Pal Dardai gestikuliert im Training (Imago/Nordphoto)

Hertha BSC zu Gast bei St. Pauli Hertha BSC zu Gast bei St. Pauli: Mit Wut im Bauch auf den Kiez

Stand: 07.03.2024 22:04 Uhr

Hertha BSC ärgert sich dieser Tage viel über sich selbst. Ausgerechnet jetzt geht es zum Klassenprimus St. Pauli. Die Chancen, die Kiezkicker zu überraschen waren in dieser Saison vielleicht noch nie höher. Von Toni Lukic

Fünf Fakten zum Spiel

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So läuft es sportlich für den FC St. Pauli

Der FC St. Pauli war in Hinrunde eine Klasse für sich: Ungeschlagener Ligaprimus, die stärkste Verteidigung, das vielleicht einzige Ballbesitzspiel der Liga, gecoacht vom 30-Jährigen Fabian Hürzeler, einer der aktuell heißesten deutschen Traineraktien. Dann aber flog man im Elfmeterschießen gegen Düsseldorf aus dem Pokal. Ein paar Tage später setzte es in Magdeburg die erste Saisonniederlage. Gegen Kiel kassierte man drei Tore und fast noch den 4:4-Ausgleich und Auf Schalke eine verdiente 1:3-Niederlage. Besonders in der Offensive blieben Hürzelers Spieler blass.
 
Kommt jetzt die Aufstiegsflatter wie vor zwei Jahren? St. Pauli-Experte Maik Krükemeier ist entspannt: "Letzten Freitag, als wir Auf Schalke verloren haben, dachten einige, jetzt geht es schon wieder los. Wie vor zwei Jahren, als wir eine bärenstarke Hinrunde und mit einer mäßigen Rückrunde alles verspielten. Aber dann kam das Wochenende und alle anderen haben für uns gespielt."
 
St. Pauli ist nicht mehr so souverän wie vor ein paar Wochen. Der Verein kann sich allerdings auf die Verfolger verlassen, die noch inkonstanter sind. Schwer wiegen dazu noch die Ausfälle von Offensiv-Spieler Oladapo Afolayan und Verteidiger und Anführer Eric Smith. Über ihn sagt Krükemeier: "Er ist der eine Schlüsselspieler bei uns." Auch gegen Hertha wird St. Pauli als Favorit ins Spiel gehen, dennoch war der Fensterspalt für eine Überraschung noch nie so weit wie an diesem Wochenende.

Das bewegt die Fans

Sportlich sind die Fans für den Aufstieg bereit. "Es ist nicht so wie früher, dass man häufig bei St.-Pauli-Fans hörte, 'Ach nö, 2. Liga ist auch ganz cool, wir wollen gar nicht aufsteigen’, da sind wir lange drüber hinweg", sagt Kürkemeier. "Der Wille, nächstes Jahr erste Liga zu spielen, ist auf jeden Fall da."
 
Abseits vom Geschehen auf dem Rasen, wird es eine Premiere geben: Am Sonntag gegen Hertha soll zum ersten Mal ein neues Awareness-Konzept am Millerntor greifen. Im Stadion werden Personen stehen, die ansprechbar sind, wenn es zu Problemen kommt. Sollte sich jemand bedroht fühlen, dann kann dieser sich mit dem Codewort "Paulin" an Ordnungskräfte melden, damit sich das Awareness-Team um die Situation kümmert. "Man könnte meinen, bei St. Pauli ist sowieso alles toll und alle sind gegen Diskriminierung, aber auch bei uns gibt es auf den Tribünen Fehlverhalten", erklärt Krükemeier.

Auf diese Spieler muss Hertha achten

Der absolute Unterschiedsspieler bei St. Pauli ist Offensivmotor Marcel Hartel. Der 28-Jährige erläuft pro Spiel 12,7 Kilometer, kein anderer Spieler in der Zweiten Liga kommt an diesen Wert heran. Aus Mangel an Sturmalternativen findet er sich häufig im Sturm wieder und legt dabei wettbewerbsübergreifend 16 Tore und elf Vorlagen auf. Hartel ist aktuell vielleicht sogar der beste Spieler der Zweiten Liga.
 
Ausgezeichnet eingefunden hat sich auch Union-Leihgabe Aljoscha Kemlein. Er sollte eigentlich Kapitän Jackson Irvine vertreten, der Anfang des Jahres mit Australien beim Asien Cup spielte. Auch nach Irvines Rückkehr fand Hürzeler aber noch Platz für den 19-Jährigen in der Startelf.
 
Der vielleicht spannendste Spieler im St. Pauli-Kader ist allerdings Elias Saad. Der 24-Jährige durchlief nie ein Nachwuchsleistungszentrum und spielte in der Futsal Bundesliga. Großfeldfußball spielte er eher nebenbei in der Landesliga. Erst mit 23 wurde er Profi. In dieser Saison explodierte der Außenstürmer und erzielte schon sieben Treffer.

Elias Saad und Marcel Hartel (Imago/Oliver Ruhnke)

Auf Elias Saad und Marcel Hartel muss Hertha besonders aufpassen, Bild: Imago/Oliver Ruhnke

Die Stimmen der Trainer

Pal Dardai (Hertha BSC): Wir sind gut vorbereitet, sind stabil, haben eine massive Blockverteidigung. Doch ich will statt Passivität viel mehr Aktivität als zuletzt. Ich will nicht hinten tief verteidigen und kontern, sondern den Ball im Mittelfeld durch Pressing erobern und schnell umschalten.
 
Fabian Hürzeler (FC St. Pauli): Pressekonferenz steht noch aus

So könnte Hertha spielen:

Hertha hat auch gegen Kiel gut begonnen, aber wieder mal hinten heraus das Spiel durch Passivität aus der Hand gegeben. Besonders die Spieler aus der zweiten Reihe kritisierte Trainer Pal Dardai anschließend öffentlich. Einer von ihnen war Ex-St.-Pauli-Spieler Jeremy Dudziak, der gegen Kiel eingewechselt wurde. Das dürfte auch gegen seinen ehemaligen Verein das höchste der Gefühle sein. Wahrscheinlich wird Dardai auf die gleiche Elf wie am vergangenen Wochenende setzen. Dabei könnten vor allem Hartel und Saad häufig in Manndeckung genommen werden. Dardais Team wird sich entgegen seiner Ankündigung wohl eher einigeln und auf Umschalt-Aktionen lauern.
 
Herthas mögliche Startelf: Ernst - Kenny, Gechter, Leistner, Karbownik - Barkok , Klemens, P. Dardai , Maza , Reese - Tabakovic

Die Prognose

Der Tipp des Gegner-Experten: Maik Krükemeier glaubt, dass St. Pauli nach den sechs Gegentoren in zwei Spielen etwas die Handbremse anzieht und unspektakulär mit 1:0 gewinnt.
 
Der Tipp der Redaktion: Hertha wird mit sehr viel Wut im Bauch an das Millerntor reisen. Reese und Co. werden beweisen wollen, dass sie auch in den Aufstiegskampf gehören. Sie werden die Kiezkicker in einigen Momenten mit ihrer Wucht überrumpeln können, allerdings werden auch dieses Mal ein paar mentale Aussetzer dafür sorgen, dass Hertha nicht gewinnt. Bis kurz vor Schluss wird die Alte Dame kämpfen und dann doch noch den Ausgleich kassieren. Der rbb|24-Tipp: 2:2.

Sendung: rbb24, 07.03.2024, 21:45 Uhr