Polizei vor dem Cottbuser Block, Trainer Claus-Dieter Wollitz versucht zu beruhigen. / imago images/Matthias Koch

Energie Cottbus erlebt schwarzen Nachmittag Ausschreitungen statt Aufstiegsjubel

Stand: 11.06.2023 17:32 Uhr

Energie Cottbus wollte sich in Unterhaching den Traum von der Rückkehr in den Profifußball erfüllen. Stattdessen verloren die Lausitzer auf dem Platz und auch daneben. Was passiert ist - und was die Vereinsverantwortlichen dazu sagen.

Sebastian Lemke hat Tränen in den Augen. Der Präsident von Energie Cottbus steht nach dem Spiel an der Trainerbank beim rbb-Interview. Auf dem Platz steigt eine Party in Rot und Blau. Spieler und Fans der SpVgg Unterhaching feiern den Drittliga-Aufstieg, mittendrin ihr prominenter Trainer und Ex-Nationalspieler Sandro Wagner. Lemke hingegen ringt um Fassung. "Wir haben zwei Jahre dafür gekämpft, haben alles versucht", sagt er mit brüchiger Stimme. "Wir haben unser Spiel nicht geschafft. Ich kann nur sagen: Entschuldigung, es tut uns leid."

Enttäuschung bei Energie Cottbus: Jonas Hildebrandt. / imago images/foto2press
Energie Cottbus verpasst in Unterhaching den Aufstieg in die dritte Liga

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Versuchter Platzsturm

Mit 0:2 hat Energie Cottbus zuvor im Sportpark Unterhaching verloren. Vor 12.500 Zuschauern, mindestens 5.000 davon sind Cottbus-Fans. Es ist eine rote Stimmungswand mit der Mission: Heimspiel-Atmosphäre schaffen. Das gelingt zunächst. Doch am Ende sind es andere Bilder, die im Gedächtnis bleiben.
 
In Minute 68 wird es beim Stand von 0:1 hektisch vor dem Block der Lausitzer. Ein Tor wird aufgetreten und drei, vier Fans stürmen aufs Feld. Das berichtet ein rbb-Reporter vor Ort. Zuvor seien Bierbecher und Leuchtraketen auf den Rasen geflogen. Die Ordner und Ordnerinnen wollen die Fans aufhalten, eine von ihnen stürzt bei dem Versuch.
 
Unmittelbar darauf stürmt die Polizei in den Innenraum des Stadions. Sie drückt das Tor zu, drängt die Anhänger der Lausitzer zurück in den Block und sprüht dabei auch kräftig mit Tränengas. Eine Viertelstunde dauert es, ehe das Spiel fortgesetzt werden kann.

Präsident und Trainer am Block

Trainer Claus-Dieter Wollitz hat zuvor auf die Fans eingewirkt. Er ist direkt zum Ort des Geschehens gelaufen. "Wir wollten beruhigen. Ich war nicht der Einzige, aber schon relativ weit vorne", sagt der 57-Jährige im Nachhinein. "Ich habe versucht, zu deeskalieren. Die Polizei hat mich nicht richtig durchgelassen, sonst wäre ich zum Zaun gegangen." Er wolle nicht gutheißen, was dort passiert sei. "Es hätte das nicht gebraucht, das ist klar", sagt er, "trotzdem ist im Vorlauf der beiden Spiele vieles schiefgelaufen. Aber nicht von Energie Cottbus."

Wenn man hier als Drecks-Ossi bezeichnet wird, wenn man da oben sitzt. Immer wieder Unterbrechungen, immer wieder Provokationen.

Bei Präsident Lemke klingt das ähnlich. Er wolle sich "dazu fast gar nicht äußern. Wenn man hier als Drecks-Ossi bezeichnet wird, wenn man da oben sitzt. Immer wieder Unterbrechungen, immer wieder Provokationen", sagt er. "Das ist scheiße da vorne, aber wie es passiert ist, ist eine andere Sache." Lemke hatte sich schon in der Halbzeit mit einem Mitarbeiter der Hachinger gestritten, der den Rasen noch bearbeitete, während sich Energies Spieler aufwärmen wollten.

Cottbus-Spieler Maximilian Oesterhelweg, dahinter Unterhachings Patrick Hobsch (Bild: Imago Images/foto2press)
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Lemke: "Haching hat es verdient"

Tiefer sitzt die Enttäuschung über die sportliche Niederlage. "Haching hat zwei Spiele gewonnen und es damit auch verdient", sagt Lemke. Der Frust, als Meister nun tatsächlich mit leeren Händen dazustehen, ist riesig. "Enttäuschter kann man nicht sein. Im Prinzip haben wir durch zwei Einwürfe unsere ganze Arbeit kaputtgemacht", sagt Wollitz.
 
Der 57-Jährige klagt über den ersten Gegentreffer ("Ein dämlicheres Tor kannst du nicht bekommen.") und die Chancenverwertung: "Wenn du diese Möglichkeiten nicht machst und gleichzeitig so einfache Fehler, steigst du eben nicht auf. Wir haben nichts in der Hand. Wir sind zwar Meister und Pokalsieger, aber haben den großen Wurf in den letzten beiden Spielen nicht hinbekommen."
 
Und dann gibt er sich - auch in diesem Moment - doch so, wie man ihn kennt: kämpferisch. "Wer hinfällt, hat auch wieder aufzustehen", sagt Wollitz. "Der Klub ist stark, der Klub hat eine Wucht, der Klub kann leiden. Da brauchst du ein paar Tage, aber wir werden wieder angreifen." In der kommenden Saison, wenn dann dieser "irsinnige Wettbewerb" der Aufstiegsspiele pausiere und der Meister der Regionalliga Nordost direkt aufsteigt. Favorit sei man nicht. Aber: "Das wäre schön, wenn wir das hinkriegen könnten."

Sendung: rbb24, 11.06.2023, 18 Uhr