliga Nord
VfR Warbeyen Aufsteiger Regionalliga West
1. FSV Mainz 05 Aufsteiger Regionalliga Südwest
VfB Stuttgart Aufsteiger Regionalliga Süd