Thomas Tuchel hadert während des Spiels mit seinem Team.

Remis in Leipzig "Schlampiger" FC Bayern gibt Tuchel Rätsel auf

Stand: 01.10.2023 12:11 Uhr

Der FC Bayern bleibt seinem Trainer weiter ein Rätsel. Auch beim hart erkämpften Remis in Leipzig ärgert sich Thomas Tuchel über fehlende Stabilität und individuelle Fehler. Seine Mängelliste trägt er schonungslos öffentlich vor.

Von Hannes Nebelung

Wer schon immer mal einen Einblick in die Kabinenansprache von Thomas Tuchel erhalten wollte, hatte nach dem hart erkämpften 2:2 (0:2) des FC Bayern München bei RB Leipzig seine helle Freude. Knallhart, offen und schonungslos arbeitete Tuchel die Mängelliste seines Teams im Topspiel ab. "Wir haben uns das Comeback verdient", erkannte Tuchel an, doch viel mehr Positives war ihm nicht abzuringen.

"Wir haben sehr gut begonnen und dann haben wir eine extrem lange Leitung gehabt, den Plan umzusetzen, die Räume zu finden und haben viele Fehler gemacht. Wir waren zu statisch und das Spiel war zu langsam und viel zu fehlerhaft", zählte Tuchel am Sky-Mikrofon auf. Es ist nicht das erste Mal, dass der frühere Coach von Borussia Dortmund und Paris St. Germain seine Spieler öffentlich zurechtweist. Erinnerungen an seine denkwürdigen Worte nach der 0:3-Pleite im Supercup Anfang August gegen eben jene Leipziger wurden wach.

Tuchel kritisiert Kim und Upamecano deutlich

In den ersten 45 Minuten war wenig von der Weiterentwicklung zu sehen, die Tuchel zuletzt betont hatte. "Vielleicht lag es am Plan, das nehme ich auf meine Schultern", erklärte Tuchel, dessen Ausgangsidee es war, "die vier Offensiven von Leipzig zu kontrollieren". Doch ähnlich wie beim 2:2 gegen Bayer Leverkusen schaffte der FC Bayern dies nicht. Nach schwungvollem Start und einer vergebenen Großchance von Jamal Musiala taten sich erneut große Räume zwischen den Linien der bayerischen Defensive auf.

"Wir haben die Gegentore bekommen durch individuell schlampiges Verhalten", fasste es Tuchel zusammen. Er vermisste "den wirklichen Biss, so einen Plan mal durchzuzwingen oder den durch Emotionalität zu füllen". Explizit ärgerte sich der Fußballlehrer über die Fehler seiner Innenverteidiger vor dem 0:1. "Beim Einwurf habe ich keine Ahnung, warum wir (Min-Jae Kim) aus dem Zweikampf rausgehen. Der andere Innenverteidiger ohne Gegner (Dayot Upamecano, Anm. d. Red.) geht raus und gibt den Raum frei. Also komplett das gegenteilige Verhalten von dem, was wir eigentlich wollten."

Tuchel wird laut: "Es geht um Stolz und Charakter"

Tuchel reagierte zur Pause und warf seinen ursprünglichen Plan in die Tonne. "In der zweiten Halbzeit war es taktisch viel einfacher gestaltet, aber natürlich auch mit extrem viel Risiko. Das war dann ein wilder Ritt." Die eingewechselten Raphael Guerreiro und Mathys Tel brachten frischen Wind, dazu wurde es wohl auch lauter in der Kabine. "Heute war es ein bisschen emotionaler. Wir haben jetzt zweimal gegen Leipzig verloren, da ging es auch um Stolz und darum, Charakter zu zeigen."

Nach dem Seitenwechsel sei "mehr Energie drin" gewesen. "Plan hin oder her, es ist immer die Frage: Wie viel Leben kriegen wir da rein?" Im Idealfall würde die Verantwortung bei den Spielern liegen, erklärte Tuchel, der nun bei der Fehlersuche "bei mir anfangen und schauen will, dass wir die Mannschaft noch besser vorbereiten können".

Kimmich ratlos über "dumme" Gegentore

Kapitän Joshua Kimmich sieht seine Mitspieler ebenfalls in der Verantwortung, machte jedoch auch einen ratlosen Eindruck. "Es ist momentan schwierig zu erklären, warum wir wieder so eine erste Halbzeit spielen. Es ist dumm, wie wir die Gegentore bekommen. In der zweiten Halbzeit haben wir gezeigt, dass wir Leipzig dominieren können."

Unter Strich sah Kimmich eine "faire Punkteteilung" in Leipzig. Viel Zeit zur Fehlerkorrektur bleiben Kimmich, Tuchel und Co. nicht, schon am Dienstag geht es für den FC Bayern weiter. Dann trifft der aktuelle Tabellendritte der Bundesliga in der Champions League auf den dänischen Meister FC Kopenhagen.