Niko Kovac, Trainer von Borussia Dortmund

Champions League im Visier Niko Kovac und der BVB - "Echte Liebe" auf den zweiten Blick

Stand: 01.05.2025 07:39 Uhr

Als Niko Kovac als Nachfolger von Nuri Sahin bei Borussia Dortmund vorgestellt wurde, gab es erst viel Skepsis und dann einen schwachen Start. Das Bild hat sich komplett gedreht.

Borussia Dortmund und seine Trainer - daraus ist nachhaltig seit Jürgen Klopp nie mehr "Echte Liebe", getreu des Klub-Slogans, geworden. Edin Terzic kam dem am nächsten, er stand als Kind in der Südkurve und wurde in den vergangenen Jahren mit dem BVB DFB-Pokalsieger, beinahe Meister und schaffte es ins Finale der Champions League. Er reichte dem Verein aber auf Strecke nicht, nach der vergangenen Saison war Schluss für ihn.

Viele große Trainer haben in Dortmund nicht ihr Glück gefunden

Bei Thomas Tuchel, Peter Bosz, Peter Stöger, Lucien Favre und Marco Rose kamen fast gar keine Gefühle auf, von den Erfolgen, die einige von ihnen durchaus hatten, abgesehen. Nuri Sahin sollte dann als ehemaliger Jugendspieler und Profi der Dortmunder eine neue Ära prägen und scheiterte krachend. Doch dessen Nachfolger schafft gerade etwas, was viele nicht für möglich gehalten hatten, weswegen er zumindest für den Moment die Herzen beim BVB höher schlagen lässt.

Als Niko Kovac als neuer Coach präsentiert wurde, schwang mehr Skepsis als Optimismus rund um den Verein mit - und auch die Verantwortlichen selbst schienen nicht ganz überzeugt von der Idee. Übereinstimmend wurde darüber berichtet, dass die BVB-Bosse die Zusammenarbeit vorerst möglichst kurzfristig halten wollten, während Kovac wenigstens ein wenig Langfristigkeit einforderte. Daraus entstand ein Vertrag bis Sommer 2026.

Kovac plant mit dem BVB "mittel- und gerne auch langfristig"

Der 53-Jährige sagte zuletzt, "eine kürzere Laufzeit war von beiden Seiten keine Option", ob das nun so war oder sich der BVB den Berichten entsprechend weniger durchaus hätte vorstellen können - ein Bekenntnis auf Dauer gab es bei der Verpflichtung nicht. Dabei sah sich Kovac nicht als Feuerwehrmann, sondern er blickte voraus. "Mein Ziel war, hier bei Borussia Dortmund anzukommen, das Schiff wieder flottzumachen und dann mittel- und gerne auch langfristig sehr gute Arbeit abzuliefern", sagte Kovac nun den "Ruhr Nachrichten".

Niko Kovac steht vor der Südtribüne

Niko Kovac steht vor der Südtribüne

Und der Coach, der mit Eintracht Frankfurt den DFB-Pokal und mit dem FC Bayern München das Double gewann, hat selbst dafür gesorgt, dass die Aussichten darauf immer besser werden. Aus seinen ersten sechs Partien in der Bundesliga hatte Kovac mit dem BVB nur sechs Punkte geholt, die Kritiker fühlten sich schon bestätigt. Vielleicht war es sogar so, dass nur die Erfolge in der Champions League, in der der BVB unter dem Sahin-Nachfolger in dieser Zeit die Zwischenrunde und das Achtelfinale überstand, seine Vorgesetzten einigermaßen ruhiggestellt haben.

Vor allem läuferisch hat der BVB deutlich zugelegt

Doch seit einem Monat präsentieren sich die Borussen ganz anders. Die Mannschaft spielt nicht mehr divenartig, sie ist verlässlich, erfolgreich, spiel-, kampf- und laufstark - Kovac hat seine Kritiker eines Besseren belehrt. Die Entwicklung ist enorm, was nicht nur anhand der Punkteausbeute von 13 von 15 möglichen Zählern in den vergangenen fünf Spielen abzulesen ist. Die Spieler folgen ihrem Trainer, der die Knöpfe drückt, die man bei diesem Kader offenbar drücken muss.

In den vergangenen fünf Ligaspielen liefen die BVB-Spieler durchschnittlich 121,8 Kilometer pro Spiel, in seinen ersten sechs Partien waren es 115,4 Kilometer. Dazu sprinten sie rund 15 Prozent mehr (254 zu 220 Sprints pro Spiel) und die Chancenverwertung hat sich gewaltig gesteigert, liegt in der Zeit bei 31 Prozent, zuvor waren es 12 Prozent. Letzteres ist ein Beleg dafür, dass Kovac und die Ergebnisse den Spielern ein enormes Selbstvertrauen verschafft haben.

Brandt meldet sich mit Traumtor zurück

Sportschau, 28.04.2025 00:00 Uhr

Das entstand dadurch, dass die hochkarätigen Stars dem Ansatz ihres Übungsleiters vertrauen, den Weg mitgehen - und dadurch, dass Kovac ihnen den Rücken gestärkt hat. Ein Beispiel ist Julian Brandt, der unter riesiger Kritik stand. Die war nicht unberechtigt, weil der offensive Mittelfeldspieler nicht ansatzweise seine Klasse abrufen konnte, aber natürlich belastend. "Julian hat weiterhin den Stellenwert, den er auch vorher hatte", sagte Kovac und schützte Brandt.

Kapitän Can führt jetzt verbal und mit Leistung an

Und der Trainer schaffte es, dass seit ganz langer Zeit Ruhe um Emre Can herrscht. Monatelang war der Kapitän das Nummer-eins-Thema rund um den BVB, mittlerweile ist er in der Innenverteidigung Leistungsträger und zeigt Woche für Woche stabil seinen Wert für die Mannschaft. Can geht auf und neben dem Platz wieder voran, weil er wie Brandt, der zuletzt bei der TSG Hoffenheim mal wieder glänzte, die nötige Sicherheit dafür durch Kovac verspürt.

Dramatische Nachspielzeit - Dortmund ringt TSG nieder

Tom Bartels, Sportschau Bundesliga, 26.04.2025 18:00 Uhr

"Wir greifen jetzt an für die Champions League. Das ist unser Ziel. Wir können ja jetzt nicht sagen, wir wollen nächstes Jahr nicht international und keine Champions League spielen. Wir haben einiges nachzuholen, wir haben einiges vermasselt diese Saison, deswegen brauchen wir jeden Punkt", sagte Can zuletzt. Und auch bei diesem Vorhaben gibt es freie Bahn von Kovac: "Ich glaube, dass die Mannschaft willig ist und dass sie die Möglichkeit hat, all die Ziele, die wir uns gesteckt haben, auch zu erreichen."

Dortmunds Restprogramm: Wolfsburg, Leverkusen, Kiel

Als Kovac kam, waren die ganz weit weg, nach seinen ersten sechs Bundesligaspielen als Dortmund-Trainer waren sie noch weiter weg - aber mittlerweile sind sie ganz nah. Der BVB ist Sechster und hat nur drei Zähler Rückstand auf Rang vier, der für die siebte Champions-League-Qualifikation in den vergangenen acht Jahren sorgen würde.

Am Samstag können Kovac und Dortmund gegen den VfL Wolfsburg (18.30 Uhr, live im Audiostream auf sportschau.de) den nächsten Schritt eines Weges gehen, der fast nicht mehr zu gehen war. Es folgen die abschließenden Spiele bei Bayer Leverkusen und Holstein Kiel, danach geht es bei der Klub-WM weiter - mit der Gewissheit einer Zukunft in der Königsklasse im Rücken?

BVB-Boss Watzke bekennt sich zu Kovac

Kovac gibt dem BVB offensichtlich sehr viel - und der Klub schenkt ihm auch immer mehr Vertrauen. "Was er die letzten Monate bei uns geleistet hat, ist außergewöhnlich und wir müssten ja völlig bescheuert sein, wenn wir über irgendwas anderes nachdenken würden. Es geht mit ihm weiter. Natürlich", stellte nun BVB-Oberhaupt Hans-Joachim Watzke im ZDF-Sportstudio klar.

Watzke war immer das Sinnbild der Suche nach einem neuen Klopp in Dortmund. Einige Trainer, ganz speziell Tuchel, sollen auch daran gescheitert sein, dass der 65-Jährige nicht mit ihnen warm geworden ist. Ob das mit Kovac gelingen wird, ist offen. Es war keine "Echte Liebe" auf den ersten Blick, aber aktuell ist es eine auf den zweiten Blick. Wie lange sie auch immer halten mag.