
NDR-Sport Spitzen-Tennis mit Hindernissen - Zverev und Engel retten Bilanz am Rothenbaum
Die Absagen der Topstars haben die Hamburg Open 2025 getrübt. Die Tennisfans hielten dem Rothenbaum trotzdem die Treue. Dank Alexander Zverev und Youngster Justin Engel. Aber der Termin unmittelbar vor den French Open sorgt weiter für Diskussionen.
Die Vorfreude war riesig. Endlich wieder Spitzentennis mit den Weltstars der Szene am Hamburger Rothenbaum. Endlich wieder Matches zum angestammten Termin im Mai. "Die Bühne der Stars", wie es Turnierdirektor Eric Molina Mur und Agentur-Chef Kristoff Puelinckx werbewirksam angekündigt hatten.
Ein Klassefeld mit drei Top-Ten-Spielern an der Spitze sollte den Hamburg Open den erhofften Schwung im Konkurrenzkampf der weltweiten Events verschaffen. Doch die Realität hat den engagierten Plänen der Macher einen Strich durch die Rechnung gemacht.
DTB-Chef: "Wird immer so sein, dass Spieler absagen"
Wie einst in den besseren Tagen der über die Jahre finanziell in Schieflage geratenen Traditionsveranstaltung sollten sich die besten Spieler der Welt in der Hansestadt den Feinschliff für die French Open holen. In Jannik Sinner, Holger Rune oder Andrej Rublew wurden drei Top-Ten-Spieler an der Spitze des 32er-Feldes für das Turnier der 500er Kategorie präsentiert. Doch der Weltranglisten-Erste Sinner sowie Holger Rune sagten kurzfristig ab.
Der eine, weil er in Rom im Finale stand, ungeachtet seiner Absage aber weiter von den Werbeplakaten in der Hansestadt grüßte,Puelinckx der andere weil er krank war. Nicht am Start waren überdies die als weitere Attraktion des Turniers beworbenen Stefanos Tsitsipas, Lorenzo Musetti oder Tommy Paul, die gleichfalls ihre Zusage kurzfristig zurückzogen. Ein Umstand, der in der Tennis-Wirklichkeit niemanden mehr überrascht. "Es wird immer so sein, dass Spieler absagen", so der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Dietloff von Arnim.
Mehr Tickets als im Vorjahr
Absolut zufrieden seien sie trotzdem mit dem zweiten Anlauf am Rothenbaum und "dass wir einen Titelsponsor (Bitpanda) haben", so Molina. Der Zuspruch der für ihren Enthusiasmus bekannten Hamburger Tennisfans spricht außerdem für einen erfolgreichen Aufschlag. Obwohl ein Tag weniger als im Vorjahr gespielt wurde, stieg die Zahl der georderten Tickets um 15 Prozent. Die 80.000 Zuschauer aus dem vergangenen Jahr wurden somit, trotz aller Schwierigkeiten, zumindest erreicht.
Zverev schimpft - und kommt trotzdem
Sicher war es ein glücklicher Schachzug der gebeutelten Organisatoren, Lokalmatador Zverev doch noch von einem Auftritt am Rothenbaum zu überzeugen. Der Befreiungsschlag mag viel Überredungskunst gekostet haben, zumal der beste deutsche Tennisprofi zuvor kein gutes Haar an seinem geliebten Heimturnier gelassen hatte. "Eine dämliche Idee" nannte er es, das Turnier direkt vor einem Grand-Slam-Turnier veranstalten zu wollen. "Ich weiß nicht, wer die hatte", tönte Zverev, der folglich fernbleiben wollte.
"Kein Topspieler oder jemand, der die French Open gewinnen möchte, kann am Samstag Finale in Hamburg und dann Montag erste Runde bei den French Open spielen." Sicher keine Empfehlung für den Rothenbaum, der schon im vorigen Jahr schwer daran zu knapsen hatte, dass die Veranstaltung kurz vor den Olympischen Spielen in Paris ausgetragen wurde. Warum sich Zverev trotz aller Vorbehalte anders entschieden hat, bleibt sein Geheimnis.
Becker über Zverev: "Glück im Unglück"
In die Kategorie Unvernunft reiht sich nach Ansicht vieler Experten jedenfalls die Entscheidung ein, im Achtelfinale anzutreten, obwohl er in der Nacht zuvor "37 Mal gekotzt und 39,4 Fieber" gehabt hatte. "Positive Emotionen", die er sich vor den French Open holen wollte, können es wohl kaum gewesen sein. Die Niederlage gegen den Franzosen Alexandre Muller fiel so gesehen überraschend glimpflich aus.
Die Kritik von Altmeister Becker ("Warum spielst du dann?") war dagegen knallhart. Als Hamburger die Wildcard für sein Lieblingsturnier angenommen zu haben, könne er nachvollziehen. "Wenn du aber körperlich so angeschlagen bist, auch jetzt mit dem Ziel, in Paris erfolgreich zu spielen, muss auch ein Sascha Zverev erkennen, dass ein paar Tage Pause wichtig sind." Das frühe Aus am Rothenbaum sei vielleicht sogar "das Glück im Unglück".
Youngster Engel ein Lichtblick
"Wir bemühen uns natürlich immer, das beste Feld zu präsentieren; für Verletzungen können wir nichts", so Molina. "Der ATP-Kalender diktiert es." Ein Lichtblick war zudem der Auftritt des 17-jährigen Engel, der in der zweiten Runde dem einstigen Weltranglisten-Fünften Rublew nicht gewachsen war, sich aber als ein Hoffnungsträger des deutschen Tennis bewies. "Die Wildcard war gut für das Turnier und für den DTB", meinte Molina.
Turnierchef: "Bestes Entertainment"
Mokieren - wenn auch mit einem Lächeln - wollte sich der Turnierdirektor eigentlich nur über das typische Hamburger Wetter. Dabei gehören Kälte, Regen und böiger Wind irgendwie zur Tradition des bedeutendsten deutschen Tennisturniers. Die Tücken der Hamburg Open. Ungeachtet dessen "ist es beeindruckend, wie das Team die Hamburg Open vorangebracht hat", so von Arnim.
Die Zufriedenheit teilten auch die Verantwortlichen der Hansestadt ebenso wie der "Hausherr" Club an der Alster - und nicht zuletzt die Zuschauer im überdachten Stadion, den Nebenplätzen und in der Budenstadt mit großem Live-Stream-Bildschirm. "Bestes Entertainment", so Molina. Die Terminschwierigkeiten direkt vor den French Open wird es jedoch auch im kommenden Jahr wieder geben.
Dieses Thema im Programm:
24.05.2025 | 17:17 Uhr