Fabian Rießle (SZ Breitnau /Deutschland)

Nordische Kombination Von Abschiedsgefühlen und "brodelnden Kesseln"

Stand: 24.01.2024 16:45 Uhr

Mit dem Weltcup in Schonach wartet auf die deutschen Nordischen Kombinierer das zweite Heimspiel in Folge. Während Fabian Rießle die letzten Rennen seiner Karriere bestreitet, hoffen die Frauen, ihren Aufwärtstrend fortzusetzen - auch dank eines neuen Rennformats.

Von Jonas Schlott

Als Fabian Rießle am 4. Januar 2009 erstmals die Ziellinie in einem Weltcup-Rennen in der Nordischen Kombination überquerte, ahnte er wohl nicht einmal selbst, dass dies den Auftakt einer bemerkenswerten Karriere markieren sollte. Seinem 36. Platz an besagtem Tag sollten bis heute neun Weltcup-Siege im Einzel, Gold und Silber bei den Olympischen Spielen sowie drei Weltmeistertitel folgen.

Rießle war über Jahre ein Erfolgsgarant für die Nordischen Kombinierer - vor allem in der Mannschaft, wo er seine größten Momente feierte. Nun beendet der 33-Jährige seine Karriere. Allerdings nicht an irgendeinem Ort, sondern dort, wo vor 15 Jahren alles begann: in Schonach.

"Sentimentaler" Rießle verabschiedet sich

Im malerischen Schwarzwald, nur eine gute Autostunde von Rießles Geburtsstadt Freiburg entfernt, steht für die deutschen Nordischen Kombinierer nach dem Weltcup in Oberstdorf der zweite Teil der "German Trophy" an. Am Samstag und Sonntag (im Live-Ticker auf sportschau.de) werden jeweils zwei Gundersen-Wettbewerbe ausgetragen.

Für Rießle die ideale Möglichkeit, um sich von seinen Fans, Teamkollegen und langjährigen Konkurrenten zu verabschieden. "Je näher das Wochenende rückt, desto sentimentaler werde ich tatsächlich", blickt der Gesamtweltcup-Dritte von 2015/16 und 2017/18 voraus. "Schonach war für mich schon immer ein besonderer Weltcup-Ort, aber jetzt bekommt er natürlich nochmal eine ganz andere Bedeutung."

Frenzel sieht Aufholbedarf auf der Schanze

Nachdem Rießle in der vergangenen Saison vorzeitig ausgestiegen war, wollte er in diesem Winter noch einmal angreifen. In Lillehammer schaffte er es wieder ins Weltcup-Team, im Anschluss ging es aber wieder zurück in den zweitklassigen Contintental Cup. Vor allem seine Leistungen auf der Schanze reichten nicht mehr für das obere Regal. Das galt zuletzt allerdings für einen Großteil des deutschen Teams, das nach wie vor auf den ersten Sieg in dieser Saison wartet. Bundestrainer Eric Frenzel sieht entsprechend Aufholbedarf.

"Speziell auf der Schanze war es noch nicht das, was wir uns erhofft und gewünscht hatten. Entsprechend hart sind wir am Arbeiten, die Kehrtwende auch zu schaffen", kündigte Frenzel an.

Seine Schützlinge hätten in den vergangenen Wochen entsprechend "fleißig trainiert". Vor allem am Springen. "Deshalb hoffe ich, dass wir in Schonach endlich einen Schritt näher an unser eigentliches Ausgangsniveau im Springen herankommen", so die Hoffnung des Rekordweltmeisters, der Rießles Abschiedsrennen aus der Ferne verfolgen wird. Frenzel unterstützt Rießles potenzielle Nachfolger bei den Olympischen Jugendspielen in Gangwon (Südkorea).

Nächste Riiber-Show in Schonach?

Doch auch ohne ihren Bundestrainer werden die deutschen Kombinierer motiviert genug sein. Ein Heim-Weltcup steht schließlich nicht alle Tage an. "An der Schanze und der Strecke ist schon eine außergewöhnlich gute Stimmung", freut sich Lokalmatador Manuel Faißt, der bislang für die einzigen beiden deutschen Podestplätze in diesem Winter gesorgt hatte. Zuletzt lief der 31-Jährige in Oberstdorf im neu eingeführten "Compact Race" auf Platz drei. Ein Format, das den Deutschen angesichts ihrer Stärke im Langlauf liegt.

In Schonach wird allerdings zweimal klassisch gesprungen und gelaufen, wodurch die Favoritenrolle natürlich nur Jarl Magnus Riiber gehören kann. Lässt der Norweger auf der Schanze nichts anbrennen, ist ihm der Sieg kaum noch zu nehmen. Sechs Siege in bisher neun Weltcup-Rennen sprechen für sich.

Neben Faißt können sich Julian Schmid, Vinzenz Geiger und Johannes Rydzek Hoffnungen auf das Podest machen. Das Trio war in dieser Saison schon ein ums andere Mal nahe dran, doch auch zuletzt in Oberstdorf fehlten auf der Zielgeraden die letzten Körner. Schmid belegte im vergangenen Jahr immerhin die Plätze vier und fünf in Schonach. Gelingt ihm der richtige Sprung, ist dem WM-Zweiten aber auch der große Wurf zuzutrauen. Es wäre einmal wieder an der Zeit. Letztmals stand mit Frenzel vor sieben Jahren ein DSV-Athlet im Schwarzwald ganz oben auf dem Podest.

Kombiniererinnen laufen erstmals 7,5 Kilometer

Zum damaligen Zeitpunkt war Nathalie Armbruster gerade einmal elf Jahre alt. Mitterweile gehört sie zur Weltspitze bei den Nordischen Kombiniererinnen. Zwar wartet das deutsche Top-Talent weiter auf ihr erstes Podest in diesem Winter, die jüngsten Leistungen stimmen aber zuversichtlich. "Wir sind guter Dinge, dass unser Aufwärtstrend weitergeht", meint Bundestrainer Florian Aichinger, der vor allem mit Blick auf die läuferische Form optimistisch ist.

Doch wie bei den Männern ist auch bei den Frauen die Performance von der Schanze der Knackpunkt. "Wir müssen einfach besser springen, um unsere Ausgangsposition zu verbessern", hatte Aichinger bereits nach den Wettkämpfen in Oberstdorf gesagt. Die ehemalige Spezialspringerin Svenja Würth springt zwar verlässlich vorne mit, kann in der Loipe aber nicht mithalten. Armbruster hat dagegen ihre Stärken auf der Strecke, was ihr in Schonach besonders zugutekommen dürfte. Erstmals tragen die Nordischen Kombiniererinnen ein Rennen über die Distanz von 7,5 Kilometern aus. Entsprechend lauflastiger wird der Wettbewerb.

Natalie Armbruster in der Loipe

Nathalie Armbruster wurde beim Weltcup in Oberstdorf zuletzt zweimal Fünfte.

Armbruster und der "brodelnde Kessel"

So oder so geht die 18-Jährige hochmotiviert in die Rennen. Armbruster lebt und trainiert ganz in der Nähe, wodurch die Wettkämpfe einen "enorm hohen Stellenwert" für sie haben. "Es ist wirklich etwas Besonderes, dort zu starten – es ist ein richtiges Sportfest", frohlockt die WM-Zweite. "Schon wenn du beim Springen oben auf dem Balken sitzt, hörst und siehst du den Kessel unten am Brodeln."

Spannung dürfte in jedem Fall garantiert sein. Vor allem, da die Dominanz der norwegischen Abo-Siegerin Gyda Westvold Hansen langsam aber sicher bröckelt. In den vergangenen drei Rennen hatten ihre Landsfrauen Ida Marie Hagen und Marie Leinan Lund die Nase vorn. "Westvold Hansen war viele Jahre das Maß aller Dinge. Nun wird auch sie geschlagen. Irgendwann können auch wir es nach vorne schaffen", meinte Aichinger zuletzt.

Doch nicht nur das kann ihm Mut machen. Im vergangenen Jahr schaffte es Armbruster auf die Plätze drei und vier. Jenny Nowak wurde sogar Zweite. Neben ihr, Armbruster sowie den arrivierten Svenja Würth und Maria Gerboth sind auch Sophia Maurus, Ronja Loh, und Anne Häckel über die Nationale Gruppe mit dabei.

Zeitplan in Schonach
Tag Wettbewerb In der Sportschau
Sa., 9.45/14.45 Uhr Gundersen 5 km, Frauen Live-Ticker
Sa., 10.30/13.20 Uhr Gundersen 10 km, Männer Live-Ticker
So., 9.30/14 Uhr Gundersen 7,5 km, Frauen Live-Ticker
So., 10.20/13.15 Uhr Gundersen 10 km, Männer Live-Ticker

Das Aufgebot der deutschen Nordischen Kombinierer

  • Männer: Manuel Faißt (SV Baiersbronn), Christian Frank (SK Berchtesgaden), Vinzenz Geiger (SC Oberstdorf), Jakob Lange (WSV Kiefersfelden), David Mach (SC Buchenberg), Simon Mach (SC Buchenberg), Fabian Rießle (SZ Breitnau), Johannes Rydzek (SC Oberstdorf), Julian Schmid (SC Oberstdorf), Wendelin Thannheimer (SC Oberstdorf), Terence Weber (SSV Geyer)
  • Frauen: Nathalie Armbruster (SZ Kniebis), Maria Gerboth (WSV Schmiedefeld), Anne Häckel (VSC Klingenthal), Ronja Loh (VSC Klingenthal), Sophia Maurus (TSV Buchenberg), Jenny Nowak (SC Sohland 1928), Svenja Würth (SV Baiersbronn)