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Coronavirus
Kommentar - Abbruch der Fußball-Saison darf kein Tabu sein
Von Jan Wochner
Es geht um Leben und Tod. Zugegeben: Das ist drastisch formuliert, klingt vielleicht erstmal übertrieben. Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau hat diese Worte aber gewählt, als er den Zuschauerausschluss für das Revierderby Dortmund gegen Schalke öffentlich machte. Und Sierau hat im Kern recht. Wer das nicht glaubt, möge doch schauen, was gerade in Italien passiert.
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Was im deutschen und internationalen Fußball passiert, erschließt sich mir nicht mehr. Erst heißt es: Union gegen Bayern findet mit Fans im Stadion statt. Dann doch nicht. Frankfurt gegen Gladbach: ohne Fans. Frankfurt in der Europa League: erst mit Fans unter Auflagen, dann wird die Entscheidung gekippt. Hä? Klare Linie, Fehlanzeige.
Der Fußball verweist nur zu gerne auf die örtlichen Gesundheitsämter und die jeweils Verantwortlichen in den Bundesländern. Dort würden die Entscheidungen getroffen. Stimmt, doch der Fußball und seine gesellschaftliche Bedeutung ist groß. Wo bleibt deshalb der Appell an die Fans, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen? Wieso wird den ewigen Nörglern und Kritikern nicht offen und klar widersprochen, wenn sie sagen, das Virus sei doch nicht so schlimm.
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Dann heißt es doch gerne, Fußballspiele seien problemlos durchführbar, man könne doch die Hygienevorschriften hochschrauben. Im Ernst? Ein Gedanke an überfüllte S-Bahnen auf dem Weg zum Stadion oder eine Fankurve, die sich nach dem Tor in letzter Minute kollektiv in den Armen liegt, reicht mir persönlich. Da kann so viel Hygienemittel bereitstehen, wie will.
Mein Eindruck: Der Fußball setzt andere Prioritäten. Bloß den Zeitplan einhalten, damit die Bundesligasaison noch durchgeprügelt werden kann. Ja nicht in Verzug geraten, ehe der Zeitplan mit dem der EM kollidiert.
Für den Moment scheinen Geisterspiele angemessen. Doch für den Fall, dass sich die Lage verschärft, dürfen ein vorzeitiger Saisonabbruch oder eine Verschiebung der EM kein Tabu mehr sein. Es geht schlicht und einfach um Leben oder Tod.
Stand: 11.03.2020, 13:35